Warum dürfen yeziden mittwochs nicht duschen

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Erstellt: 29.09.2011Aktualisiert: 10.07.2015, 11:12 Uhr

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Warum dürfen yeziden mittwochs nicht duschen

Dilan und Roshdar

Sulingen – „Klar haben wir unsere eigenen Traditionen, aber unsere Familien haben sich hier sehr gut eingelebt. Wir machen sogar manche christlichen Feste wie Weihnachten mit“, erzählt mir Dilan. Ich treffe das 17-jährige Mädchen zusammen mit dem 16-jährigen Roshdar im Domizil des jesidischen Vereins in Sulingen. Die beiden Jugendlichen sind Jesiden, leben aber seit ihrer Geburt in Deutschland – und sind voll integriert.

„Wir sind hier sehr gut angepasst“, sagt Roshdar. Aber was sind überhaupt Jesiden? Jesiden gehören zum Volk der Kurden, ihre Religion ist das Jesidentum. Weil es kein freies Kurdistan – also keinen Staat für die Kurden – gibt, leben die geschätzt 800.000 Jesiden auf der Welt verteilt.

Viele, so wie die Familien von Roshdar und Dilan, sind aus ihrer Heimat geflohen. Etwa 80.000 Jesiden gibt es in Deutschland. „Man muss unterscheiden zwischen kurdischen Moslems und kurdischen Jesiden. Wir Jesiden sind die Minderheit und werden von vielen Menschen in unserer Heimat nicht respektiert. Das ist hier anders, deshalb sind unsere Familien nach Deutschland gekommen. Hier fühlen wir uns wohl“, erklärt mir Roshdar, dessen Familie aus dem syrischen Teil des früheren Kurdistans stammt.

Dilans Verwandte kommen aus dem türkischen Teil. Dort leben heute nur noch knapp 240 Jesiden – und so gut wie keine Jugendlichen. „Und was macht das Jesidentum aus?“, will ich von den beiden Jugendlichen wissen. „Das ist eine monotheistische Religion. Wir glauben an einen allmächtigen Gott, der die Welt erschaffen hat“, erklärt mir Dilan. „Deshalb ist bei uns das Böse auch nicht vorhanden, es gibt keine zweite Macht neben Gott.“ Man wird als Jeside geboren, erzählen mir die beiden. Man kann also nicht konvertieren. Die wichtigste Figur ist „Tausi Melek“, eine Art Stellvertreter Gottes, der häufig als Pfau dargestellt wird. „Gott hat ihn selbst als den obersten von sieben Engeln auserwählt“, sagt Dilan. Traditionell gibt es, ähnlich wie im Christentum und in anderen Religionen, besondere Feste. Zum Beispiel den Fastenmonat. „Der geht immer von Anfang November bis Dezember. Da dürfen wir an drei Tagen in der Woche, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang nichts essen und nichts trinken. Wenn der Monat um ist, gibt es ein großes Fest, zu dem alle Jesiden eingeladen sind, das Zuckerfest“, berichtet Roshdar.

Außerdem feiern die Jesiden an einem Mittwoch im April immer den Tag, an dem Gott „Tausi Melek“ als obersten Engel erwählt hat. Und es gibt noch weitere typische Rituale der Jesiden, erzählen mir Roshdar und Dilan. Wichtig ist beispielsweise, dass jedem Kind zwischen dem siebten Lebensmonat und dem dritten Lebensjahr drei Locken abgeschnitten werden. „Die Haarbeschneidung“, meint Roshdar, „ist ein bisschen so wie bei Euch Christen die Taufe.“

Außerdem erfahre ich, dass Jesiden drei Mal am Tag beten – einmal morgens, einmal mittags und einmal abends. „Und wenn wir eine Sünde begangen haben, beten wir zu Gott um Vergebung“, ergänzt Roshdar. Im Gespräch mit den beiden wird schnell klar, dass sie ihre Religion sehr ernst nehmen. Das imponiert mir. Eine weitere interessante Eigenschaft des Jesidentums ist das Kastensystem, wie ich erfahre: Jesiden sind eingeteilt in die Kaste der „Sheik“, die der „Pir“ und die der „Murid“. Die „Sheik“ und die „Pir“ sind die Kasten der Geistlichen. Sie haben vor allem die Funktion, die Religion weiterzugeben. Außerdem gibt es Aufgaben, die nur sie übernehmen dürfen. So dürfen nur die Mitglieder der Kaste der „Sheik“ bei der Haarbeschneidung die Locken abtrennen.

Die dritte Gruppe umfasst die große Mehrheit der Jesiden. Die „Murid“ ist das allgemeine Volk und folgt den beiden anderen Kasten. Die Zugehörigkeit wird vererbt. „Wir respektieren uns aber alle untereinander und gehen mit allen gleich um. Ich gehöre zum Beispiel zur Kaste der ,Sheik‘ und Dilan zur ,Murid‘, trotzdem sind wir wie Bruder und Schwester“, betont Roshdar, dass das Kastensystem keine Hierarchie darstellt, sondern nur religiöse Funktionen festlegt.

„Gibt es denn auch etwas, das Ihr nicht dürft?“, frage ich. Schweinefleisch dürfen Jesiden nicht essen, erklären die beiden. „Und ein Jeside heiratet immer eine Jesidin. Das ist aber okay, denn es gibt bei uns keine Zwangsheirat oder sowas“, erläutert Roshdar. Und Dilan ergänzt: „Bei uns haben Mann und Frau die gleichen Rechte.“

Manche Deutsche sind fremden Religionen gegenüber eher skeptisch. Die beiden jungen Jesiden haben allerdings noch keine schlechten Erfahrungen gemacht: „Uns geht es wirklich gut. Wir werden respektiert und respektieren alle anderen. Die Jesiden, die einen deutschen Pass haben, dürfen auch wählen gehen. Deutschland ist ein nettes und freundschaftliches Land“, finden Roshdar und Dilan, die Deutschland als ihre Heimat bezeichnen und die deutsche Sprache perfekt beherrschen. Trotzdem ist es ihnen wichtig, dass ihre Kultur nicht verloren geht – und dafür ist auch der jesidische Verein in Sulingen da. „Wenn wir etwas wissen wollen, können wir immer in unseren Verein kommen“, das findet Dilan gut.

 Die beiden sind auch mit einigen deutschen Jugendlichen mit einer anderen Religion befreundet. Das einzige, was Roshdar und Dilan ein wenig stört, ist, dass die kurdische Kultur in Deutschland kaum erklärt wird. „Es wird immer nur von Christen und Muslimen gesprochen. Es wäre schön, wenn es auch mal Unterricht gäbe, in dem unsere Kultur erklärt wird, damit andere unseren Hintergrund auch verstehen können“, meint Roshdar. Ansonsten sind die beiden Jesiden mit ihrem Leben sehr zufrieden.

Dilan ist gerade im zweiten Jahr ihrer Ausbildung zur Arzthelferin, die ihr Spaß macht. „Vielleicht mache ich dann noch mein Abitur, damit ich studieren kann, aber erst mal will ich die Ausbildung fertigmachen.“ Roshdar geht noch zur Schule, möchte den erweiterten Realschulabschluss schaffen und danach zum Fachgymnasium gehen. „Dann würde ich gerne studieren und Wirtschaftsarchitekt werden.“ Aber egal, in welchem Beruf die beiden in einigen Jahren arbeiten – sicher ist, dass ihre Religion immer ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens bleiben wird.

Rafael Kaluza (18 Jahre) aus Neuenkirchen

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“ Doch noch immer gilt: Jesiden dürfen nur innerhalb ihrer Gemeinschaft heiraten und sogar nur innerhalb der drei Kasten des Jesidentums: der Scheichs, der Pirs und der Murids.