Wer fähig ist der

Wie wir langfristig motivierter werden

Inhalt.

  1. Das Motivationsdilemma – und was dieser Artikel will
  2. Den inneren Schweinehund überwinden – oder die Angst vorm Scheitern
  3. Was die Wissenschaft sagt
  4. Huhn oder Ei
  5. Vom Finden des richtigen „Gegners“
  6. Gesetz von Ursache und Wirkung
  7. Fähig ist wer viel dazu lernt – Letzter Akt in drei Teilen
  8. Zum Abschluss

Warum können wir Menschen eigentlich nicht ständig top motiviert sein? Diese Frage dürfte sich wohl bereits ein jeder von uns mal gestellt haben, der für eine Klassenarbeit, ein Referat oder nur für einen Test lernen musste. Kurzum: Wahrscheinlich jeder von uns. 

Das Problem beim „ständig-top-motiviert-sein“ ist allerdings, dass wir all unsere Ziele plötzlich gleichzeitig erledigen wollen. Also während wir Kaffee-trinkend beim Frühstück sitzen und im Hintergrund die Radio-Nachrichten hören, lesen wir uns Rezepte für das Mittagessen durch, besprechen parallel dazu mit unserem Partner*in den Ausflug fürs Wochenende und planen im Kopf bereits die nächste Unterrichtsstunde für einen neuen Schüler am Ende des Monats. Niemand würde dieses Grundrauschen im Kopf wohl auf Dauer aushalten. Unser Körper muss also priorisieren und abwägen, für welche Ziele wir uns sofort motivieren sollten und welche wir noch etwas hintanstellen könnten. 

Das Motivationsdilemma – Und was dieser Artikel will

Das Dilemma der Motivation ist dabei, dass sich der Lohn unserer Arbeit – wenn überhaupt – erst später einstellen wird, während Anstrengung und Verzicht sofort erfolgen müssen. Es gilt also, den eigenen Geist so zu „manipulieren“, dass wir unsere Motivation langfristig am Leben halten können und nicht entmutigt, auf halber Strecke, unsere Ziele fallen lassen.

Allerdings so individuell unser aller Leben ist, so individuell fallen selbstverständlich auch Lösungen für unsere ganz eigenen, großen und kleinen, Motivationskrisen aus. Dieser Artikel versucht dem indes nicht markige Kalendersprüche à la #getmotivated entgegenzusetzen, sondern Empirie und aufbereitetes psychologisches Fachwissen. Am Ende kann jedoch immer nur das „In-Sich-Hineinhorchen“ eines jeden Einzelnen stehen, um das zu finden, was einen wirklich antreibt. Ein paar Tricks dahin, kann ich hingegen schon verraten.

Auf meinen Instagram-Kanal habe ich Ende Februar für diesen Artikel eine kleine Umfrage gestartet. Daran haben 23 Abonnenten teilgenommen.

Wie leicht fällt es Euch gerade den inneren Schweinehund zum Üben zu überreden?

Den inneren Schweinehund überwinden – oder die Angst vorm Scheitern

Die Frage warum wir uns für manche Aufgaben sehr leicht motivieren können und es uns bei anderen so unsagbar schwer fällt, beschäftigt wohl Künstler*innen seit jeher. Der amerikanische Autor und ehemalige Marine-Soldat, Steven Pressfield, formulierte in seinem Buch „The War of Art“ dazu die These der „Resistance“. Die Grundidee dabei: Je wichtiger uns eine Aufgabe ist, desto größer unser Widerstand („Resistance“) ihr gegenüber. An einer Vielzahl von Beispielen versucht er diese These daraufhin zu untermauern. So führt er beispielsweise die amerikanische Talkshow „Inside the Actors Studio“ an, in der Host James Lipton regelmäßig seine Schauspieler-Gäste fragt, warum sie bestimmte Rollen annehmen. Nach Pressfields Auswertung der Gespräche scheint sehr häufig Angst als Hauptmotivation gedient zu haben.[i]

Lässt sich in der Konsequenz also die These aufstellen, dass der innere Schweinehund nur durch die Angst vor dem Scheitern überwunden werden kann?

Was die Wissenschaft sagt

Die Psychologie unterscheidet zwischen Erfolgsmotivierten (HE) und Misserfolgsmotivierten Menschen (FM).

Während die erste Gruppe dabei Ziele bevorzugt, die den früheren Leistungsstand leicht überschreiten, lässt sich bei den Misserfolgsmotivierten Menschen eine Teilung in zwei Untergruppen beobachten: Diejenigen, die sich unrealistisch hohe und diejenigen, die sich dagegen unrealistisch niedrige Ziele setzen. An dieser Stelle ist gleichwohl wichtig anzumerken, dass beide Motivtendenzen (korrelationsstatistisch) unabhängig voneinander sind. Dies führt dazu, dass es sowohl Personen gibt, deren Verhalten durch das Streben nach Erfolg, als auch durch die Vermeidung von Misserfolg geprägt ist.[ii]

Wahrscheinlich würden wir die von Steven Pressfield ausgewerteten Schauspieler-Interviews (die, getrieben von ihrer Angst zu scheitern) daraufhin, zumindest in diesem Aspekt, der Gruppe der Misserfolgsmotivierten Menschen zuordnen.

Das Wissen um diese beiden verschiedenen Gruppen alleine hilft uns jedoch noch nicht weiter. Erst wenn wir uns die Gründe ansehen, wie wir Erfolg oder Misserfolg erklären, kommen wir unserer Motivation etwas näher.

Wie hat sich Eure Übequalität in den letzten Monaten verändert?

Huhn oder Ei

Wir wissen nun, dass sich Erfolgsmotivierte und Misserfolgsmotivierte Menschen im Formulieren ihrer Ziele unterscheiden. Gemäß dem Prinzip von Ursache und Wirkung entsteht so ein Kreislauf aus Zielsetzung, Ursachenzuschreibung (je nach Erfolg oder Misserfolg), Selbstbewertung und einem Resultat für unser Verhalten (entweder ein Meiden von Leistungssituationen oder ihr Aufsuchen).

Der erste Schritt hieraus kann also nur an seinem Ursprung liegen: der (realistischen) Zielsetzung. Hierzu bedarf es natürlich neben einer genauen Vorstellung, was wir erreichen möchten, auch einer exakten Bestimmung unseres Status-Quos. 

Vom Finden des richtigen „Gegners“

Unlängst löste die Netflix-Serie „Das Damengambit“ einen echten Schach-Boom in Europa aus. Ausverkaufte Schachbretter und eine immens hohe Download-Zahl an Schach-Apps verzeichneten Anbieter seit letztem Oktober.[iii] Seit dieser Zeit dürfte vielen blutigen Schach-Anfängern (mich eingeschlossen) beim Begriff „Elo-Zahl“ weniger Fragezeichen in die Augen schießen, als noch vor einem Jahr. Für alle anderen ein kurzer Exkurs: 

Mit der Elo-Zahl misst man die Spielstärke von Schachspielern. Bei Turnieren werden dann die Teilnehmer gemäß dieses Wertes kategorisiert und tragen Partien gegeneinander aus. Entsprechend realistisch ist die Zielsetzung den Gegner in den ersten Runden nocch schlagen zu können.

Für unsere Übemotivation folgt daraus, dass wir nicht nur unsere eigene Elo-Zahl kennen sollten, sondern auch die unserer Gegner (den Übungen) – um im Schach-Bild zu bleiben. Hierzu empfiehlt die Psychologie die sogenannte Zielsetzungstheorie nach Gary Latham und Edwin Locke. Beide Wissenschaftler formulierten in den 1990er Jahren die bekannte S.M.A.R.T. – Formel. Hierzu erschien im letzten Jahr bereits ein ausführlicher Beitrag auf diesem Blog, der an dieser Stelle nochmals verlinkt ist.

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Wird verarbeitet …

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Gesetz von Ursache und Wirkung

Finden wir Übungen die unserer eigenen Elo-Zahl gleichkommen, ist das schon einmal ein vielversprechender Anfang. Die Aufgabe entspricht unserem aktuellen Kenntnisstand und ist somit für uns ein realistisches Ziel. Um nun zu vermeiden, dass wir in den Misserfolgskreislauf geraten, sollten wir vor allen Dingen unseren Wert als Person nicht mit dem Erfolg oder Misserfolg einer Aufgabe gleichsetzen.

Was heißt das?

Misserfolgsmotivierte Menschen erklären ausbleibende Erfolge oftmals mit mangelnder Begabung, wohingegen Erfolgsmotivierte Menschen zu wenig Anstrengung hierfür verantwortlich machen.[iv] Der Unterschied scheint subtil, hat aber enormen Einfluss auf unsere Motivation. Während Erfolgsmotivierte Menschen sich in Zukunft einfach mehr anstrengen werden, werden Misserfolgsmotivierte Menschen sich wieder Aufgaben suchen, die entweder viel zu leicht (hier werden sie sehr wahrscheinlich Erfolg haben), oder viel zu schwer (hier wäre ein Scheitern weniger schlimm) sind. 

Fähig ist wer viel dazu lernt – Letzter Akt in drei Teilen

Die Schlussfolgerung scheint nur logisch. Wenn wir es schaffen Misserfolgsmotivation in Erfolgsmotivation umzuwandeln kann es uns gelingen langfristig mehr Freude am Lernprozess zu haben und weiter engagiert unsere Ziele zu verfolgen. 

Der erste Schritt ist oben bereits beschrieben: Unsere Ziele müssen realistisch formuliert sein. Im zweiten Schritt müssen wir die Ursachen für unseren Erfolg oder Misserfolg genauesten hinterfragen. Wichtig ist dabei vor allen Dingen die richtige Bezugsgröße. Als Musiker*in vergleicht man sich oftmals mit seinen Vorbildern, mit Kolleg*innen, die einen selbst inspirieren. Und gewiss mag dieser Vergleich auch wichtig, richtig und im ausgewogenen Maß auch sehr motivierend sein. Der soziale Vergleich alleine, quasi als Dauerbezugsgröße, bewirkt allerdings das genaue Gegenteil. Es spiegeln sich hier lediglich Fähigkeitsunterschiede wider, die man in der Psychologie als „Leistungsdeterminanten“ bezeichnet. Sprich: Sie sind kurzfristig nicht wesentlich zu beeinflussen.[v]

Besser ist es eine individuelle Bezugsnorm zu entwickeln: Ich bin fähig, weil ich viel dazulerne. Wir disziplinieren uns sozusagen selbst und entwickeln darüber hinaus realistischere Leistungserwartungen. Versagensängste und Scham machen Gefühlen wie Freude und Stolz über das Erreichen der eigenen Leistung Platz (Schritt drei).

Zum Abschluss.

Der Glaube an die eigene Lehrfähigkeit – TED TALK von Carol DweckLiteraturverzeichnis / Endnoten

[i] Pressfield: The War of Art, S. 40.

[ii] Heckhausen (Hrsg.): Motivation und Handeln, 5. Auflage, S.171.

[iii] //www.sueddeutsche.de/stil/schach-damengambit-boom-1.5181978 (letzter Zugriff: 10.03.2021)

[iv] Heckhausen, S. 206.

[v] Heckhausen, S. 208.

Bak (Hrsg.): Lernen Motivation und Emotion. Allgemeine Psychologie II, 2019.

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