Was ist das für ein gefühl umarmt zu werden

Als Tiffany Watt Smith zum ersten Mal von einem Gefühl namens Amae hört, wird ihr plötzlich klar, dass sie sich oft so fühlt. Den Begriff Amae gibt es im Japanischen, er beschreibt das Behagen, das man empfindet, wenn man sein Wohlergehen komplett in die Hände eines anderen legt. Eine Freude am Umsorgtwerden. "Ein Gefühl", sagt Watt Smith, "das nicht leicht in Worte zu fassen ist, wenn man aus einer Gesellschaft kommt, in der so viel Wert auf Eigenständigkeit und Individualismus gelegt wird."

Watt Smith ist Historikerin. Sie arbeitet an der Queen-Mary-Universität in London. Eigentlich wollte sie eine Doktorarbeit schreiben über eine Theorie unter Emotionsforschern, nach der es einige wenige universelle Grundemotionen gibt - wie Liebe, Trauer, Wut oder Hass. Doch je länger sie forschte, desto mehr faszinierte sie stattdessen der Gedanke, wie viele verschiedene Gefühle es gibt. Sie stieß auf Hunderte Gefühle, in der Literatur, in fremden Sprachen, in Berichten von Ethnologen oder in medizinischen Dokumenten.

Deshalb hat sie eine Enzyklopädie der Gefühle geschrieben, die unter dem Titel "The Book of Emotions" auf Englisch erschienen ist. Im nächsten Jahr soll die deutsche Übersetzung kommen. 154 Einträge finden sich darin. Und wer sie liest, dem könnte es gehen wie Watt Smith, als sie das erste Mal von Amae gehört hat. Denn die Enzyklopädie ist voll von Gefühlen, die jeder kennt - ohne zu wissen, dass es irgendwo auf der Welt einen Namen dafür gibt. Hier sind 20 davon.

L'appel du vide

Beim Blick über ein Geländer wird man manchmal von einem Schwindel ergriffen, der nicht davon kommt, dass man Angst hat hinunterzufallen, sondern daher, dass man plötzlich den Impuls verspürt, in die Tiefe zu springen. Ein folgenloser Gedankenflirt mit der Gefahr, für den nur die Franzosen einen Ausdruck haben. Wörtlich übersetzt heißt dieses Gefühl "der Ruf der Leere". Das ist das Gefühl, das einen auf die Idee kommen lässt, während einer Autofahrt die Türen zu öffnen - und das die berühmte Glockenturmszene aus Alfred Hitchcocks Filmklassiker "Vertigo" so kraftvoll macht.

Awumbuk

Das indigene Volk der Baininger im Bismarck-Archipel von Papua-Neuguinea glaubt daran, dass abreisende Gäste eine Schwere im Haus ihrer Gastgeber zurücklassen, weil sie leicht reisen wollen. So erklären sie sich das Gefühl der bedrückenden Leere nach einem Besuch. Dieses Gefühl nennen sie Awumbuk. Dagegen helfen soll eine Schüssel mit Wasser, die über Nacht an die frische Luft gestellt wird.

Basorexia

Das plötzliche Verlangen, jemanden zu küssen. Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt sich der amerikanische Autor Charles Harrington Elster mit Sprache. Er moderierte über fünf Jahre hinweg eine wöchentliche Radiosendung zu dem Thema, arbeitete als Redakteur für Lexika und schreibt Bücher, die Erwachsenen helfen sollen, ihren Vokabelschatz zu vergrößern. Für ein Buch über selten gebrauchte Wörter durchforstete er in den Neunzigern Wörterbücher. Dabei entdeckte er diesen beinahe vergessenen Begriff, der es inzwischen auf Poster und Kissen geschafft hat.

Cyberchondria

Eine spezielle Form der Nervosität, die eintritt, nachdem man im Internet nach Krankheiten gegoogelt hat.

Dolce far niente

Julia Roberts hat diesen italienischen Ausdruck für die Freude am Nichtstun nach Hollywood gebracht. In dem Selbstfindungsfilm "Eat Pray Love" spielt sie eine geschiedene Frau mit Depressionen, die nach Rom reist. Dort hört sie bei einem Barbier zum ersten Mal davon, dass man sich Pausen nicht verdienen muss und dass Erholung kein Programm braucht.

Formal Feeling

Es gibt Dinge im Leben, die zu traurig sind für Trauer. Es sind die wirklich bedeutsamen Ereignisse, nach denen man auf eigentümliche Weise gar nichts zu fühlen scheint, obwohl man weiß, dass man traurig sein müsste oder wütend oder erleichtert. Als würde das Herz in Schockstarre verfallen. Für die Dichterin Emily Dickinson heißt diese Benommenheit Formal Feeling, das Gefühl innerlicher Steifheit.

Greng Jai

Thailändischer Ausdruck für das Zögern, ein Hilfsangebot anzunehmen, wegen der Umstände, die man einem anderen damit bereitet.

Homefullness

Selten benutzter englischer Ausdruck für das erleichternde, befriedigende, mobilisierende Gefühl, eine Reise zu Ende gebracht zu haben. Kann sowohl nach mehrtägigen Fußmärschen auftreten als auch auf dem Rückweg vom Supermarkt - meist genau in dem Moment, in dem man schwer an Plastiktüten tragend in seine eigene Straße einbiegt.

Ijirashii

1994 kam die Komödie "Cool Runnings" des Regisseurs Jon Turteltaub in Deutschland ins Kino, die Geschichte der ersten jamaikanischen Bobmannschaft, die es zu den Olympischen Winterspielen schafft. Weltweit spielte der Film ungefähr 155 Millionen Dollar ein, was auch an einem Gefühl liegen dürfte, das die Japaner Ijirashii nennen: die Rührung darüber, wenn jemand entgegen aller Wahrscheinlichkeiten ein Hindernis überwindet. Ijirashii lässt uns beim Sport für die Underdogs jubeln und Harry Potter lieben. Ijirashii lässt uns darauf hoffen, dass Obdachlose im Lotto gewinnen und Tellerwäscher zu Millionären werden.

Iktsuarpok

Das geschäftige Warten auf Besuch nennen die Inuit Iktsuarpok. Es lässt die Augen unruhig über das Eis wandern, die Ohren nach Motorengeräuschen suchen. Es macht zappelig und erwartungsvoll. Und in unseren Breiten ist es vielleicht der Grund für das unruhige Umhertragen von Mineralwasserflaschen und Blumenvasen, kurz bevor es an der Haustür klingeln muss.

Ilinx

Ein eigentümlicher Reiz geht von dem Gedanken aus, einen Papierstapel aus dem Fenster Richtung Bürgersteig flattern zu lassen. Oder im Supermarkt eine Konservendose aus der untersten Reihe einer Pyramide zu ziehen. Dem französischen Soziologen Roger Caillois nach äußert sich in diesem Zerstörungsübermut ein Gefühl, das er Ilinx nennt, nach dem altgriechischen Wort für Wirbel. Für Caillois war Ilinx das Gefühl sinnlicher Panik, das Gefühl, sich zu drehen und die Orientierung zu verlieren, als würde man Achterbahn fahren.

Malu

Manchmal trifft man diese Menschen, die selbstsicher sind, lustig und schön. Die den ganzen Tresen unterhalten und dabei wirklich Interessantes erzählen. Die so perfekt erscheinen, dass man sich selbst plötzlich weniger selbstsicher fühlt, weniger lustig und weniger schön. Dieses Gefühl ist verwandt mit der Scham, aber Schüchternheit trifft es so wenig wie Hingerissenheit oder Überwältigung oder Beklemmung. Malu heißt dieses Gefühl bei Mitgliedern einer Bevölkerungsgruppe in Indonesien. Sie spüren Malu immer dann, wenn sie jemandem mit einem höheren Status begegnen. Und dass die Mimose, die in ihren Tropenwäldern wächst, bei jeder Berührung die Blätter einzieht, liegt für sie daran, dass sie dieses Gefühl repräsentiert.

Matutolypea

Die schlechte Laune am Morgen. Mater Matuta ist die römische Göttin des Sonnenaufgangs. Lype ist der altgriechische Ausdruck für Depression. Von wem und wann aus diesen beiden Begriffen das Wort Matutolypea gemacht wurde, ist nicht bekannt.

Naches

Es ist nicht nur Liebe, die Eltern dazu bringt, selbst gemalte Krakelbilder an ihre Kühlschränke zu hängen. Und es ist nicht die Informationspflicht, die sie dazu bringt, von jedem noch so unbedeutenden Erfolg ihrer Kinder zu erzählen. Es ist Naches, der Stolz auf den eigenen Nachwuchs, für den es im Jiddischen ein eigenes Wort gibt.

Oime

Jeder Gefallen kommt mit dem Gefühl, ab sofort in jemandes Schuld zu stehen. Das Unwohlsein darüber heißt in Japan Oime.

Ringxiety

Die trügerische Überzeugung, das eigene Handy habe geklingelt. Für den Psychologen David Laramie, der den Begriff geprägt hat, das symptomatische Gefühl einer Gesellschaft, in der ständige Erreichbarkeit zum Normalzustand geworden ist.

Road Rage

Auf dem Highway 405 kam es in den Jahren 1987 und 1988 zu so vielen Schießereien zwischen Verkehrsteilnehmern, dass der kalifornische Fernsehsender KTLA in seinen Nachrichten ein neues Wort prägte. Seitdem ist immer dann von Road Rage die Rede, wenn diese besondere, hitzige Wut von Autofahrern beschrieben wird, die durch jede geklaute Parklücke und jedes zu lange Warten an einer Ampel ausgelöst werden kann.

Ruinenlust

Fast 223.000 Nutzern gefällt auf Facebook die Seite "Verlassene Orte in Deutschland", auf der Fotos verfallener Kraftwerke, unbewohnter Schlösser oder alter Sanatorien gepostet werden. Eine seltsame Faszination geht von verlassenen, alten Gebäuden aus. Im Englischen benutzt man ausgerechnet ein deutsches Wort, um dieses Gefühl zu beschreiben.

Song

Auf dem kleinen Pazifikatoll Ifalik lebt ein Volk, dem Gerechtigkeit so wichtig ist, dass faires Teilen ein elementarer Teil seines Wertesystems ist und die Wut über einen Verstoß dagegen einen eigenen Namen hat. Wer sich darüber ärgert, dass ein Fischer den größten Teil seines Fangs für sich selbst behält, fühlt sich song.

Technostress

Den Ärger, der aus Überforderung mit einem neuen technischen Gerät oder System entsteht, untersucht die Wissenschaft seit einigen Jahren unter dem Begriff Technostress. So haben beispielsweise in Österreich Wissenschaftler zusammen mit der Neurologieabteilung des Krankenhauses in Linz untersucht, welche emotionalen Auswirkungen ein Computerabsturz hat.

Wie fühlt es sich an jemanden zu umarmen?

Eine innige Umarmung spendet Geborgenheit Mit den Armen umfasst oder umschlingt man den anderen und drückt ihn an sich. Man spürt die Wärme, vielleicht sogar den Herzschlag – für den Moment der innigen Umarmung ist es, als ob sich die Herzen küssen und die Seelen berühren.

Warum möchte man jemand umarmen?

Oxytocin ist ein echtes Superhormon und stärkt uns und unsere Beziehungen, wenn wir uns umarmen, berühren oder Nähe erleben. Auch Endorphine – Glückshormone – werden durch angenehmen Körperkontakt und Umarmungen freigesetzt. Das baut Stresshormone ab und beruhigt mit der Zeit Atmung und Herzschlag.

Was fühlen Männer beim umarmen?

Die Empfehlung: 7 Sekunden umarmt bleiben. Auch wenn es Ihnen lang erscheint: Es bewirkt eine Menge, signalisiert ihm Geborgenheit und Liebe. Dieses Gefühl des Geliebt-Werdens und der Geborgenheit, die Frauen meist beim Kuscheln-danach verspüren, fühlen Männer beim Sex.

Was eine Umarmung verrät?

Ist sie eher flüchtig, schnell, hat euer Gegenüber vermutlich kein Interesse. Dauert sie ein wenig länger, ist sie herzlicher mit festerem Druck und legt er seine Hand sanft um euren Kopf, dann stehen die Chancen gut, dass da mehr geht als Freundschaft. Noch ein gutes Indiz: Viel Körperkontakt bei der Umarmung.