Wissen für Flug-Nerds
Aufgeklärt: Die größten Mythen rund ums Fliegen
Schmeckt Tomatensaft im Flieger besser und ist ein Blitzeinschlag eigentlich gefährlich? Schluss mit Halbwissen! Wir verraten dir, welche Flugmythen wirklich stimmen – und welche nicht.
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Mythos eins: Beste Flugroute = kürzeste Strecke
Falsch. Für eine Airline ist es nämlich am wichtigsten, so schnell wie möglich das Ziel zu erreichen, da jede zusätzliche Minute Hunderte Euro Mehrkosten verursacht. Und die schnellste Route ist nicht unbedingt auch die kürzeste.
Grund dafür ist die Windrichtung auf der Erde: Flugzeuge, die von Westen nach Osten fliegen, sind schneller, weil sie quasi mit Rückenwind fliegen. Für Langstreckenflüge, die fast einmal um den Globus führen, ist das besonders ausschlaggebend. So änderte beispielsweise Air India ihre Route nach San Francisco und fliegt jetzt zwar fast 1.500 Kilometer extra, spart aber trotzdem mehr als 10.000 US-Dollar Flugkosten und zwei Flugstunden ein, berichtete die „Washington Post“.
Mythos zwei: Fliegen macht krank
Nein, das ist definitiv ein Mythos. Auch wenn viele vielleicht meinen, sie würden nach dem Fliegen krank: Das liegt nicht an der Lüftung im Flugzeug, die Bakterien und Viren lustig durch die Kabine pustet. Im Gegenteil: Du solltest die Lüftung im Flieger nicht ausschalten.
Wenn du nach einem Flug trotzdem krank wirst, liegt das vielleicht daran, dass dein Nachbar dich angeniest hat, oder an Bakterien auf Tisch und Klotür – das sind allerdings auch nicht mehr als auf jedem Aufzugknopf.
Mythos drei: Bei Turbulenzen fällt das Flugzeug Hunderte Meter
Ganz so schlimm sind Turbulenzen meistens nicht, es sind üblicherweise nur wenige Meter, maximal 30, nach unten. Unsere Wahrnehmung spielt uns da ganz einfach Streiche. Es fühlt sich schlimmer an, als es ist.
Nur in absoluten Ausnahmefällen kann es passieren, dass ein Flugzeug durch Turbulenzen mehr als Hundert Meter absackt. Wie gefährlich können Turbulenzen werden? Der reisereporter hat bei Experten nachgefragt.
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Mythos vier: First Class ist besser als Economyclass
Stimmt nicht – nun ja, zumindest nicht, was die Sicherheit angeht. Statistiken zeigen nämlich, dass die Wahrscheinlichkeit, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen, im vorderen Teil des Flugzeugs am größten ist. Also da, wo meistens die gehobenen Sitzklassen untergebracht sind. Die sichersten Plätze im Flugzeug sind übrigens die mittleren in der letzten Reihe.
Mythos fünf: Die Flugzeugtür lässt sich während des Fluges öffnen
Zum Glück nicht! Die Vorstellung, aus 3.000 Metern Höhe zu fallen, wenn du die Tür wirklich mitten im Flug öffnen könntest, ist auch ziemlich gruselig. Weil aber zwischen Flugzeug und Umgebung ein zu großer Druckunterschied liegt, ist das gar nicht erst möglich.
Mythos sechs: Flugzeugklos werden über dem Meer ausgeleert
Stell dir vor, du liegst auf dem Sonnendeck deiner Segeljacht mitten im Atlantik und plötzlich… Lassen wir das. Denn Flugzeugtoiletten werden natürlich nicht einfach während des Flugs ausgelehrt, sobald sich der Flieger über einem Meer befindet.
Flugzeugtoiletten sind so genannte Vakuumklos – der Inhalt der Schüssel wird durch Unterdruck weggesaugt und in einem Tank gesammelt. Und dieser wird ganz ordnungsgemäß am Flughafen entleert, so der „Telegraph“.
Mythos sieben: Blitzeinschläge in das Flugzeug sind gefährlich
Mit dem Flugzeug ist es wie mit dem Auto: Du bist hier während eines Gewitters (ziemlich) sicher aufgehoben. Weil es sich bei beiden Transportmitteln um sogenannte Faradaysche Käfige handelt, können Blitze nicht in Flugzeuge eindringen.
Trotzdem können sie in seltenen Fällen einigen Schaden anrichten. Spektakulär sieht ein Blitzeinschlag ins Flugzeug allemal aus, wie ein Video vom Flughafen Amsterdam zeigt.
Mythos acht: Wenn alle Motoren ausfallen, stürzt das Flugzeug sofort ab
Nein. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass bei einer Maschine alle Motoren ausfallen, kann ein Flugzeug auf Flughöhe noch für mehr als 100 Kilometer weitergleiten, bevor es landen muss.
Mythos neun: Tomatensaft im Flugzeug schmeckt besser
Das stimmt tatsächlich. Der Hauptgrund, warum viele Nahrungsmittel im Flieger anders schmecken als auf dem Boden, ist der Niedrigdruck. Durch den schmecken wir alles in etwa so, als wären wir verschnupft – außer Würziges wie Tomatensaft.
Als der Airbus A380 auf den Markt kam, war das eine Sensation: ein durchgängig zweistöckiges Flugzeug – so groß, dass es nicht einmal auf allen Flughäfen landen kann. Mehr als 600 Passagiere fasst die Maschine in der Konfiguration von Emirates. Direkter Konkurrent ist die 747-8 von Boeing, der Jumbo.
In den kommenden Jahren sind derart neuartige Flugzeugmodelle nicht zu erwarten. Der Trend geht vielmehr in eine andere Richtung: Kleinere Maschinen kommen für Fernflüge zum Einsatz, etwa über den Atlantik. Für Reisende könnte das zwei Dinge bedeuten: Sie müssen seltener umsteigen und die Ticketpreise sinken tendenziell.
Der Status quo sieht bislang so aus: „Die riesigen Flugzeuge sind darauf ausgelegt, von Drehkreuz zu Drehkreuz zu fliegen“, erklärt der Luftverkehrsexperte Cord Schellenberg aus Hamburg. Kleine Zubringermaschinen bedienen die zentralen Hubs, wo die Passagiere auf die großen Flieger verteilt werden. In Deutschland sind das Frankfurt, München und Düsseldorf.
Lufthansa etwa fliegt mit dem A380 in die USA, nach Singapur, Peking, Tokio und Hongkong. Natürlich kann man von den Drehkreuzen auch zu kleineren, regionalen Flughäfen fliegen, mit der Folge, dass die Hubs zunehmend überlastet sind.
Denn es sei sehr viel passiert in den vergangenen Jahren, und damit hätten vor allem die Billigflieger zu tun, sagt Schellenberg. „Sie fliegen mit kleineren Flugzeugen zu kleineren Flughäfen.“ Diese sogenannten Point-to-Point-Verbindungen sind für Reisende durchaus interessant. Nürnberg–Mailand statt München–Rom, Karlsruhe/Baden-Baden–Thessaloniki statt Frankfurt–Athen: Die Anreise ist bequem, das Umsteigen entfällt.
Billig fliegen auf der Langstrecke
Und genau dieses Konzept könnte nun auch auf Interkontinentalstrecken zum Einsatz kommen. Die Maschinen der A320neo-Familie von Airbus und die Reihe 737 Max von Boeing werden nämlich so angepasst, dass sie es von Deutschland aus etwa an die Ostküste der USA schaffen.
Die Baureihe 737 Max von Boeing ist deutlich kleiner als die Riesenflugzeuge und schafft dennoch Strecken von Europa über den Atlantik
Quelle: dpa-tmn
Norwegian zum Beispiel fliegt ab Juli von Irland und Großbritannien aus über den Atlantik, zu Kampfpreisen. Billig fliegen auf der Langstrecke, das ist die Idee. Die Preise könnten purzeln, ein Urlaub in den USA dadurch deutlich günstiger werden.
Die neuen Maschinen schaffen die Transatlantikstrecken sogar von Mitteleuropa aus. „So können auch kleinere Orte miteinander verbunden werden“, sagt Prof. Johannes Reichmuth, Direktor des Instituts für Flughafenwesen und Luftverkehr am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Warum von Frankfurt oder Düsseldorf in die USA fliegen, wenn es auch von Hamburg, Bremen oder Hannover geht?
Offen ist, ob das Fliegen auf der Langstrecke wegen kleinerer Maschinen in Zukunft noch unbequemer wird – Stichwort Sitzabstand. Denn für die Bestuhlung sind die Fluggesellschaften zuständig. Die aber haben in erster Linie ein Interesse an einer möglichst einheitlichen Flotte, die jedes angebotene Ziel erreichen kann.
„So kann man auch mal eine Strecke ausprobieren, und wenn die nicht funktioniert, schließt man sie wieder“, sagt Reichmuth. Wenn ein Flugzeug sowohl die Badeziele in Europa als auch die USA erreichen kann, ist die Auslastung insgesamt deutlich besser.
Die neuen Flugzeuge sollen weniger Kerosin verbrauchen
Vielleicht tragen die neuen Flugzeugmodelle auch ein wenig dazu bei, dass sich der ökologische Fußabdruck einer Reise verringert. Die Flugzeuge sollen nämlich weniger Kerosin verbrauchen.
In Sachen Antrieb haben die bestehenden Maschinen ihre Grenzen bereits erreicht. „Nun geht es in erster Linie darum, durch ein geringeres Gewicht die Emissionen zu verringern“, so Reichmuth. Dabei helfen extrem leichte Carbonfaserverbundwerkstoffe.
Und dann gibt es da noch eine zweite Entwicklung, die durch neue Flugzeugmodelle angetrieben wurde: Technisch ist die Ultralangstrecke möglich. „Dazu kann man alle Strecken mit mehr als 10.000 Kilometer Länge zählen“, sagt der Experte.
Die Fluggesellschaft Qantas plant die erste Direktverbindung von Australien nach Europa überhaupt. Starten sollen die Maschinen ab März 2018 im westaustralischen Perth. Sie landen 17,5 Stunden später und 14.500 Kilometer entfernt in London. Möglich wird dies durch das Modell Boeing 787 Dreamliner. Ohne Umsteigen nach Australien: Das könnte bald auch für deutsche Urlauber Realität werden.
Doch ist eine derart lange ununterbrochene Flugstrecke nicht eine Qual für die Passagiere? Nicht wenn man Qantas-Chef Alan Joyce glaubt. Er verspricht eine bequemere Economyclass als gewöhnlich. Auch beim Service will man so arbeiten, dass der Jetlag reduziert wird. Der Dreamliner biete außerdem bessere Luftqualität, weniger Lärm in der Kabine und eine Technologie, die Turbulenzen weniger spürbar macht.
Ohne Zwischenstopp wird das Ticket teurer
Den derzeitigen Längenrekord hält Qatar Airways mit der Route von Doha nach Auckland: 14.535 Kilometer werden zwischen dem Emirat Katar und Neuseeland zurückgelegt. Geflogen wird mit einer Boeing 777-200LR. „LR“ steht für Longer Range, längere Reichweite.
Längster Flug der Welt: Mit der Boeing 777-200LR fliegt Qatar Airways von Doha nach Auckland
Quelle: dpa-tmn
Qantas fliegt auch heute schon von London nach Sydney, jedoch noch mit einem Zwischenstopp in Dubai. Doch offenbar arbeitet man daran, die Distanz von knapp 18.000 Kilometern auch ohne Halt zu schaffen.
„Infrage kommen dafür Maschinen wie der Airbus A350-900 ULR (Ultra Long Range) oder die Boeing 777X“, sagt Cord Schellenberg. Während Singapore Airlines die Langstreckenversion des A350 im kommenden Jahr von Airbus bekommen soll, ist die Auslieferung der Boeing-Maschine für 2019 oder 2020 geplant.
Offen ist allerdings die Frage, wie viele Reisende sich diesen Direktflug tatsächlich leisten werden. „Denn das Ticket wird sicher teurer werden, wenn die Strecke ohne Zwischenstopp geflogen werden kann“, schätzt Schellenberg. Und so viele Geschäftsreisende, die gern nonstop fliegen, gebe es auf der Strecke von Europa nach Australien nicht.
Ergo, die meisten Urlauber werden wohl weiterhin umsteigen müssen, etwa am Persischen Golf. Was aber auch kein Problem sei, im Gegenteil. Schellenberg: „Denn von den Drehkreuzen am Golf zum Beispiel können mit den Maschinen der neuen Flugzeuggenerationen so ziemlich alle Ziele auf der Welt bedient werden.“
Warum einige der Superflieger zum Ersatzteillager werden könnten
Laut einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ droht einigen Modellen des Airbus Flaggschiffs A380 die Verschrottung. Ein Vertrag mit Singapore Airline läuft demnächst aus. Die Verhandlungen über einen neuen Vertrag gestalten sich schwierig.
Quelle: N24/ Christin Brauer