Aus slowenien stammend landet er im golf von triest

Im äußersten Nordosten Italiens, eingebettet zwischen dem Nordrand der Adria, den julischen Voralpen Richtung Slowenien und den karnischen Alpen gegen Norden, liegt Friaul-Julisch Venetien.

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Die durch die Isonzoschlachten des Ersten Weltkriegs gebeutelte Grenzregion konnte ab den 1980er Jahren durch strahlende Winzerpersönlichkeiten wie Joško Gravner, Livio Felluga und Silvio Jermann die erste große Weißweinwelle in Italien einläuten und nahm hier kurzerhand die Spitzenposition ein. Der Erfolg war den einzigartig saftigen, glasklaren Weinen zu verdanken. Kurz darauf begannen Edi Kante, Stanko Radikon und der bereits erwähnte Joško Gravner als Pioniere maischevergorene Weißweine herzustellen, die als „Orange Wines“ Weltruhm erlangten.

Der wahre Schatz aber liegt in der gewaltigen Vielzahl an Rebsorten, einheimischer wie importierter. Wohl kaum eine andere Region der Welt kann so viele bemerkenswerte Gewächse ihr Eigen nennen. Wie immer kommt es darauf an, was die Winzer daraus machen!

Willi Klinger

Kommentar von Willi Klinger

Friaul zwischen Erstarrung und Aufbruch

Das Land zwischen Tarvis und Triest kann seinen altösterreichischen Charakter auch nach 100 Jahren italienischer Staatszugehörigkeit nicht verleugnen. Im Gegenteil: Man ist in der Region Friaul-Julisch Venetien stolz auf diese Variante einer „mitteleuropäischen Kultur“ im Wechselspiel zwischen Wien und der Adria. Zweifellos ist Friaul mit seiner regionalen Küche, seinen Osterien, Trattorien und eleganten Restaurants eine kulinarische Hochburg, auch wenn die Ströme von Pauschaltouristen aus Österreich und Deutschland auf dem Weg zu den Sandstränden und Hotelsilos von Lignano, Bibione oder Jesolo achtlos an diesem Schlaraffenland zwischen Cividale, San Daniele, Udine und Görz vorbeirasen. Nur aufgeklärte Genießer aus dem Norden und notorische Feinspitze verirren sich in die herrlichen Lokale mit der offenen Feuerstelle in der Gaststube, die man in der friulanischen Sprache „Fogolar“ nennt. Die Trattoria „Da Toso“ in Leonacco bei Tricesimo ist bei aller Einfachheit – es dreht sich dort hauptsächlich um Fleisch vom Grill – dennoch ein Musterbeispiel der friulanischen Wirtshauskultur. Verspielter, kulinarisch ambitionierter, aber nicht weniger gemütlich ist es in Joško Sirks „Al Cacciatore“ im Weiler La Subida bei Cormòns. Fazit: Friaul und das südlich anschließende Julisch Venetien mit der Hafenstadt Triest und dem darüberliegenden Karst sind immer wieder einen Kurzurlaub wert. Ist es nicht auch das, was wir in diesen endlosen Lockdowns, die an unseren Nerven zehren, so schmerzlich vermissen?

So wie der zarte Prosciutto di San Daniele gehört natürlich auch die Vielfalt der friulanischen Weine zur Identität und Faszination dieser herrlichen Gegend. Es gab Zeiten, da war es für die gehobene Gastronomie im deutschsprachigen Raum chic, Weine von Volpe Pasini, Schioppetto, Russiz Superiore und Co den Gewächsen aus eigenen Landen vorzuziehen. Auch in Italien selbst hatte das Wort „Friuli“ einen geradezu magischen Klang. Vor allem die Weißweine aus den hügeligen Weinbaugebieten Collio und Colli Orientali entlang der slowenischen Grenze stellten jene aus Venezien und Südtirol eindeutig in den Schatten. Heute ist es genau umgekehrt. Man fragt sich in internationalen Fachkreisen: Was ist da los mit dem einst so stolzen Weinland Friaul?

Irgendwie sind die bekanntesten Weinkellereien Friauls die Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden. Sie hatten durch die frühzeitige Einführung einer modernen Kellertechnik mit gekühlter Gärung, Stahltanks und Reinzuchthefen in Italien lange Zeit das Monopol auf leichte Weine mit frischfruchtigen Sortenaromen. Dafür zahlten die Kunden ohne mit der Wimper zu zucken deutlich überhöhte Preise. Doch die Konkurrenz in anderen Regionen des Landes, aber auch in Österreich und Deutschland, schlief nicht. Vor allem Südtirol, das gerade erst aus dem transalpinen Massenweinexport mit rötlichen Weinchen ausgestiegen war, lehrte nun seinerseits mit frischen und sogar etwas charaktervolleren Weißweinen die erfolgsverwöhnten Friulaner auf dem Heimmarkt das Fürchten. Und in München trank man auf einmal nicht mehr Pinot Grigio sondern Lugana, deutschen Grauburgunder oder Grünen Veltliner aus Österreich. Als sie preislich immer mehr unter Druck gerieten und durch den Klimawandel auch die Alkoholgrade der Weine durch die Decke gingen, versuchten es viele Winzer rund um Udine und Görz mit dem Ausbau in neuem Holz, um höhere Preise zu rechtfertigen. Als auch diese Strategie nicht wirklich aufging, wurden manche ganz „verrückt“: „Vini Veri“ (wahre Weine) lautete das neue Modewort und der Titel einer eigenen Weinshow abseits der Vinitaly mit Joško Gravner, Edi Kante und Stanko Radikon, einer Bewegung, die Matt Kramer im Wine Spectator 2004 als „The Crazy Club“ apostrophierte. Man kann sagen, was man will, auf der internationalen Bühne der Natural Wines haben die drei genannten Winzer Kultstatus erlangt. Aber damit kann Friaul auf dem Weinweltmarkt keine Bäume mehr ausreißen. In diesem stilistischen Tohuwabohu verlor die Weinwirtschaft Friauls zunehmend den Faden – und immer mehr Kunden.

Um den verbleibenden Marktkuchen streiten sich heute drei Lager: erstens die bekannten Marken und die Weinindustrie, die sich hartnäckig an den frischfruchtigen Techno-Stil krallen und damit noch immer einigermaßen reüssieren, auch wenn langjährige Beobachter dabei eine gewisse Banalität ausmachen. Zweitens die Revoluzzer aus der Naturwein-Nische, die nicht aufhören, nach dem heiligen Gral einer neuen Weinkultur zu suchen. Das garantiert zwar immer wieder sehr spannende Kosterlebnisse, vor allem für die Fangemeinde, ist aber nicht mehrheitsfähig. Und drittens eine sich schemenhaft abzeichnende neue Strömung, die in dieser prekären Gemengelage einen vernünftigen, eigenen Weg mit stärkerer Betonung der autochthonen Rebsorten zu finden versucht. Die interessantesten dabei sind die weißen Friulano, Ribolla Gialla, Malvasia Istriana und – rund um Triest – Vitovska. Bei den roten handelt es sich um Pignolo, Schioppettino, Refosco und den Terrano aus dem Karst. Diesen Stecknadeln im Heuhaufen waren wir in den letzten Wochen auf der Spur.

Highlights

aus der Region Friaul-Julisch Venetien

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Die autochthone Sortenvielfalt des Friaul

Siebzehn verschiedene DOC-Sorten sind allein in den Colli Orientali zugelassen. So auch der Friulano, eine ursprünglich aus Bordeaux stammende weiße Rebsorte, die im frühen 19. Jahrhundert den Weg ins Friaul fand. Dort reüssierte er unter dem Namen „Tocai Friulano“, bis ihm die EUGesetzgebung 1993 auf Drängen Ungarns hin das „Tocai“ abnahm. Der Weinqualität tat das keinen Abbruch. Heute wächst er auf 4.500 Hektar und zeigt sich kräuterwürzig und trocken, aber eher harmonisch und ruhig fließend, mit zarten Mandelnoten. Ausgezeichnete Beispiele sind der ausdrucksvolle Friulano von Adriano Gigante und der feinwürzige Ronco Vieri von Pittaro.

Die erstmals 1296 erwähnte gelbfruchtige Rebsorte Ribolla Gialla aus Oslavia gehört zu den Fixsternen der friulanischen Sortenlandschaft und wurde von Joško Gravner schon in den Neunzigerjahren auf den Schalen vergoren. Die besten Ribollas, wie zum Beispiel der von Adriano Gigante, zeigen feinnervige, zart-nussige Noten.

Die robuste weiße Sorte Vitovska ist besonders gut für die Weingärten am unwirtlichen Karst geeignet. Edi Kante ist einer der geduldigen Bewahrer dieser Rarität. Mit etwas Maischestandzeit zeigt sie Birnen- und Quittenaromen und behält stets ihren mineralischen Hintergrund. Malvasia Istriana, eine alte weiße Sorte, zeigt zestige Zitrusaromatik mit zarten Honigtönen und bringt angenehm lebendige und frische Weine hervor.

Bei den Roten spielt der Refosco dal Peduncolo Rosso (= Refosco mit den roten Stielen) die erste Geige. Von dunkler Farbe, zeigt er Aromen nach Zwetschke und Mandel mit appetitanregender Säure. Die Weine sind saftige Speisenbegleiter. Klassische Sortenbeispiele finden sich bei Pittaro.

Als besonders individueller Regionalwein wächst der knackige Terrano, gemeinsam mit Vitovska, vornehmlich auf dem Karst oberhalb von Triest und in Slowenien. Im besten Fall zeigt er frische Kirschfrucht bei kraftvollem Tannin, markanter Säure, aber moderatem Alkohol, wie bei Edi Kante. In den Buschenschänken des Karst („Osmize“ genannt) wird er leicht gekühlt zu lokalem Prosciutto getrunken.

Größere Rotweine mit würzigen Noten von dunklen Beeren ermöglicht die rare Sorte Schioppettino, von der es insgesamt nur 155 Hektar gibt. In der Cuvée „Sacrisassi Rosso“ mit Refosco von Le Due Terre zeigt der Schioppettino seine tiefe Struktur.

Knapp 100 Hektar Rebfläche ist von der kleinbeerigen Sorte Pignolo übrig, die in der Regel eine charakteristische reife Zwetschkenfrucht mit zartem Lakritzton zeigt. Aus ihr entstehen kostbare Weine, besonders, wenn geduldig im Holz ausgebaut wird wie bei Adriano Gigante.

Etabliert haben sich auch internationale Sorten, allen voran Pinot Grigio, aber auch Chardonnay, Sauvignon Blanc und Pinot Bianco. Der frische, kräuterwürzige Cabernet Franc hat sich in ganz Friaul als herrlicher Speisenbegleiter gegenüber dem Cabernet Sauvignon durchgesetzt. Durch den Klimawandel erreichen die Weine inzwischen höhere Reifegrade, was der Region neuen Schub verleihen könnte.

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Die friulanischen Weinbaugebiete

Kommt man von Tarvis ins Friaul und lässt das enge Kanaltal hinter sich, überquert man dabei die weite Geröllfläche des Tagliamento, einem der letzten Wildflüsse Europas. Sein hellblaues Wasser bahnt sich den Weg durch weiße Kieselsteine, die er aus den ehemaligen Gletschergebieten ins Tal schwemmt.

Diese Kiesel bilden zusammen mit Sand und Geröll den Untergrund für die Weingärten der sieben DOC-Gebiete des Friaul. An sie erinnert auch der Name des weitläufigen Herkunftsgebiets Grave del Friuli (vom französischen „Graviers“). 1978 gründete Pietro Pittaro hier sein Weingut, das für den klassischen Stil der Region steht: frische, leichte Weißweine, vor allem Pinot Grigio und Friulano, mit moderatem Alkohol, gutem Trinkfluss und dem besten Preis- Leistungs-Verhältnis Friauls. Dem robusten Refosco ist Pietros Sohn Piero verfallen, ein Rotwein mit Ecken und Kanten, der ideal zu den schnörkellosen Spezialitäten der Region passt.

Die Colli Orientali umfassen 2.500 Hektar Hügelland, die durch die julischen Alpen vor harten Winden geschützt werden. Livio Felluga keltert hier seinen Terre Alte Rosazzo DOCG von gepachteten Weingärten, eine Cuvée aus Friulano, Sauvignon Blanc und Pinot Bianco mit faszinierendem Aromenfeuerwerk und beeindruckender Langlebigkeit. In der Nähe der Abtei von Rosazzo macht Adriano Gigante herrlich ausdrucksvolle und unverwechselbare Weine. Das Weingut hat zudem schöne Zimmer und sogar ein Spa. 1984 startete das Winzerpaar Silvana Forte und Flavio Basilicata in Prepotto das kleine Natural- Garagenweingut Le Due Terre. Tochter Caro mischt inzwischen auch im paradiesischen Garten mit, in dem nur minimalinvasiv eingegriffen wird. Die Wildheit und das Unberührte erkennt man in den puristischen, vielschichtigen Weinen wieder. Indes bewirtschaften Serena Palazzolo und ihre drei Söhne gleich neben Udine 6,5 Hektar Rebfläche, agieren aber auch als Négociants unter dem Label Nec-Otium. Hier finden sich ein Pinot Grigio, wie er trinkfreudiger nicht sein könnte, und ein hochwertiger Cabernet Franc, der die Frische der Colli Orientali widerspiegelt.

Das südlichere Collio unterliegt etwas mehr dem maritimen Einfluss der Adria und umfasst 1.400 Hektar rund um die Orte Ruttars, Cormòns, Capriva und Oslavia, wo Joško Gravner mit seinen stark Barrique-betonten Weinen in den Neunzigern reüssierte. Nach einer Georgienreise entledigte er sich aller Fässer und stellte komplett auf Amphorenausbau um. Heute gelten seine Orange- Weine als die tiefgründigsten am Markt. Auch Silvio Jermann revolutionierte die friulanische Weinlandschaft, indem er seine Weine auf sämtliche Weinkarten der Welt brachte. Berühmt sind sein Vintage Tunina, sein Dreams-Chardonnay und sein Pinot Grigio. Livio Felluga, dritter Pionier des Friaul, führte das Weingut in fünfter Generation, bis er kürzlich im Alter von 102 Jahren verstarb. Auf stolzen, hügeligen 135 Hektar wächst auch sein Pinot Grigio, der mit dem Blumenetikett emblematisch für das Friaul steht. Heute haben die Kinder Maurizio, Elda, Andrea und Filippo die Zügel in der Hand und erzeugen klassische, niveauvolle Friaulweine.

Carso (Karst) nennt sich die unwirtliche Hochebene hinter dem Golf von Triest, die seit 1985 auch eine DOC-Klassifizierung besitzt. Das Gebiet aus felsigem Kalk ist durch die exponierte Lage schutzlos dem eisigen Borawind ausgesetzt. Die kräftige, goldfarbene Vitovska, die ihm trotzt, erinnert an unseren Roten Veltliner, während der rote Terrano mit seiner straffen Säure fast so kernig ist wie Schilcher. Edi Kante, ein Winzer wie ein Fels in der Brandung, schafft es, mit dem extremen Terrain zurechtzukommen. Er ließ sein Weingut drei Stockwerke tief ins Gestein bohren und bereitet beharrlich Weine, die Wind und Wetter, Moden und Trends trotzen.

Das Friaul ist dank seiner Diversität bei Rebsorten und Winzerpersönlichkeiten eine von Europas klassischen Weinregionen, dessen Kreszenzen von der Geschichte, dem Terroir und dem besonderen Charakter der Landschaft erzählen.

Ist Triest in Slowenien?

Triest liegt an der oberen Adria direkt an der Grenze zu Slowenien, ist Hauptstadt der autonomen Region Friaul-Julisch Venetien und war bis 2017 Hauptstadt der Provinz Triest, bevor diese aufgelöst wurde.

Wie kam Triest zu Österreich?

Ab 1815 gehörte Triest als österreichische Stadt zum Deutschen Bund, der 1815 auf dem Wiener Kongress als Ersatz für das alte, 1806 untergegangene Heilige Römische Reich deutscher Nation geschaffen wurde, und markierte in etwa dessen Südausdehnung bis zur Adria.

Wie heißt die Region um Trieste?

Italienischer Name: Trieste. Hauptstadt der Region: Friaul-Julisch Venetien (ital: Friuli-Venezia Giulia) geografische Lage: im äußersten nordöstlichen Winkel Italiens, an der Adriaküste, wenige Kilometer von der Grenze zu Slowenien entfernt.

Wem gehört der Hafen von Triest?

"Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) übernimmt mit 50,01% die Mehrheit am Multifunktions-Terminal im Seehafen Triest", lautet die Pressemitteilung.