Was bedeuten gewaltträume

Schreie im Schlaf als Vorboten Parkinson ist mehr als Händezittern

11.04.2015, 12:23 Uhr

Die Zahl der Parkinson-Patienten steigt. Doch immer noch kann die genaue Ursache für die Erkrankung nicht ausgemacht werden. Schlafstörungen und Geruchsverlust werden als Vorboten angesehen.

Wer hatte nicht schon mal einen Albtraum, bei dem er schweißgebadet und völlig erschöpft wachgeworden ist? Diese Art von Gewaltträumen soll in Verbindung mit nächtlichen Abwehrbewegungen oder Schreien im Schlaf ein Hinweis auf eine spätere Parkinson-Erkrankung sein. "Gewaltträume in der REM-Schlafphase, bei denen der Schläfer ausgeprägt motorisch aktiv ist, können ein frühes Warnsignal sein", sagt Professor Wolfgang Oertel, Inhaber der Hertie-Senior-Forschungsprofessur an der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Marburg.

Eine Frau riecht an einem ätherischen Öl.

Bei Gesunden ist die Motorik während der von Träumen geprägten REM-Phase gehemmt. Bei der sogenannten REM -Schlaf-Verhaltensstörung (RBD) aber schlagen und treten Menschen während angstmachender Träume um sich, schreien und wehren sich gegen virtuelle Angreifer. Selbst- und Fremdverletzungen kommen dabei häufig vor. "Betroffene mit diesen Symptomen entwickeln in mehr als 85 Prozent der Fälle binnen 15 bis 20 Jahren Parkinson", berichtet Oertel.

Achtungszeichen Riechverlust

Ein weiteres typisches, aber weniger spezifisches Frühsignal sei die Störung des Geruchssinnes. Lässt die Sensibilität der Nase nach, kann das ein typisches Zeichen für die neurodegenerative Erkrankung sein, unter der in Deutschland rund 350.000 Menschen leiden. Fast 90 Prozent der Menschen, die zwischen dem 50. Und 60. Lebensjahr ihren Geruchssinn verlieren, leiden später unter Parkinson.

Morbus Parkinson

Morbus Parkinson ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Weltweit sind rund 4,1 Millionen Menschen an Parkinson erkrankt - das entspricht knapp 2 Prozent der Bevölkerung im Alter von über 60 Jahren.

In Deutschland sind 350.000 Personen betroffen. Studien gehen davon aus, dass sich wegen der alternden Bevölkerung und der mit der besseren Behandlung verbundenen, längeren Lebenszeit die Zahl der Patienten bis 2030 weltweit auf 8,7 Millionen verdoppelt.

Die Patienten sind bei der Diagnose im Mittel 60 Jahre alt, bei 5 bis 10 Prozent der Patienten macht sich die Krankheit schon im Alter zwischen 20 und 40 Jahren bemerkbar. Männer sind ca. 1,5 Mal häufiger betroffen als Frauen.

Welche Ursachen es für die Erkrankung gibt, kann bis heute nicht eindeutig bestimmt werden. Es werden sowohl genetische als auch umweltspezifische Faktoren erwogen. In Frankreich beispielsweise wird Parkinson als Berufskrankheit von Landwirten anerkannt, wenn sie mindestens zehn Jahre mit Pestiziden in Berührung gekommen sind. Zudem stehen bestimmte Entfettungs- und Reinigungsmittel unter dem Verdacht, die Erkrankung zu fördern. Aber auch das Bewegungsverhalten des Menschen scheint eine Rolle bei der Entstehung von Morbus Parkinson zu spielen. Schwedische Forscher haben nach einer mehrjährigen Untersuchung festgestellt, dass bereits moderate Bewegung von sechs Stunden pro Woche das Parkinson-Risiko um bis zu 45 Prozent reduzieren kann.

Erster Weg zum Orthopäden

Für Parkinson-Patienten kommt diese Erkenntnis zu spät; vor allem körperliche Bewegungen bereiten ihnen große Probleme. Das Zittern der Hände in Ruhe, der sogenannte Tremor, ist das bekannteste Parkinson-Symptom. Die Verlangsamung bestimmter Bewegungen, die sich oftmals nur auf einer Seite abspielt, Muskelversteifungen und Störungen der Stand- und Gangstabilität kommen hinzu. Das Sprechen wird schwer, Verstopfungen dauern immer länger, und Harn kann nicht mehr gehalten werden. Dazu können diffuse Schmerzen kommen, oftmals in der Schulter. Aus diesem Grund gehen viele Betroffene auch zuerst zum Orthopäden, obwohl sie zum Neurologen müssten.

Denn Morbus Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung, die sich schleichend über Jahre manchmal sogar Jahrzehnte entwickelt. Die dunklen Zellen der sogenannten Substantia nigra im Zwischenhirn werden zerstört. Aus diesem Grund verlieren sie ihre Fähigkeit, den Neurotransmitter Dopamin herzustellen. Dopamin übermittelt Impulse für Bewegungsabläufe. Das Absterben der Nervenzellen kann jahrelang unbemerkt bleiben. Erst wenn nur noch etwa 40 Prozent der ursprünglichen Dopamin-Menge ausgeschüttet wird, treten die ersten Probleme auf. Dann sind weit mehr Zellen der Substantia nigra bereits verschwunden. Die verbleibenden arbeiten hart und gleichen so den Verlust lange aus.

Hoffnung in Frühdiagnosen

Bisher kann eine Parkinson-Diagnose nur über die Symptome und die Reaktion auf die Dopamin-Vorstufe L-Dopa gestellt werden. Einen zuverlässigen Labortest gibt es derzeit nicht. Ebenso ist Parkinson nicht heilbar. Ärzte können lediglich die Symptome ihrer Parkinson-Patienten behandeln.  Aus diesem Grund setzen Forscher weltweit alles daran, Parkinson so früh wie möglich zu erkennen, um so noch vor dem Absterben der Nervenzellen eingreifen zu können. Ein Riechtest könnte der Anfang sein.

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