Genf - Angesichts von mehr als 20 Todesfällen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eindringlich vor dem neuen Coronavirus gewarnt. Unter allen Gesundheitsproblemen mache ihr dieser Erreger "derzeit die größten Sorgen", sagte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan. "Das neue Coronavirus ist eine Gefahr für die ganze Welt." Es ähnelt dem Sars-Erreger, an dem vor zehn Jahren etwa 800 Menschen starben. Der WHO wurden seit September 2012 bis zum 23. Mai 2013 aus acht Ländern insgesamt 44 bestätigte Infektionen mit dem neuen Erreger gemeldet. Männer waren deutlich häufiger betroffen als Frauen. 22 Patienten starben. Die Krankheit weist grippeähnliche Symptome auf und kann unter anderem zu lebensgefährlichen Entzündungen der Atemwege führen. Das Virus, das zuerst als hCoV-EMC bezeichnet wurde, nennen die Wissenschaftler inzwischen Mers-CoV(Middle east Respiratory Syndrome Coronavirus). "Gemessen an den potentiellen Gefahren wissen wir zu wenig über dieses Virus", sagte Chan laut WHO-Mitteilung zum Abschluss der 66. Weltgesundheitsversammlung. Eine neue Krankheit, die sich schneller entwickle, als das Wissen über sie wachse, sei nie unter Kontrolle. Die Staaten müssten gemeinsam reagieren: "Das neue Coronavirus ist nicht ein Problem, das ein einzelnes betroffenes Land allein für sich lösen kann." Krankheitsfälle vor allem im Nahen Osten Laut WHO wurden bestätigte Ansteckungen vor allem im Nahen Osten registriert - in Saudi-Arabien, Jordanien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Allein die Gesundheitsbehörden Saudi-Arabiens meldeten demnach 22 Erkrankungen mit zehn Todesfällen. In Deutschland, Frankreich, Tunesien und Großbritannien seien Fälle von Ansteckungen aufgetreten, die wahrscheinlich im Zusammenhang mit Reisen in die betroffenen Nahost-Länder stehen. In München war im März ein 73-jähriger Patient an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorben, der aus den Vereinigten Arabischen Emiraten stammte. Die WHO ist inzwischen sicher, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragbar ist. Unklar ist jedoch, auf welchem Weg das passiert. In mehreren Fällen waren Familienmitglieder eines Infizierten erkrankt, auch Krankenhauspersonal hat sich angesteckt. Am Dienstag teilten die französischen Gesundheitsbehörden mit, dass ein 65-Jähriger Franzose gestorben ist, der sich bei einem Aufenthalt in Dubai mit dem Virus infiziert hatte. 12.12.2013 Das Coronavirus Mers - offiziell auch Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (Mers-Cov) genannt, das vor allem im Mittleren Osten auftritt, bereitet Gesundheitsexperten große Sorgen. Dutzende Menschen sind bereits daran gestorben. An einem Impfstoff wird gearbeitet, aber das dauert seine Zeit. „Das ist eine Gefahr für die ganze Welt.“ Deutlicher konnte die Warnung kaum ausfallen, mit der sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Frühjahr dieses Jahres an die Öffentlichkeit richtete. „Keine neue Krankheit ist unter Kontrolle, die sich rascher entwickelt als unser Verständnis davon“, mahnte die WHO-Generaldirektorin Margaret Chan in Genf weiter. Die Warnung der UN-Behörde bezog sich auf das Mers-Virus - offiziell auch Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (Mers-Cov) genannt. Mers ähnelt dem Sars-Erreger, der vor zehn Jahren eine
PandemiePandemie „Wir wissen nicht, ob das Virus so bleibt wie es ist. Das ist das große Problem“, sagt etwa Christian Drosten vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Bonn. Der Professor konnte gemeinsam mit Kollegen vor zehn Jahren das Sars-Virus identifizieren. Nun forscht er mit seinen Mitarbeitern seit mehreren Monaten an Mers. Coronaviren seien in der Lage, sich schnell zu verändern (zu mutieren), erklärt der Virologe. „Die meisten mutieren so, dass sie eine verbesserte Übertragungsfähigkeit gewinnen.“ Mehrere Szenarien seien hier denkbar - im schlimmsten Fall verändere sich der Mers-Erreger so, dass er sich rapide vermehren kann. Das hätte unberechenbare Folgen. Doch wann kann es überhaupt zu gefürchteten Mutationen kommen? „Das Virus tut es, wenn man ihm Gelegenheit dazu gibt“, sagt Drosten. „Je länger es unkontrolliert, unbewacht und frei in der Menschheit zirkuliert, hat es Zeit zu experimentieren.“ Mers hatte schon
einige Monate Zeit für Experimente. Die ersten Infektionen wurden 2012 an die WHO gemeldet. Seitdem gibt die UN-Organisation immer wieder neue Erkrankungs- und Todesfälle bekannt: manchmal im Abstand von Wochen, manchmal von wenigen Tagen. Die meisten Infektionen wurden von der arabischen Halbinsel gemeldet. Alle anderen Fälle - etwa in Frankreich, Großbritannien oder Italien - stehen im Zusammenhang mit dem Mittleren Osten, vor allem Erkrankungen nach Reisen. Insgesamt wurden bereits weit über 150 Mers-Infektionen registriert, fast jeder zweite Patient starb. Drosten glaubt, dass diese Zahlen nur die Spitze des Eisbergs sind. „Statistiken schleichen einem Ereignis immer hinterher. Wir haben hier eine Fallstatistik, bei der wir uns eigentlich sicher sein können, dass sie nicht up to date ist.“ Mit dieser Annahme steht der Virologe nicht alleine da. So widmete sich etwa eine Arbeitsgruppe um Neil Ferguson vom Imperial College London der Frage, wie viele Mers-Infektionen es tatsächlich bislang gab. Die Forscher nehmen - auf der Basis von Berechnungen - an, dass bis zum August 2013 mindestens 62 Prozent der symptomatischen Fälle bei Menschen im Mittleren Osten unentdeckt geblieben sind. Dass Mers von Mensch zu Mensch übertragen werden kann, weiß man heute durch verschiedene Berichte. Einige Betroffene steckten sich etwa im Krankenhaus, andere am Arbeitsplatz an. Der Beantwortung der Frage, wie das Virus überhaupt zum Menschen gekommen ist, kommen die Wissenschaftler indes erst langsam immer näher. Coronaviren können sowohl in Vögeln als auch in Säugetieren vorkommen. Mehr und mehr Studien weisen darauf hin, dass Mers seinen Ursprung in Fledermäusen hat. Außerdem legen Untersuchungen nahe, dass das Virus von diesem Reservoir über den Zwischenwirt Kamel auf den Menschen gesprungen ist. Offen bleibe, ob der Erreger andauernd von einem Tier komme oder kontinuierlich von Mensch zu Mensch springe, sagt der Virologe Drosten. „Erst wenn das geklärt ist, können wir wirklich Entscheidungen treffen.“ Das Spektrum dieser zukünftigen Entscheidungen sei groß. Es reiche von Nichtstun - falls das Virus nicht mutiert und relativ harmlos bleibt - über Reiseauflagen und Impfungen für Menschen - falls das Virus aggressiv von Mensch zu Mensch übertragen wird - bis hin zu Impfungen für Tiere, falls das Virus ständig von Kamelen auf den Menschen
springt. Quelle: dpa |