Ab Wann ist eine Insel ein Kontinent

Was ist eigentlich eine Insel? Die Fachwelt streitet darüber. Nur eines steht fest: Inseln sind ein ganz besonderer Lebensraum mit eigenen Gesetzen.

8 Min.

Permalink: https://www.faz.net/-gx6-8vso7

Weitersagen abbrechen

Borkum ist nicht Neuseeland. Nicht so groß, nicht so schön, nicht ganz so artenreich. Man kommt nur schneller hin. Eines ist Borkum jedoch ganz sicher: eine Insel. Sie ist allseitig von Wasser umgeben, wird nicht bei jeder Flut von Wasser überschwemmt und ist Heimat eigener Pflanzen und Tiere. Neuseeland erfüllt diese Kriterien zwar ebenfalls, ob das Land am anderen Ende der Erde aber wirklich einen Inselcharakter hat, da ist sich die Fachwelt nicht mehr sicher. Drei Wochen ist es her, dass Geologen daran Zweifel anmeldeten.

Ab Wann ist eine Insel ein Kontinent

Bild: dpa

Die Neuseeländer haben die Nachricht zunächst gelassen entgegengenommen. Das entspricht zwar ganz ihrem Naturell, ist vielleicht aber auch der Tatsache geschuldet, dass die Menschen dort derzeit ein ganz anderes Problem beklagen. Der Dachverband der Wandervereine moniert überfüllte Wanderrouten und Berghütten. Straßen, Parkplätze und Campingplätze ächzen unter dem Ansturm der Besucher, heißt es. Jeder fünfte Neuseeländer glaubt mittlerweile, dass sein Land zu viele Touristen anzieht, Insel her oder hin. Ob sich das noch verschlimmert, wenn sich der Hintergrund der geologischen Neubewertung herumspricht? Denn wenn Neuseeland keine Insel mehr sein soll, auch keine Inselgruppe, bestehend aus Nordinsel und Südinsel, dann deswegen, weil es ein eigener Kontinent ist.

Neuseeland ist kein abgebrochenes Stück Australien

Zealandia wird der siebte Kontinent wohl heißen, falls der internationale Geologenkongress der Hypothese folgt. Den Namen schlug ein amerikanischer Erdwissenschaftler bereits vor 22 Jahren vor, denn spekuliert wird über die Existenz Zealandias schon lange. Was damals jedoch fehlte, waren eindeutige Beweise.

Dass die so lange ausblieben, liegt am Untersuchungsgebiet selbst: 94 Prozent des neuen Kontinents liegen unter dem Meeresspiegel. Die neuen Vermessungen, die neuseeländische und neukaledonische Forscher im Geologen-Magazin GSA Today nun vorgelegt haben, zeigen, dass sich in einem großen Ring um das Land ein Plateau von etwa einem Kilometer Höhe auf dem Grund des Pazifiks erhebt, das aus kontinentalen Gesteinen besteht: der Festlandsockel Zealandias, ein Schelf mit einer Fläche von der Hälfte Australiens. Dieser lag noch zur Kreidezeit oberhalb des Meeresspiegels und soll sogar stolze fünf Prozent des Superkontinents Pangäa ausgemacht haben. Die Heimat der Kiwis und Kakapos ist demnach die Spitze eines eigenen, wenn auch nahezu vollständig untergegangenen Erdteils – und kein abgebrochener Splitter Australiens, wie man lange dachte.

Das Ganze ist durchaus mehr als plattentektonische Pedanterie oder Detailwissen, um damit bei Quizsendungen zu punkten. Was eine Insel ist und was nicht, ist in der Fachwelt stark umstritten. Geologen unterscheiden zunächst nur zwei Kategorien: ozeanische und kontinentale Inseln, deren Entstehung und Aufbau jeweils völlig verschieden ist. Kontinentale Inseln sind Teile eines Kontinents, deren Verbindung zum Festland unter dem Meeresspiegel liegt. Sie stehen also auf dem breiten Festlandsockel ihres Kontinents, dem sogenannten Schelf. Auf dem Höhepunkt der jüngsten Eiszeit, als der Meeresspiegel bis zu 130 Meter niedriger lag als heute, waren Hunderte heutiger Inseln mit ihrem Kontinent verbunden, darunter etwa die Britischen Inseln mit Mitteleuropa.

Artikel auf einer Seite lesen

  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • Nächste Seite

Zur Startseite

Permalink: https://www.faz.net/-gx6-8vso7

Weitersagen abbrechen

Ab Wann ist eine Insel ein Kontinent

Diskussion um Testpflicht : Corona-Sorgenkind China

Während immer mehr Länder Reisende aus China bei der Einreise testen, kämpft Schanghai mit einer neuerlichen Corona-Welle. 70 Prozent der Stadtbewohner sollen infiziert sein, vor den Krematorien bilden sich lange Schlangen.

  • Anna Schiller und Sara Wagener
  • Veröffentlicht/Aktualisiert: vor 59 Minuten
  • Kommentare: 5 , Empfehlungen: 5

Ab Wann ist eine Insel ein Kontinent

Strafanzeige gegen Houellebecq : Eine Äußerung von erstaunlicher Brutalität

In einem Interview hatte der französische Schriftsteller Michel Houellebecq zum Widerstand gegen die Islamisierung seines Landes aufgerufen. Dafür ist er jetzt angezeigt worden: vom wichtigsten Vertreter des Islams in Frankreich.

Wann ist eine Insel ein Kontinent?

Das gilt auch für Kontinente. Der Begriff Kontinent (lat. contintents = zusammenhängendes Land) bezeichnet große Landmassen auf den Kontinentalplatten. Auch angrenzende Meeresregionen, die Schelfbereiche bis 200 Meter Meerestiefe, werden zum jeweiligen Kontinent dazu gerechnet, inklusive der dortigen Inseln.

Wann spricht man von einer Insel?

Eine Insel ist eine in einem Meer oder Binnengewässer liegende, auch bei Hochwasser über den Wasserspiegel hinausragende Landmasse, die vollständig von Wasser umgeben, jedoch kein Kontinent ist.

Warum ist Grönland eine Insel und kein Kontinent?

Grönland ist geologisch gesehen ein Teil von Nordamerika; es gibt keine "grönländische" Platte. Insofern besteht also ein qualitativer Unterschied.

Welches ist die größte Insel das kein Kontinent ist?

Grönland ist in der Tat – flächenmäßig – die größte Insel der Welt, die keinen eigenen Kontinent bildet. Die Gesamtfläche Grönlands beträgt 2,16 Millionen Quadratkilometer und umfasst weitere Inseln vor der Küste. Beinahe 80 Prozent des Landes sind von einer Eiskappe bedeckt.