Echte Profis 1939 küsst in "Vom Winde verweht" ("Gone with the wind") Clark Gable Vivian Leigh - ein echter Klassiker unter den Filmküssen. Allerdings hielten die beiden privat lieber Abstand. Clark Gable hatte angeblich Mundgeruch.
Es hat gefunkt, schon der Gedanke an den Anderen lässt das Herz bis zum Hals klopfen - und wehe, man sieht die neue Flamme länger nicht: Dann wird das Ziehen in der Brust schier unerträglich. Was ist passiert? Amor hat getroffen - und damit die Biochemie der Liebe in Gang gesetzt. Und die fängt schon beim Küssen an.
Küssen in Zahlen
An einem Kuss sind über 30 Gesichtsmuskeln beteiligt plus mehr als einhundert weitere Körpermuskeln. 4.000 Bakterien werden von Mund zu Mund ausgetauscht, die durch antimikrobielle Enzyme im Speichel die Zähne vor Karies und Parodontose schützen. Mehr als 100 Milliarden Nervenzellen werden angeregt, Botenstoffe aktiviert, Hormone ausgeschüttet. Vor allem sind das Glückshormone wie Serotonin, Adrenalin und Endorphine. Und ein Kuss verbraucht - je nach Einsatz - bis zu zwölf Kalorien, man tut also sogar etwas für seinen Energieumsatz.
Beim Küssen werden im Körper sehr viele, verschiedene Reaktionen losgetreten. Unser Herz schlägt schneller, der Puls steigt, wir fühlen uns beflügelt. Gleichzeitig wird uns warm, der Körper wird quasi in positiven Stress versetzt. Die Durchblutung wird gefördert und strafft sogar unsere Haut. Einige Mediziner sind der Meinung, dass Küssen gesundheitsfördernd ist, da es Herz und Immunsystem stärkt. Und uns Deutschen gefällt das - über 50 Prozent gaben bei einer Umfrage 2008 an, dass sie küssen, so oft es geht.
Romeo und Julia gleichen sich an - hormonell
Frisch verliebt, dieser Zustand soll möglichst lange andauern, der neue Partner doch bitte für immer bleiben. Damit dies nicht von vornherein schief läuft, gleichen sich Romeo und Julia – zumindest hormonell gesehen - an: Bei Männern sinkt die Menge des männlichen Sexualhormons Testosteron stark, bei Frauen ist es genau umgekehrt. Das hat 2004 die italienische Wissenschaftlerin Donatella Marazziti von der Universität Pisa in einer Studie herausgefunden, bei der sie Blutproben untersucht hat.
Was Zwangneurotiker und Verliebte gemeinsam haben
6. Juli - Internationaler Tag des Kusses
Der weltweite Tag des Kusses soll an den Genuss des Küssens erinnern. Und natürlich soll er zum Küssen aufrufen. Dabei muss man nicht den Rekordkuss von 58 Stunden, 35 Minuten und 58 Sekunden, aufgestellt am 14. Februar 2013 in Thailand, übertreffen. Aber man muss auf jeden Fall durchschnittlich 38 Gesichtsmuskeln anstrengen, damit ein intensiver Kuss gelingt.
Desweiteren fand Marazziti heraus, dass bei Verliebten der Serotoninspiegel ähnlich sinkt wie bei Zwangsneurotikern. Denn ähnlich wie Zwangsneurotiker beschäftigen sich auch Verliebte stundenlang mit nur einer einzigen Sache - der angebeteten Person. Bei den Testpersonen lag der Pegel im Durchschnitt 40 Prozent unter dem Normalwert. Allerdings: Sobald die romantischen Gefühle nachließen, stieg auch ihr Serotonin-Pegel wieder.
Beim Küssen läuft der Körper auf Hochtouren
Küssen ist Höchstleistung und Energiespritze zugleich für unseren Körper.
Im seligen Zustand des Verliebtseins geht es im Körper auch sonst drunter und drüber. Das "Verliebtheitshormon" Phenylethylamin löst erotisches Interesse und Hochgefühl aus: Kuss, Kuss, Kuss und noch ein Kuss. Jetzt wird die Produktion des Zelltreibstoffs Adenosintriphosphat kräftig angekurbelt - das sorgt für die nötige Energie, damit das Herz schneller schlägt und die Lippen sich spitzen können. Die Atemfrequenz steigt, der Puls rast, die Gefäße weiten sich, der Kreislauf kommt in Schwung: Küssen ist für Wissenschaftler wie eine Energiespritze, die das Immunsystem stärkt und Stress abbaut.
Und jetzt bitte anfassen!
Bei zärtlichem Hautkontakt sendet das Gehirn Befehle.
Noch heftiger geht's in unserem Inneren bei Hautkontakt zu: Dann sendet das Gehirn der Verliebten Befehle an die Muskeln in den Arterien. Sie entspannen sich, die Durchblutung steigt, die Bronchien weiten sich, die Atmung wird flach, das Herz schlägt schneller. Jetzt wäre eine Abkühlung willkommen! Prompt sorgen Schweiß- und Talgdrüsen für kleine Perlen auf der Haut. Dabei setzen sie sexuelle Duftstoffe frei, die dem Partner erst recht den Kopf verdrehen. Und die Nebennierenrinde putscht den Körper mit noch mehr Adrenalin auf.
Liebende im Drogenrausch
6. Juli: Der internationale Tag des Kusses.
Das muss Liiiiebe sein - doch die Reaktionsabläufe sind ganz ähnlich wie bei Angst oder Stress, zum Beispiel in Angriffs- oder Fluchtsituationen. Hoden und Eierstöcke produzieren das Lust steigernde Hormon Testosteron. Jetzt ist der gesamte Organismus hellwach. Beim Höhepunkt setzt der Körper Opiate frei, bei Frauen vor allem das Kuschelhormon Oxytocin. Ein kurzer, aber heftiger Drogenrausch.
Auf der Suche nach Geborgenheit
Ist der erste Liebestaumel vorbei, besteht die Chance zu einer tieferen Bindung. In den Gehirnen beginnt ein Wandel, Gedanken und Gefühle synchronisieren sich, greifen ineinander. Liebe ist wichtig für das emotionale und körperliche Gleichgewicht. Unser Gehirn ist deshalb so programmiert, dass das Alleinsein schmerzt. Unglückliche Beziehungen halten deshalb oft jahrelang.
Bei einer Trennung reagiert der Körper mit heftigen Nebenwirkungen. Um den Liebeskummer zu betäuben, sehnt sich das Gehirn jetzt nach Ersatzbefriedigung. Ist die Trauerphase überwunden, wird sich unser Grundbedürfnis nach Nähe und Geborgenheit wieder durchsetzen: Dann mixt die Chemie der Liebe einen neuen Cocktail.