Wie läuft ein Glücksgefühl im Gehirn ab?

Genau kann die Wissenschaft nicht erklären, was mit unserem Gehirn passiert, wenn wir völlig euphorisch durchdrehen. "Das wird wahrscheinlich auf immer ein Geheimnis bleiben", sagt Neurowissenschaftler Henning Beck. Für Fußballfans und andere Menschen, die sich völlig ihrer Euphorie hingeben, ist das vielleicht ganz gut - ein Rätsel zu bleiben.

Was bei diesen mitreißenden Gefühlsausbrüchen, dieser Euphorie, die Fans nach einem Sieg eines wichtigen Pokals oder Turniers ihres Teams erleben, zeigt sich in Belohnungszentren des Gehirns, vermutet Neurowissenschaftler Henning Beck. Denn so genau sei das noch gar nicht beschrieben, was da eigentlich im Gehirn vor sich geht. Diese Belohnungszentren seien verantwortlich für die Ausschüttung des Hormons Dopamin, dass uns die Glücksgefühle beschert.

Die Dopaminausschüttung sorgt dann für einen Euphoriekick, wie wir ihn beispielsweise bei den Fans von Eintracht Frankfurt nach dem Sieg des Euroleague-Finales am 19. Mai 2022 gesehen haben.

"Du siehst, dass dein Team gewinnt oder etwas anderes Schönes passiert, und das rauscht dann so in dein Gehirn hinein und dann wird das Dopamin ausgeschüttet."

Henning Beck, Neurowissenschaftler

Diese Dopaminausschüttung geht dann nach ein paar Minuten über in Endorphine, die für einen wohligen Gefühlszustand sorgen, der etwas länger anhält, sagt Henning Beck.

Ekstase sorgt für längere Glücksgefühle als die Euphorie

Etwas anders läuft es bei der Ekstase ab, einem rauschhaften, tranceartigen, entgrenzten Zustand. In diesen Zustand gelangen Menschen, wenn sie beispielsweise rhythmisch tanzen, eventuell von Trommelmusik begleitet, durch Wiederholungsgesänge, Schlafentzug oder Hyperventilieren. Alles alte Techniken, auf die Religionen oder Schamanen zurückgreifen.

Wir können uns aber heute auch in so eine Trance im Club tanzen. Das würden die Menschen als einen "sehr glücklichen" Zustand beschreiben, "aber auch als so ein bisschen entrückt von der Welt", sagt Henning Beck. Dabei würden aber andere Hirnareale als bei der Euphorie angesprochen wie zum Beispiel die Inslrinde. Diese Region würde dafür sorgen, dass wir eher ein "ganzheitliches, universelles Glücksgefühl" aufbauen, erklärt der Neurowissenschaftler.

Ekstase schwer messbar

Dieses ekstatische Glücksgefühl lasse sich aber nur schwer messen. Das sei ein Grund dafür, weshalb Ekstase und Euphorie in der Neurowissenschaft noch nicht weit erforscht seien. Bei Epilepsie-Patienten, bei denen die Schädeldecke geöffnet werden musste, habe man durch Berühren bestimmter Hirnareale mit Elektroden feststellen können, was dabei ausgelöst werde. Beispielsweise habe man die Inselrinde mit einer Elektrode berührt und die Patienten hätten dann über Glücksgefühle berichtet.

Bei Menschen, die im Hirnscanner untersucht werden und dann von bestimmten Gefühlen berichten, kann man über den Scanner beobachten, was in Hirnregionen passiert. Was aber genau im Hirn abläuft, wenn wir völlig außer Rand und Band sind, "wird wahrscheinlich auf immer ein Geheimnis bleiben", sagt Henning Beck.

Laufen ist nicht nur gesund, es macht auch glücklich. Freilich kann man das Glücksgefühl, das sich beim Laufen im Wohlfühltempo einstellen kann, nicht erzwingen. Nur wer es nicht sucht, wird es finden. 

Für die einen ist es ein Mysterium, das sie nicht ergründen können, für die anderen ein Zustand des Glücks und der Leichtigkeit: Das sogenannte Runner‘s High. Gemeint ist jener angenehme Zustand, der sich beim Laufen einstellen kann, in dem man wie von selbst läuft, die Außenwelt ausblendet und sich und seine Probleme vergisst. 

Leicht und frei und ohne Grübeln 

Befindet man sich im Runner´s High, so verschwindet das Grübeln und das Nachdenken, was dazu führt, dass sich der Läufer leicht, frei und unbelastet fühlt (häufig Flow genannt). Warum die Denkprozesse beim Laufen im Flow gedrosselt werden, darüber wird viel spekuliert. „Man geht davon aus, dass das Gehirn derart stark mit den koordinativen Aufgaben der Bewegung beschäftigt ist, dass es manche Gehirn-Regionen, die aktuell nicht benötigt werden, auf Sparflamme setzt. So soll der präfrontale Cortex, das ist der Teil der Großhirnrinde, der für die kognitiven Prozesse wie Denken und Problemlösen zuständig ist, quasi abgeschaltet werden. Das klingt plausibel, wissenschaftlich bewiesen ist es aber nicht“, sagt Dr. Andreas Dallamassl, Arzt für Allgemeinmedizin und Sportarzt in Linz. 

Schmerzempfindlichkeit sinkt 

Im Runner´s High sinkt zudem die Schmerzempfindlichkeit. „Erklären lässt sich das auch dadurch, dass unsere Vorfahren in grauer Vorzeit für die Jagd eine große Portion Ausdauer benötigt haben und oft lange Strecken laufen mussten. Der Effekt des Runner´s High dürfte ihnen geholfen haben, die Anstrengung leichter zu ertragen und lange Strecken bewältigen zu können, ohne von Schmerzen geplagt zu werden“, sagt Dallamassl. Leider hält die Schmerzreduktion nicht lange an und ist nach dem Laufen bald wieder vorüber.

Was sich dabei biologisch abspielt, darüber gab es schon viele Spekulationen und Theorien. Ging man vor einigen Jahren noch mehrheitlich davon aus, dass die Ausschüttung von Endorphinen verantwortlich für das Glücksgefühl ist, so weisen neuere Untersuchungen darauf hin, dass Endocannabinoide dafür verantwortlich sein könnten. „Eine Studie mit Mäusen zeigte etwa, dass sie nach längerem Laufen im Laufrad weniger schmerzempfindlich waren als zuvor. Die laufenden Mäuse verließen später eine heiße Platte oder flüchteten später aus einem sehr hellen reizintensiven Raum als die nicht laufenden“, so Dallamassl. 

Runner´s High lässt sich nicht erzwingen 

Ob, wie und wann man beim Laufen das Runner´s High erreicht, ist individuell sehr verschieden. Manche erreichen es bereits nach 15 Minuten gemütlichen Laufens (also bei niedriger Leistungsintensität), während andere erst nach einigen Kilometern bei höherer Intensität das Wohlgefühl spüren. Wieder andere erreichen es, wenn sie Intervall laufen, also abwechselnd schnell und langsam, wo sich das begehrte Gefühl in der langsamen Phase einstellt.

Die Intensität des Erlebens lässt weder steuern noch erzwingen. Manche erleben einen wohligen, leichten Zustand, anderen schwappt eine Welle des Glücksgefühls durch den Körper. Manche beschreiben es wie einen leichten Rauschzustand, andere erleben Euphorie. Der Läufer hat häufig das Gefühl, er könne ohne Anstrengung immer weiter und weiter laufen. „Ob man das Runner´s High erreicht und wie man es erlebt, hängt auch von der Tagesverfassung ab. Meine Erfahrung ist, dass man sich nicht zu sehr anstrengen sollte. Mit Gewalt erreicht man gar nichts, da läuft man dem guten Gefühl nur davon. Ähnliches gilt für jene, die immer mehr und mehr laufen, die süchtig dem Kick hinterherlaufen. Man sollte es mit dem Laufen nicht übertreiben, um in kein Übertraining zu kommen. Wer zu intensiv läuft, um das Glücksgefühl mit aller Gewalt zu erreichen, der wird das Gefühl kaum verspüren“, erklärt Dallamassl. 

Laufen im Wohlfühltempo 

Laufanfänger müssen sich gedulden, denn in er Regel stellt sich das gute Gefühl erst ein, wenn man etwas Laufroutine besitzt. Wer Erfahrung hat weiß, dass es sich am ehesten zeigt, wenn man geistig dazu bereit ist und – ohne es absichtlich herbeiführen zu wollen – in seinem Wohlfühltempo läuft. Gelassene Menschen, die Autogenes Training oder ähnliche Entspannungsübungen regelmäßig machen, erreichen das Flow-Gefühl meist viel leichter. „Diese Menschen können generell recht bewusst genießen und laufen ganz locker in ihr Wohlgefühl hinein, ohne es zu suchen“, so der Sportarzt.

Befindet man sich dagegen in einem stark gestressten Zustand, erreicht man das Gefühl in der Regel nicht. Wer sich also nach einem extrem stressigen Tag mit einem Flow „belohnen“ will, wird meist scheitern. „Durch das Laufen kann man zwar Stress gut abbauen und die Entspannung und ein Wohlgefühl stellt sich dann bei einer warmen Dusche ein, man gelangt jedoch überstresst nicht in ein Runner´s High. Am ehesten stellt sich der Flow ein, wenn man sich körperlich und psychisch wohl fühlt und mit Freude entspannt den Lauf beginnt“, hält Marathonläufer Dallamassl fest. 

Frauen gleiten ins Glück 

Frauen erfahren das Flow-Gefühl oft leichter als Männer, weil sie eher bereit sind, ohne sportlichen Ehrgeiz ihr Wohlfühltempo zu finden. Männer sind mehr vom Leistungsdenken getrieben – ein Denken, das kontraproduktiv wirkt. Dnn mit Ehrgeiz erreicht man das Glücksgefühl nur selten, es lässt sich nicht erzwingen. 

Reizarme Umgebung optimal 

Das Glücksgefühl stellt sich nicht nur beim Joggen und Laufen ein, auch schnelles Bergaufwandern eignet sich dafür. Ebenso das Laufen auf einem Laufband oder Fahren auf einem Indoor-Rad, vorausgesetzt, man ist keinen Reizen (Fernseher, Lärm etc.) ausgesetzt, die einem ablenken. Radfahren im Freien eignet sich dagegen nicht, denn dort ist man stets auf die Umgebung und den Verkehr konzentriert, die Ablenkung ist zu groß.

Wie lange das Wohlgefühl anhält, ist individuell verschieden, meist dauert es einige Minuten bis hin zu einer Stunde. Je länger man nicht durch äußere Reize abgelenkt wird, desto mehr befindet man sich in seiner eigenen Welt und nimmt die Umgebung wenig wahr. Je reizärmer die Laufstrecke, desto größer sind die Chancen auf ein langes Flow. „Wenn ich im Runner´s High bin, nehme ich andere Menschen oft gar nicht wahr. Dieser Zustand endet sofort, wenn zum Beispiel ein Auto hupt“, erzählt der Läufer. 

Gesundheit profitiert 

Langfristiges moderates Laufen bringt nicht nur Glücksgefühle, sondern auch viele gesundheitlichen Vorteile mit sich: Der Schlaf verbessert sich, die Muskeln entspannen, der Stoffwechsel wird aktiviert, der Herz-Kreislauf gestärkt und das psychische Wohlbefinden steigt. „Laufen wirkt auch antidepressiv. Es ist bewiesen, dass sich durch regelmäßiges Laufen Antidepressiva einsparen lassen“, so Dallamassl.

Dr. Thomas Hartl

Juli 2016

Foto: shutterstock

‌ Zuletzt aktualisiert am 13. November 2020

Wie entstehen die Glücksgefühle in unserem Gehirn?

Wenn uns etwas Tolles passiert, werden in dem Belohnungszentrum Glückshormone ausgestoßen, zum Beispiel Dopamin. Dieses Glückshormon wird dann von den Nervenzellen in das Vorderhirn und in das Frontalhirn weitergeleitet. Das Dopamin bewirkt, dass unser Gehirn besser funktioniert und wir aufmerksamer werden.

Was löst Glückshormone aus?

Du kannst die Ausschüttung von Glückshormonen unter anderem durch Bewegung an der frischen Luft, Sport, deine Ernährung, Entspannung und Nähe positiv beeinflussen.

Wo wird das Glückshormon produziert?

Endorphine werden im Gehirn in der Hypophyse und dem Hypothalamus gebildet. Im Hypothalamus wird dazu ein Vorläuferprotein gebildet, von dem in der Hypophyse neben den Endorphinen noch andere Stoffe abgespalten werden.

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