Wer hat den brief von alice schwarzer unterschrieben

Die Feministin Alice Schwarzer hat Kritik an dem Offenen Brief zurückgewiesen, mit dem sie und andere Prominente vor einem Dritten Weltkrieg infolge der Waffenhilfe für die Ukraine warnen. Wenn Deutschland Angriffswaffen an die Ukraine liefere, „müssen wir uns die Frage stellen, ob wir damit nicht das Drama eskalieren“, sagte Schwarzer am Montag im Deutschlandfunk. Die Gefahr, in einen Dritten Weltkrieg zu geraten, sei real. „Wir sind an einem Punkt angekommen (...), in dem Deutschland – und ganz Westeuropa – riskiert, Kriegspartei zu werden.“

„Wir fragen uns, wie zwingend die weitere Zerstörung der Ukraine und die Tausenden von Toten sind“, sagte Schwarzer. Sie verwies dabei auch auf Umfragen zu Waffenlieferungen, die zeigten, dass etwa die Hälfte der Deutschen gegen die Lieferung weiterer Waffen sei. Darüber müsse man diskutieren.

„Wir sitzen hier auf dem Balkon und gucken unten ins Schlachtfeld“

Die 28 „sehr unterschiedlichen“ Unterzeichner des Offenen Briefes setzten auf intensivere Verhandlungen, um den Ukrainekrieg zu beenden – mit einer nicht-militärischen Lösung, sagte Schwarzer. Es gehe darum, den hohen Preis für die Ukrainerinnen und Ukrainer klein zu halten. „Wir sitzen hier auf dem Balkon und gucken unten ins Schlachtfeld. Wir sterben nicht.“

Die Feministin hatte bereits am Sonntag in der Bild-Talksendung „Die richtigen Fragen“ gewarnt: „Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich ernsthaft von der Gefahr eines neuen Weltkriegs überzeugt.“ Zwar sei Hilfe für die Ukrainer bei der Selbstverteidigung richtig, doch gehe es „um die sehr schwierige Grenzziehung zwischen Unterstützung zur Verteidigung und Lieferung von Waffen, die von Herrn Putin als Angriffswaffen verstanden werden können“.

Schwarzer und andere Prominente wie der Schriftsteller Martin Walser hatten in dem am Freitag veröffentlichten Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz appelliert, weder direkt noch indirekt schweren Waffen an die Ukraine zu liefern, um dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kein Motiv für eine Ausweitung des Krieges auf die NATO-Staaten zu geben. Vielmehr möge Scholz alles dazu beitragen „dass es so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand kommen kann; zu einem Kompromiss, den beide Seiten akzeptieren können.“ Bis Montagmorgen wurde der Brief von rund 140.000 Menschen digital unterzeichnet.

Wenn die russische Führung die Gefahr eines mit Atomwaffen geführten Konfliktes als sehr konkret bezeichne, „dann müssen wir das einfach ernst nehmen und sehr genau abwägen“, sagte Schwarzer in der Talksendung. Zugleich dürfe man die „bewundernswerten“ militärischen Erfolge der Ukraine bei der Verteidigung gegen Putins Truppen nicht überbewerten: „Solche punktuellen Siege sind eines. Die zweite Atommacht der Welt gesamt in die Knie zu zwingen, ist etwas anderes.“

Brief stößt weiter auf Unverständnis

Nach der Veröffentlichung des Briefes war rasch breite Kritik daran laut geworden. So sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann in einem Interview der „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“: „Wo sollen ,Kompromisse' sein, wenn Putin völkerrechtswidrig ein freies europäisches Land überfällt, Städte dem Erdboden gleichgemacht, Zivilisten ermordet werden und Vergewaltigung systematisch als Waffe gegen Frauen eingesetzt wird?“

Ministerpräsident Kretschmann kritisiert den offenen Brief in der "Emma". Er selbst bereut, sich nicht früher öffentlich für Waffenlieferungen ausgesprochen zu haben.

Für den offenen Brief von deutschen Intellektuellen und Kulturschaffenden an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wenig Verständnis. Ihre Argumentation sei "arg platt", sagte Kretschmann im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Dafür, dass es Intellektuelle unterschrieben haben, hätten sie sich schon ein bisschen mehr anstrengen können."

Warnung vor drittem Weltkrieg

In dem Brief in der "Emma" warnen 28 Prominente und Intellektuelle Kanzler Scholz vor einem dritten Weltkrieg und sprechen sich deshalb gegen die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine aus. Denn das könne Putin als Vorwand nehmen, um NATO-Staaten in den Krieg hineinzuziehen. Unterzeichnet haben den Brief unter anderem Alice Schwarzer, Martin Walser und Reinhard Mey.

Man könne Putin nicht mit rationalen Argumenten oder Zurückhaltung bei Waffenlieferungen beeinflussen, sagte Kretschmann der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Grundsätzlich finde er es aber gut, dass sich Intellektuelle in politische Debatten einmischen. "Das sollten sie ruhig öfter tun. Aber es wäre schön, wenn sie das auch individuell machen würden und nicht immer nur hinter einem großen Berg von Unterschriften."

Kretschmann bereut Schweigen

Kretschmann sagte weiter, er bereue es sehr, sich nicht früher öffentlich für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen zu haben. Er habe bereits im vergangenen Sommer die Forderung von Grünen-Chef Robert Habeck nach Waffenlieferungen an die Ukraine unterstützt, aber in der Öffentlichkeit geschwiegen. "In diesem Fall dachte ich, als Landespolitiker muss ich mich in außenpolitische Debatten nicht einmischen. Dieses Schweigen kann ich mir nicht verzeihen."

Schon damals habe man gewusst, was Putin in Grosny, in Aleppo oder auf der Krim getrieben habe. Trotzdem sei Habeck für seine Forderung nach Waffenlieferungen in seiner eigenen Partei scharf angegangen worden. "Da zeigte sich die verlogene Seite des Pazifismus", so Kretschmann.

Lob für Bundesregierung

Gleichzeitig sprach er sich für eine abwägende Ukraine-Politik aus. Deutschland dürfe nicht Kriegspartei werden. Die Bundesregierung agiere deshalb "im Großen und Ganzen richtig" und im Gleichschritt mit den europäischen Nachbarn und der NATO.