Die berufsst�ndischen Versorgungswerke k�nnen Abweichungen von den gesetzlichen Rentenvorschriften in ihren Satzungen verankern.
Die stufenweise Erh�hung des Renteneintrittsalters von 65 Jahre auf 67 Jahre (Regelaltersgrenze) in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) ab 1. Januar gilt analog auch in der berufsst�ndischen Altersversorgung. In einem aktuellen Grundsatzurteil hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz am 14. Dezember 2011 (Az.: 6 C 11098/11) entschieden, dass die stufenweise Erh�hung des Renteneintrittsalters auch bei den Versorgungswerken der Angeh�rigen der �klassischen� freien Berufe verfassungsgem�� ist. Entsprechend gilt nach den Satzungen der Versorgungswerke f�r freiberufliche wie angestellte �rzte und Zahn�rzte sowie andere Heilberufe und Rechtsanw�lte die �Rente mit 67�.
Allerdings haben die berufsst�ndischen Versorgungswerke in ihren Satzungen die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung zum Renteneintrittsalter nicht eins zu eins �bernommen. Vielmehr weichen die Bestimmungen f�r den Anspruch auf eine ungek�rzte Altersrente je nach Versorgungswerk teilweise erheblich voneinander ab.
Staffelungen in der Rentenversicherung
Nach dem Renten-Neuregelungsgesetz sind seit dem 1. Januar alle rentenversicherten Geburtsjahrg�nge ab dem Geburtsjahr 1947 von der �Rente mit 67� betroffen. Diese Regelung f�hrt dazu, dass entsprechend der gesetzlichen Staffelungsregelung das Renteneintrittsalter nicht mehr wie bisher das vollendete 65. Lebensjahr, sondern abgestuft in Abh�ngigkeit vom jeweiligen Geburtsjahrgang die Regelaltersgrenze ein bis zwei Jahre sp�ter hinausgeschoben ist und erst ab dann die ungek�rzte Altersrente gezahlt wird. In der gesetzlichen Rentenversicherung m�ssen danach s�mtliche nach 1946 geborene Arbeitnehmer zwischen einem und 24 Monate l�nger arbeiten, um einen Anspruch auf die Zahlung der ungek�rzten gesetzlichen Altersrente zu erwerben.
F�r angestellte �rzte und Zahn�rzte, die in der Rentenversicherung versichert sind und die sich nicht zugunsten der berufsst�ndischen Versorgung haben befreien lassen, gilt Folgendes: W�hrend beginnend mit dem Geburtsjahr 1947 bis einschlie�lich Geburtsjahr 1958 sich bei jedem einzelnen Geburtsjahr der Rentenbeginn jeweils einen Monat hinausschiebt, hat der Gesetzgeber beginnend mit dem Geburtsjahr 1959 bis zum Geburtsjahr 1964 jeweils eine Verl�ngerung je Geburtsjahr um zwei Monate vorgeschrieben. S�mtliche ab 1964 Geborene werden dann erst mit dem 67. Lebensjahr einen Anspruch auf die gesetzliche Altersrente erwerben.
Abweichungen von den gesetzlichen Rentenvorschriften k�nnen die berufsst�ndischen Versorgungswerke in ihren Satzungen verankern. In der Tat haben verschiedene Versorgungswerke abweichende Bestimmungen f�r den Anspruch auf eine ungek�rzte Altersrente konstituiert. Auch zwischen den einzelnen Versorgungswerken ein und desselben Berufsstandes (�rzte; Zahn�rzte) und auch innerhalb eines Bundeslandes gibt es abweichende Regelungen bez�glich der Erh�hung des Renteneintrittsalters.
Unterschiedliche Regelungen in den Versorgungswerken
Beispiel �rzteversorgungswerke der �rztekammern in Nordrhein-Westfalen: Die Satzung der Nordrheinischen �rzteversorgung (D�sseldorf) sieht eine Verl�ngerung des Renteneintrittsalters erst ab dem Geburtsjahr 1948 vor, hat ihre Staffelungsregelung aber nicht von einem Monat auf zwei Monate je Geburtsjahr ge�ndert, sondern hat die Staffelung ausnahmslos f�r 24 Monate beibehalten. Dies f�hrt dazu, dass beispielsweise 1951 Geborene nach der gesetzlichen Regelung f�nf Monate l�nger arbeiten m�ssen, bevor sie einen Anspruch auf ungek�rzte Altersrente erworben haben � bei der Nordrheinischen �rzteversorgung jedoch nur vier Monate und damit k�rzer. Dies stellt � versicherungsmathematisch � eine geringere Rentenk�rzung dar, als nach der gesetzlichen Rentenregelung bei abh�ngig Besch�ftigten in der GRV vorgesehen ist. Diese Differenz von zun�chst nur einem Monat erh�ht sich aufgrund der verringerten Staffel (ab Geburtsjahr 1958 keine Zweimonatsspr�nge) f�r 1964 Geborene auf sieben Monate (nach Gesetz mit dem 67. Lebensjahr, nach der Nordrheinischen �rzteversorgung mit 66 Jahren auf f�nf Monate).
Die �rzteversorgung Westfalen-Lippe (Dortmund) hat dagegen in ihrer ge�nderten Satzung einen noch sp�teren Beginn der Verl�ngerung festgelegt (erst ab dem Geburtsjahr 1949), dann jedoch eine gleichbleibend lineare Staffelung von jeweils zwei Monaten je Geburtsjahr. Mithin w�rde ein 1948 geborener angestellter Arzt nach der gesetzlichen Regelung zwei Monate l�nger arbeiten m�ssen (k�nnen), nach der Satzung der Nordrheinischen �rzteversorgung dagegen �nur� einen Monat l�nger und nach der Satzung der �rzteversorgung Westfalen-Lippe unver�ndert �nur� bis zum 65. Lebensjahr.
Wer dagegen 1961 geboren ist, m�sste nach der Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum 66. Lebensjahr plus sechs Monate, nach der Nordrheinischen �rzteversorgung bis zum 66. Lebensjahr plus zwei Monate und nach der �rzteversorgung Westfalen-Lippe bereits bis zum 67. Lebensjahr arbeiten, um einen Anspruch auf die ungek�rzte Altersrente aus dem Versorgungswerk einl�sen zu k�nnen.
Diese abweichenden Satzungsregelungen, die die Verwaltungsgerichte f�r zul�ssig erkl�rt haben, f�hren in der �rzteversorgung Westfalen-Lippe anf�nglich zu einer Leistungsverbesserung f�r rentennahe Jahrg�nge, kehren sich aber mit jedem weiteren Geburtsjahr in eine dann geradezu erhebliche Verschlechterung um.
Differenzierte Regelungen sind rechtens
Klargestellt wurde inzwischen auch h�chstrichterlich, dass die Versorgungswerke nach ihren autonom bestimmten Satzungen berechtigt sind, differenzierte Regelungen f�r ihre Mitglieder vorzusehen, auch wenn dies einer gegen�ber der gesetzlichen Regelung teilweise gr��eren oder auch geringeren �Rentenk�rzung� versicherungsmathematisch entspricht. Eine solche Differenzierung ist nach der Legalinterpretation von Rechtsanwalt Norbert H. M�ller, Bochum, nicht zu beanstanden. So ist die jeweilige Satzungsregelung der Versorgungswerke der jeweiligen Kassenlage des Werkes geschuldet, sie stellt insoweit keinen Unterschied zu der gesetzlich (politisch) veranlassten Verl�ngerung des Renteneintrittsalters dar und ist daher rechtlich zul�ssig.
Ein Normenkontrollantrag eines im Juni 1961 geborenen Rechtsanwaltes, der als Angestellter einer Anwaltssoziet�t Mitglied des zust�ndigen anwaltlichen Versorgungswerkes ist und dessen Satzung zum 1. Januar 2010 ge�ndert wurde, ist vom Oberlandesgericht Rheinland-Pfalz als unbegr�ndet abgewiesen worden. Da die Versorgungswerke der �rzte und Zahn�rzte analog der Versorgungswerke der Rechtsanw�lte konstituiert und satzungsm��ig geregelt sind, gelten die Leits�tze und der Tenor des Urteils analog. Danach gilt f�r die Zahn�rzte- oder �rzteversorgung Folgendes:
- Die Grunds�tze des Eigentumsschutzes und der Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung gelten entsprechend f�r Anwartschaften im Rahmen berufsst�ndischer Versorgungswerke, deren Finanzierung nach dem sogenannten offenen Deckungsplanverfahren erfolgt.
- Die stufenweise Erh�hung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre stellt eine zul�ssige Inhalts- und Schrankenbestimmung solcher Anwartschaften dar, wenn sie Gemeinwohlzwecken dient, den Verh�ltnism��igkeitsgrundsatz beachtet und dem schutzw�rdigen Vertrauen rentennaher Geburtsjahrg�nge Rechnung tr�gt.
- Zwar mindert die Erh�hung des Renteneintrittsalters (Regelaltersgrenze) die bisher erworbenen Rentenanwartschaften. Jedoch ist die Anpassung der Regelaltersgrenze an die ver�nderten Bedingungen (demografische Entwicklung; die Lebenserwartung von Selbstst�ndigen und Freiberuflern liegt im Durchschnitt vier Jahre �ber dem vergleichbaren Alter der abh�ngig Besch�ftigten) vertretbar. Eine stufenweise Anpassung der Regelaltersgrenze sichert zudem die Stabilit�t des jeweiligen Altersversorgungswerks der Selbstst�ndigen und �klassischen� verkammerten freien Berufe und dient somit Gemeinwohlzwecken. Bei Beibehaltung des Renteneintrittsalters von 65 Jahren infolge der h�heren Lebenserwartung der Mitglieder droht hingegen eine �finanzielle Schieflage� der Versorgungseinrichtung.
Eigentumsschutz gew�hrleistet
Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat in seinem Grundsatzurteil vom Dezember 2011 anerkannt, dass die aufgrund eigener Beitragsleistungen erworbenen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung dem Schutz des Artikels 14, Absatz 1 Grundgesetz unterfallen (Eigentumsschutz).
Diese Schutzwirkung bestehe f�r die jeweilige Anwartschaft insgesamt, nicht hingegen f�r die einzelnen Elemente, auf denen sie beruhe, und die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis f�hren. Das Grundgesetz schlie�e die Umgestaltung der Rentenanwartschaften grunds�tzlich nicht aus, sondern lasse vielmehr eine Anpassung an ver�nderte Bedingungen zu (Demografiekomponente), auch wenn dies zu einer wertm��igen Verringerung der Anwartschaften und damit zu einem hinausgeschobenen Rentenbezug f�hre. Allerdings m�ssten Eingriffe in erworbene rentenrechtliche Anwartschaften dem Gemeinwohlzweck dienen und verh�ltnism��ig sein. Eine stufenweise Erh�hung der Regelaltersgrenze im Versorgungswerk sei durch Artikel 14, Absatz 1, Satz 2 Grundgesetz gedeckt, weil auch im Rahmen der berufsst�ndischen Versorgungseinrichtungen unter den Bedingungen des generationen�bergreifend angelegten offenen Deckungsplanverfahrens und unter Beachtung der versicherungstechnischen Bilanzen die Gemeinwohlbelange und der Verh�ltnism��igkeitsgrundsatz beachtet wurden.
Dr. Harald Clade