Wie verhalten Sie sich richtig überholen Radfahrer

Welcher Seitenabstand ist auf Schutzstreifen und Radfahrstreifen beim Überholen einzuhalten? Bestehen hier Unterschiede?

 

Verkehrsrechtler weisen darauf hin, dass das Gebot des ausreichenden Seitenabstands nur für das Überholen gilt. Zumindest Radfahrende auf Radfahrstreifen würden aber vom Fahrbahnverkehr nicht im rechtlichen Sinne „überholt“.

Daran ist richtig, dass Überholen im engeren Sinn das Vorbeifahren auf demselben Straßenteil an einem anderen Verkehrsteilnehmer meint, der sich in derselben Richtung bewegt.

Mindestabstand 1,5 bis 2 m

Weil der Schutzstreifen kein anderer Straßenteil ist, sondern zur Fahrbahn gehört, schützt das Abstandsgebot des § 5 Abs. 4 S. 2 StVO für das Überholen Radfahrende auf dem Schutzstreifen unmittelbar.

Anders ist es beim Radfahrstreifen: Er ist als Sonderweg für den Radverkehr kein Teil der Fahrbahn. Deshalb gilt § 5 Abs. 4 StVO nicht. Es gelten das allgemeine Rücksichtnahmegebot, das schon bis 1975 Grundlage für Mindestabstände von 1,5 bis 2 m war, sowie das Gefährdungsverbot nach § 1 Abs. 2 StVO.

Im Ergebnis macht es für den einzuhaltenden Sicherheitsabstand keinen Unterschied: Eine Linie auf der Fahrbahn ändert nichts an den physischen und psychischen Folgen eines zu dichten Vorbeifahrens (Sogwirkung, Erschrecken oder Verunsicherung). Dabei ist es egal, ob die Linie unterbrochen wie beim Schutzstreifen oder durchgezogen wie beim Radfahrstreifen ist.

Das Passieren von Radfahrenden auf einem Radfahrstreifen ist kein Überholen im engeren Sinn des § 5 StVO. Zu dichtes und gefährdendes Vorbeifahren fällt unter den erweiterten Überholbegriff (wie in § 315c StGB, Straßenverkehrsgefährdung): „wer falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt“. Das kann als Ordnungswidrigkeit oder Verkehrsstraftat geahndet werden.

Zwischen Radelnden und Autofahrenden gibt es manchmal Missverständnisse. Viele sind zu vermeiden und die Unfallzahlen so zu reduzieren. Wichtige Tipps für ein besseres Miteinander.

  • 2021 starben bei Verkehrsunfällen in Deutschland 372 Radfahrende

  • Die Zahl der Radfahrenden steigt, die Infrastruktur für sie wächst nicht schnell genug

  • Verkehrsgerichtstag empfiehlt neue Aufteilung des Verkehrsraums

Was Radfahrer beachten sollten

Auch für Radfahrer heißt es an der roten Ampel: Stopp! © stock.adobe.com/upixa

Oft werden Radelnde schlicht übersehen. Deshalb: Kleiden Sie sich möglichst auffällig und schalten Sie bei Dämmerung und Dunkelheit Ihr Licht an.

Zeigen Sie Ihre Absicht immer eindeutig an: Ein Autofahrer kann nicht wissen, dass Sie abbiegen wollen, wenn Sie kein Handzeichen geben.

Benutzen Sie den Radweg, wo ein blaues Schild es erfordert (siehe unten). Fahren Sie nur in die zugelassene Richtung: Auch erfahrene Autofahrende rechnen meist nicht mit Geisterfahrern.

Versuchen Sie für Pkw- und Lkw-Lenker mitzudenken: Nicht immer ist diesen klar, dass ihr Fahrzeug einen toten Winkel hat. Meiden Sie den toten Winkel beim Fahren und beim Stehen.

In für Fahrradfahrende freigegebenen Einbahnstraßen dürfen Sie auch in die Gegenrichtung fahren. Allerdings sind diese Straßen oft relativ eng. Halten Sie Blickkontakt mit den entgegenkommenden Fahrzeugen – so lassen sich Gefahrensituationen mit wenigen Gesten entschärfen.

Wenn an Haltestellen Fahrgäste ein- oder aussteigen, darf rechts nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in sicherem Abstand vorbeigefahren werden. Am besten wartet der Radfahrende am Anfang des Haltestellenbereiche, bis keine Fahrgäste mehr kreuzen.

Auch wenn Sie es haben: Pochen Sie nicht auf Ihr Recht!

Ratsam ist, eine private Haftpflichtversicherung abzuschließen.

Lesen Sie hier, was außerdem Kinder beim Radfahren beachten sollten.

Das sollten Pedelec-Fahrer wissen

Für Pedelec-Biker gilt natürlich das Gleiche wie für "klassische" Radfahrer. Zusätzlich sollten sie aber noch einen weiteren Punkt beachten: Wegen der zusätzlichen Motorkraft und dem höheren Gewicht hat ein Pedelec andere Eigenschaften als ein herkömmliches Fahrrad. Dies hat spürbare Auswirkungen auf das Fahrverhalten und ist im Straßenverkehr eine nicht zu unterschätzende Gefahrenquelle.

Die Fahrenden sollten daher den sicheren Umgang in einem Pedelec-Training üben. Dies ist bei verschiedenen Anbietern, unter anderem auch bei mehreren ADAC Regionalclubs, möglich. Aufgrund der erhöhten Gefahren empfiehlt der ADAC zudem, Pedelecs erst ab 16 Jahren zu nutzen.

Hier finden Sie weitere Tipps für Pedelec-Fahrende

Verkehrsgerichtstag will mehr Sicherheit für Radfahrer erreichen

"Mehr Radverkehr mit mehr Verkehrssicherheit – wie schaffen wir das?" Mit dieser Frage beschäftigt sich im August 2022 ein Arbeitskreis auf dem 60. Deutschen Verkehrsgerichtstags in Goslar. Zur Verbesserung der Sicherheit des Radverkehrs, so lautete die Empfehlung, müsse zwingend der Verkehrsraums neu aufgeteilt werden, unter anderem zugunsten des Fahrrads. Außerdem sei die Schaffung eines durchgängig befahrbaren Radnetzes erforderlich.

ADAC Verkehrsexperten plädieren für ausreichend breite Radwege und die Prüfung, ob in engen Innenstädten Fahrradstraßen eine Alternative sind. Bei der Verteilung des Verkehrsraums in Städten seien Gesamtkonzepte nötig, die die Stärken aller Verkehrsmittel optimal zur Geltung zu bringen.

In der Politik dürften die Empfehlungen aus Goslar auf offene Ohren stoßen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte in Goslar, dass er den Fahrradverkehr stärken und die Infrastruktur verbessern wolle.

Was Autofahrer beachten sollten

Vor dem Öffnen der Tür sollte der Fahrer immer nach hinten schauen © ADAC/Ralph Wagner

Besonders an Engstellen haben Autofahrer manchmal den Eindruck, Radler würden absichtlich weit in der Mitte der Straße fahren: Aber Radfahrende müssen zum rechten Fahrbahnrand und zu parkenden Autos genügend Sicherheitsabstand einhalten.

Beim Überholen müssen Sie innerorts mindestens 1,5 Meter Seitenabstand zum Radfahrenden einhalten. Bei höherem Tempo und wenn Sie Kinder überholen wollen, sollte der seitliche Sicherheitsabstand mindestens zwei Meter betragen. Außerorts ist dies der verpflichtende Mindestabstand.

Radfahrende dürfen auf Radwegen oder auf Fahrbahnen fahren, außer wenn ein blaues Verkehrsschild (siehe unten) ihnen vorschreibt, dass sie den Radweg benutzen müssen.

Selbst wenn es vor der roten Ampel eng ist: Radfahrende dürfen laut §5 der Straßenverkehrsordnung wartende Autos rechts überholen, wenn ausreichender Raum vorhanden ist. Allerdings sind dabei "mäßige Geschwindigkeit und besondere Vorsicht" zu wahren.

Schutzstreifen für Radfahrende sind durch eine unterbrochene weiße Leitlinie markiert. Nur in Ausnahmefällen dürfen Autofahrende die Leitlinie überfahren, zum Beispiel wenn sie kurzfristig ausweichen müssen und dabei kein Radfahrer gefährdet wird. Das Halten auf dem Schutzstreifen ist verboten und führt zu einem Punkteintrag.

Auf Radfahrstreifen dagegen, erkennbar durch eine durchgezogene weiße Linie, dürfen Autofahrer weder ausweichen noch parken oder halten. Nur um dahinter angelegte Parkstände zu erreichen, dürfen sie sie überfahren, Radfahrende dabei aber weder behindert noch gefährdet werden.

Im Radfahrerland Holland lernen Neulinge es bereits in der Fahrschule: Öffnen Sie die Fahrertür von innen mit der rechten Hand. So dreht sich der Oberkörper automatisch leicht in Richtung des nachfolgenden Verkehrs – dadurch sehen Sie auch in den toten Winkel. Bei unseren Nachbarn stoßen so wesentlich seltener Radfahrer gegen unachtsam geöffnete Autotüren. Wie genau der "Holländische Griff" funktioniert, sehen Sie in diesem Youtube-Video*.

Und noch einmal: Auch wenn Sie Recht haben, pochen Sie nicht darauf! Was nützt es, wenn Sie Recht hatten und es dennoch einen Unfall gibt? Die Hauptschuld trägt in der Regel immer der "stärkere" Autofahrende.

„Die Bedeutung des Fahrrads gerade für die städtische Mobilität wächst. Das ist unter vielerlei Gesichtspunkten eine positive Entwicklung: Fahrradfahren ist im Sinne der Gesundheit, im Sinne des Klimaschutzes und kann auch zur Entlastung der oft angespannten Verkehrssituation auf unseren Straßen beitragen. Unsere Verkehrsinfrastruktur ist aber einer massiven Zunahme des Radverkehrs nicht gewachsen, sodass Investitionen in den Ausbau der Radwege notwendig sind. Wichtig ist es, bei Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur alle Belange mitzubedenken: Parkplätze zu streichen ohne Alternativen anzubieten ist etwa für Anwohner oft nicht hinnehmbar. Umgekehrt kann auf Haupteinfallstraßen nicht kurzerhand auf eine Fahrspur verzichtet werden. Eine ganzheitliche Planung sollte Konflikte vermeiden verhelfen. Ich appelliere aber auch an ein faires Verhalten der Verkehrsteilnehmer untereinander.“

ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand

Wann Radler den Radweg nutzen müssen

Wichtige Schilder für Fahrradfahrer © ADAC

Jedes der drei Schilder weist einen benutzungspflichtigen Radweg aus – als reinen Radweg (1), als eigene Spur neben dem Fußweg (2) oder zusammen mit Fußgängern auf einem gemeinsamen Weg (3). Überall hier müssen Radfahrende den ausgewiesenen Weg benutzen. Dabei gilt bei Schild 3 besondere Vorsicht, denn hier teilt man sich den Weg mit Fußgängern – da ist gegenseitige Rücksichtnahme gefordert.

Ausnahme: Ist der Radweg – etwa im Winter oder wegen einer Baustelle – unzumutbar, dürfen Radfahrende trotz der Schilder die Fahrbahn benutzen.

Hier können Sie weitere Regeln und Bußgelder für Radfahrer nachlesen.
Außerdem gelten diese Regeln für E-Scooter.

Mehr Rücksichtnahme ist gefragt

In einer Umfrage unter 2000 Großstadtbewohnern hat der ADAC 2019 unter anderem ermittelt, ob sie Rücksichtnahme im Verkehrsgeschehen wahrnehmen. Ergebnis war, dass mehr als jeder Dritte rücksichtsvolles Verhalten vermisst:

Hier finden Sie weitere Informationen zur Flächenkonkurrenz in Großstädten.

Nationaler Radverkehrsplan

Nationaler Radverkehrsplan

Am 21.4.2021 hat das Bundeskabinett den neuen Nationalen Radverkehrsplan* beschlossen. Er setzt aus Sicht des ADAC richtige und wichtige Zielmarken. Wenn es gelingt, mehr Menschen zum Umstieg auf das Fahrrad zu bewegen, kann dies die Städte von Stau und Parksuchverkehr entlasten. Mehr Radverkehr ist auch ein zunehmend wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Deswegen wird der ADAC die Umsetzung des NRVP aktiv begleiten. Entscheidend ist der Ausbau der Radinfrastruktur: mehr, bessere und sicherere Radwege, ohne dem Autoverkehr den notwendigen Platz wegzunehmen. Der Weg zu einer anderen Fahrradkultur ist nur gemeinsam, nicht gegeneinander zurückzulegen.

* Durch Anklicken des Links werden Sie auf eine externe Internetseite weitergeleitet, für deren Inhalt der jeweilige Seitenbetreiber verantwortlich ist.

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