Was würde passieren wenn die EU zerbricht?

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Was würde passieren wenn die EU zerbricht?

Inflation bringt Euro ins Wanken: Ein Euro bald keinen Dollar mehr wert? Das sind die Folgen, wenn unsere Währung crasht

Hektische Sondersitzungen der Europäischen Zentralbank, eine entschlossene US-Notenbank – kein Zweifel: Die Inflation bringt derzeit den Euro unter die Räder, während der Dollar an Wert zulegt. Demnächst kostet ein Euro nur noch einen Dollar. Das schmerzt Touristen, aber andere könnte es sogar freuen.

Die Inflation zwingt die US-Notenbank die Zinsen so stark anzuheben, wie seit knapp drei Jahrzehnten nicht: Um 0,75 Prozentpunkte geht es laut Beschluss von Mittwochabend nach oben. US-Notenbank Präsident Jerome Powell machte zudem deutlich, dass im Juli eine weitere Zinsanhebung ansteht. Die Europäische Zentralbank dagegen ist vorsichtiger. Sie hielt zwar am Mittwoch eine außerordentliche Sitzung ab, weil auch sie der ausufernden Inflation Herr werden muss, sie aber gleichzeitig weiß, dass ihre angekündigten Trippelschritte in Richtung höherer Zinsen dazu nicht ausreichen.

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Sie steht vor dem Dilemma, dass sie entweder die Inflation nicht genügend eindämmt oder aber die Zinsen so stark anhebt, dass dies die bis über beide Ohren verschuldeten Südländer im Euroraum in die Pleite treiben würde. In den USA deutlich höhere Zinsen, in Europa deutlich niedrigere – die Folge dieser unterschiedlichen Notenbankpolitik ist, dass der Dollar an Wert gewinnt, während der Euro nachgibt. Die Parität naht – und noch mehr: „Wir gehen davon aus, dass der Euro unter die Parität zum Dollar fallen wird“, erwartet Robin Brooks, Chefvolkswirt des Internationalen Bankenverbands (IIF).

Inflation lässt Wert des Euro schmelzen

Das schmerzt die Deutschen. „Nicht alle Deutschen glauben an Gott“, wusste der frühere Präsident der Europäischen Kommission Jacques Delors, „aber alle an die Bundesbank.“ Dieser Glaube war einst eng verbunden mit der D-Mark. Sie galt im Gegensatz etwa zur italienischen Lira oder dem französischen Franc als „harte“ Währung. Die Deutschen, so meinte es Delors, erwarteten von ihrem Geld, dass es am besten stark, hart und schwer sei. Münzen dürften etwas wiegen und Scheine nicht so leicht zerknittern. Die D-Mark - das war so ein echter Batzen Geld. Dass sie deutlich heftiger schwankte, als es der Euro je tat, haben die meisten vergessen. Um so mehr trifft die Deutschen jetzt die ziemlich sichere Prophezeiung, dass ein Euro demnächst genauso viel wert sein wird wie ein Dollar oder sogar weniger. Sie sind in ihrem Selbstwertgefühl getroffen.

Nötig ist das allerdings nicht. Denn zunächst steht hinter der Entwicklung eben nichts weiter als eine unterschiedliche Notenbankpolitik. Die US-Zentralbank erhöht die Zinsen schneller und stärker als ihr europäisches Gegenüber. Und da Zinsen der Preis fürs Geld sind, steigt der Dollar. Das ist mit Ausnahme von Touristen, die eine Reise außerhalb der Euroländer planen und jetzt tiefer in die Tasche greifen müssen, für viele erst einmal gut. Denn dadurch werden Exportprodukte aus Europa im Ausland günstiger und damit attraktiver. Der Wirtschaft in Exportnationen wie Deutschland hilft das. Maschinen „Made in Germany“ werden in den USA billiger, und da der Maschinenbau eines der wichtigsten Exportzweige hierzulande ist, profitieren die Unternehmen dahinter vom schwachen Euro.

Produkte aus den USA werden teurer

Umgekehrt werden Produkte aus den USA teurer: Es trifft möglicherweise das iPhone, es trifft Nahrungsmittel wie Mais und Soja und es trifft die derzeit begehrten Energielieferungen. Unterm Strich allerdings dürfte der Nutzen eines schwachen Euro kurzfristig höher sein als der Schaden. Andere Nationen haben damit auch weniger Probleme: So ist der japanische Yen im Vergleich zum Dollar ebenfalls stark gesunken, ohne dass deswegen in Japan die Alarmsirenen heulen.

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Langfristig ist Achselzucken allerdings fehl am Platz. Denn hinter der Entscheidung der Notenbanken stehen eben verschiedene Inflationsszenarien – und das ist weniger gut. Die USA werden mit kräftigen Zinserhöhungen die Inflation schneller beherrschen als die Europäer, die gerade erst mit einer Erhöhung von 0,25 Prozent beim Zins anfangen wollen.

Rezession wird andauern: Unterschiedlichen Volkswirtschaften und Krieg in Europa

Hinter diesen unterschiedlichen Strategien stecken wiederum Einschätzungen – und die sind am Ende gar nicht gut: Die USA gehen davon aus, dass sie eine Rezession, wie sie auf Zinserhöhungen meistens folgt, schnell überwinden. Die Europäer befürchten, dass es länger dauert, weil die Lage in den unterschiedlichen Volkswirtschaften der Eurozone vertrackt und der Krieg in Europa vernichtend ist. Deswegen sind sie mit Zinsschritten so vorsichtig.

Fazit: Ein fallender Euro hilft der Wirtschaft im Euroraum. Die Gründe dafür sind Anlass, sich ein paar Gedanken mehr zu machen. Gerade in Krisenzeiten flüchten Anleger verstärkt in den Dollar. Insofern spiegelt der starke Dollar auch die Konjunktursorgen wider, die in der pandemie- und kriegsgeplagten Welt herrschen.

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Der Beitrag "Ein Euro bald keinen Dollar mehr wert? Das sind die Folgen, wenn unsere Währung crasht" stammt von WirtschaftsKurier.

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