Kompressionsstrümpfe Klasse 1 und 2 Unterschied

Viele Namen für ein und dasselbe? Oder verbergen sich hinter den unterschiedlichen Ausdrücken auch verschiedene Wirkungen? Der eine sagt Thrombosestrümpfe, der andere Stützstrümpfe und wieder andere Kompressionsstrümpfe. Im allgemeinen Sprachgebrauch oft synonym verwandt, haben alle diese Strümpfe eine Gemeinsamkeit: den Blutrückfluss aus den Beinen zum Herzen hin zu unterstützen. In Anwendung und Wirkung bestehen jedoch deutliche Unterschiede.

Stützstrümpfe bewirken eine leichte Kompression

Der größte Unterschied zu medizinischen Kompressionsstrümpfen besteht darin, dass Stützstrümpfe für Menschen mit gesunden Venen gedacht sind. Sie bewirken eine leichte Kompression der Beine. So kann schweren und müden Beinen bei längeren Phasen des Stehens oder Sitzens vorgebeugt werden. Auch Reisende profitieren bei längerem Sitzen zum Beispiel im Flugzeug oder Auto von Stützstrümpfen mit einer schwachen Kompressionswirkung. Stützstrümpfe ersetzen jedoch niemals medizinische Kompressionsstrümpfe.

Medizinische Kompressionsstrümpfe haben einen definierten Druckverlauf

Wer an einer Erkrankung der Venen oder Lymphbahnen leidet, trägt zur Behandlung medizinische Kompressionsstrümpfe. Zu diesen Erkrankungen gehören zum Beispiel Krampfadern, Thrombosen, Lymphödeme und Venenentzündungen. Medizinische Kompressionsstrümpfe bestehen aus elastischem Gewebe in vier verschiedenen Kompressionsklassen mit entsprechend zunehmender Druckstärke. Sie weisen immer einen definierten Druckverlauf entlang des Beins auf. Kompressionsstrümpfe mit leichter bis mittlerer Kompressionsklasse empfehlen sich auch zum präventiven Tragen.

Um die bestmögliche Wirkung einer Behandlung mit Kompressionsstrümpfen zu gewährleisten, sollten Patienten ihren Hausarzt aufsuchen und sich beim Verdacht einer Venenerkrankung zum Facharzt überweisen lassen. Anschließend kann man sich im Sanitätsfachhandel versorgen lassen.

Sie sind auf der Suche nach einem kompetenten Sanitätshaus, dass sie mit Kompressionsstrümpfen versorgt?

Unsere Experten in unseren Filialen stehen Ihnen für eine ausführliche Beratung zur Verfügung. Unsere Standorte finden Sie hier.

Kompressionsstrümpfe Klasse 1 und 2 Unterschied
Schnelle und exakte Messtechnik für eine hohe Passgenauigkeit für Kompressionsstrümpfe und Bandagen

Für die Versorgung mit Stützstrümpfen im Bereich Rundstrick können wir ihnen in einer Vielzahl unserer Filialen den Service anbieten, Sie mit dem Bodytronic® 610 von Bauerfeind digital und berührungslos zu vermessen. Der Bodytronic ® bietet die Messtechnik der nächsten Generation: Hohe Passgenauigkeit für Ihr Hilfsmittel. Mehr erfahren Sie hier.

Sowohl in der Phlebologie als auch in der Lymphologie gilt die Kompression als elementare Säule der Therapie. Bei Patienten hält sich die Begeisterung für Kompressionsstrümpfe oftmals in Grenzen. Für einen erfolgreichen Therapieverlauf ist die Compliance der Patienten jedoch entscheidend und steht in direktem Zusammenhang mit der Passform und dem Material der Strümpfe.


Fakten

Medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS) werden in verschiedene Kompressionsklassen eingeteilt, die den Andruck des Strumpfes am maximalen Druckpunkt (Fesselbereich) definieren (Tab. 1). Der Druckverlauf ist von distal nach proximal abnehmend.

Tab. 1: Kompressionsklassen (Quelle: Gütesicherung RAL-GZ 387/1)

Kompressionsklasse

Kompressions­intensität

Kompression in kPa
(1 kPa = 7,5 mmHg)

Kompression in mmHg
(1 mmHg = 0,133 kPa)

1

leicht

2,4 bis 2,8

18 bis 21

2

mittel

3,1 bis 4,3

23 bis 32

3

kräftig

4,5 bis 6,1

34 bis 46

4

sehr kräftig

6,5 und größer

49 und größer

Alle MKS, die in das Hilfsmittelverzeichnis (Produktgruppe 17) aufgenommen werden, unterliegen festgelegten Qualitätskriterien im Bereich Druckverhalten, Material sowie Haltbarkeit und müssen die Anforderungen der RAL-Gütesicherung erfüllen.

Gütezeichen RAL

Das Gütezeichen RAL legt verbindliche Richtlinien zur Herstellung von medizinischen Kompressionsstrümpfen fest
wie z. B.:

  • Materialbeschaffenheit (human-ökologisch unbedenklich)
  • regelmäßige Kontrollen, z. B. beim Forschungsinstitut Hohenstein,
  • elastische Eigenschaften in Längs- und Querrichtung,
  • Kompressionsklasse (KKL) 1–4,
  • Herstellung von Maß- und Serien­produkten.

Kompressionstrümpfe/-hosen können als Hilfsmittel verordnet werden und belasten nicht das Arznei- und Heilmittelbudget des Arztes.

Kompression ist nicht gleich Kompression

Aufgrund unterschiedlicher Stricktechnik (Tab. 2) unterscheidet man

  • rundgestrickte MKS
  • flachgestrickte MKS

Rundgestrickte MKS werden mit einer definierten Anzahl an Maschen, die sich nach dem Fesselumfang richtet, auf einem Nadelzylinder gestrickt. Die Umfangszunahme erfolgt durch lockere Maschen bzw. Anpassung der Maschengröße und Fadenvordehnung/-spannung. Die Maschenzahl bleibt dabei immer gleich. Rundgestrickte MKS sind nahtlos und werden aus dünnen hochelastischen Materialien (Polyamid und Elasthan) gefertigt.

Bei den meisten venösen Erkrankungen und homogener Beinform ist die Versorgung mit rundgestrickten MKS ausreichend. Bei dieser Stricktechnik lassen sich außergewöhnliche Beinformen und große Kalibersprünge in den Umfangmaßen nicht umsetzen.

Indikationen für rundgestrickte MKS

  • Varikose
  • tiefe Beinvenenthrombose
  • Thrombophlebitis
  • chronische Veneninsuffizienz (CVI)
  • postthrombotisches Syndrom
  • Schwangerschaftsödem

Flachgestrickte MKS werden auf einem Nadelbett gefertigt, und somit können bei jeder Strickreihe Maschen zu- oder abgenommen werden. Das gefertigte Strickteil wird mit einer hinten verlaufenden Naht zu einem Strumpf geschlossen. Die festeren Materialien und die gröbere Stricktechnik verhindert das Zusammenrutschen in den Gelenkbereichen sowie Einschnüren in Hautfalten und weichen Gewebeanteilen. Diese Technik ermöglicht eine individuelle Umsetzung von Umfangs- und Längenmaßen sowie schräg verlaufende Abschlüsse, wie sie bei Bestrumpfungen zur Therapie von Lymphödemen notwendig sind.

Indikationen für flachgestrickte MKS

  • Lymphödem
  • Lipödem und seine Kombinations­formen
  • phlebostatische Ödeme
  • CVI mit Kalibersprüngen der Extremität
  • adipositasassoziierte Lymphödeme
Tab. 2: Technische Unterscheidungsmerkmale von medizinischen Kompressionsstrümpfen (Quelle: Dr. K. Schrader)

Flachstrick

Rundstrick

Formgebung

Maschenzahl

Vordehnung

Ruhedruck

gering

hoch

Arbeitsdruck

hoch

gering

Passform

exakt

weniger genau

Druckgradient

gleichmäßig

unsicher

Dehnbarkeit

ca. 70 % kurzzügig

ca. 140 % langzügig

Kompressionsstrümpfe Klasse 1 und 2 Unterschied
Abb. 1: Static Stiffness Index (SSI) = Unterschied zwischen dem Druck unter einem Kompressionsverband im Liegen und im Stehen; Kurzzugbinden erzeugen einen höheren SSI als Langzugbinden. Je höher der SSI, desto stärker ist die Kompressionswirkung beim Laufen.


Stiffness

Durch die unterschiedliche Stricktechnik und Materialzusammensetzung unterscheiden sich rund- und flachgestrickte MKS in ihrem Dehnungsverhalten.

Rundgestrickte MKS sind in ihrer Wirkung mit Langzugbinden vergleichbar, flachgestrickte MKS haben einen hohen Arbeitsdruck und dabei einen geringen Ruhedruck und wirken wie Kurzzugbinden.

Die Materialsteifigkeit (Stiffness) beschreibt die Fähigkeit der Kompression, bei sich kontrahierender Muskulatur (Bewegung) als festes Widerlager zu wirken. Die Stiffness ergibt sich aus dem Druck der Kompression auf das Gewebe im Liegen und der Differenz zu dem Druck auf die Haut/das Bein im Stehen. Dieser Wert ist bei sehr elastischen Materialien gering. Je weniger das Material unter Muskelanspannung nachgibt, umso höher ist die Stiffness der Kompression (Abb. 1).

Kompressionsstrümpfe Klasse 1 und 2 Unterschied
Abb. 2: Addipositasassoziiertes Lymph­ödem mit CVI. Flachstrick notwendig.

Therapeutische Ziele

Die therapeutischen Ziele der Kompressionsbehandlung in der Phlebologie sind die Kompensation der in ihrer Funktion gestörten Venenabschnitte und die Verhinderung der Entstehung oder des Fortschreitens einer chronischen venösen Insuffizienz.

In der Lymphologie ist die Kompressionstherapie eine wesentliche Säule bei der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE). Das Zielgebiet der Kompression ist bei Phlebologie und Lymphologie unterschiedlich.

Laut der 2017 aktualisierten S2k-Leitlinie „Diagnose und Therapie der Lymph­ödeme“ (AWMF Reg.-Nr. 058-001) „[…]sollen die Patienten in der Phase II der KPE (Erhaltungsphase) nach Maß angefertigte, flachgestrickte medizinische Kompressionsstrümpfe tragen [...]“. Da bei Lymphödemen das Zielgebiet der Kompressionstherapie epifaszial ist, kommen Kompressionsmaterialien mit hohem Arbeitsdruck und niedrigem Ruhedruck zum Einsatz, deren Wirkweise in Kombination mit Bewegung besonders effektiv ist.

Entscheidung im Praxisalltag

Kompressionsstrümpfe Klasse 1 und 2 Unterschied
Abb. 3: Lip-Lymphödem. Flachstrick erforderlich als kombinierte Versorgung AD KKL 2 und Legging KKL 2.

Durch den demographischen Wandel spielen Komorbiditäten eine immer wichtigere Rolle; oft lassen sich Krankheitsbilder nicht eindeutig abgrenzen, und manchmal müssen Kompromisse gefunden werden. Die Auswahl des geeigneten Materials, der Kompressionsklasse sowie der Strumpfkonzeption gestalten sich bei kardiovaskulären Erkrankungen, Diabetes mellitus, eingeschränkter Mobilität oder Arthrose oft schwierig.

Zunehmende Adipositas, adipositas­assoziierte Lymphödeme und Lip- Lymph­ödeme erfordern in der Kompressionstherapie Lösungen, die für Patienten praktikabel und alltagstauglich sind.

Kompressionsstrümpfe Klasse 1 und 2 Unterschied
Abb. 4: Patientin mit Lip-Lymph­ödem. Flachstrick-­Versorgung mit Radlerhose KKL 2 mit AG KKL 2 (rechts).

Mehrteilige Kompressionsversorgungen, bestehend aus Radlerhose und Schenkelstrümpfen oder Leggings und Kniestrümpfen, sind für viele Betroffene eine gute Lösung, bei der die Druckklassen und Materialien variiert werden können. Flachgestrickte Kompressionsversorgungen garantieren bei weichen, sackartigen Gewebedeformitäten und tiefen Hautfalten einen stabilen Wandeffekt und bieten Möglichkeiten zur Individualisierung bei besonderer Problemstellung (z. B. Pelotten, Druckpolster).

Ein interprofessioneller Austausch zwischen Arzt, Therapeut und Sanitätshaus optimiert die Prozesse und gewährleistet die optimale Kompressionsversorgung und damit eine erfolgreiche Therapie. Für jede Versorgung wird der Patient individuell vermessen, hierfür ist eine besondere Qualifikation notwendig. Außerdem erfordert das Ausmessen von flachgestrickten Kompressionsstrümpfen viel Erfahrung und exzellente Materialkenntnisse. Bei der Anprobe bzw. Abholung wird der Patient in die Anziehtechnik und das Handling eingewiesen. In vielen Fällen sind Anziehhilfen hilfreich, wie zum Beispiel bei eingeschränkter Mobilität. Anziehhilfen sind verordnungsfähige Hilfsmittel.

Kompressionsstrümpfe Klasse 1 und 2 Unterschied

Christine Hemmann-Moll
Bandagisten-Meisterin, Betriebswirt (HWK), Coach (IHK, EASC)
Buchenstraße 34, 74906 Bad Rappenau
E-Mail:

Wann Kompressionsstrümpfe Klasse 2?

Strümpfe der Klasse 2 können bei fast allen venösen und lymphatischen Erkrankungen eingesetzt werden. Dazu zählen: Krampfadern, Besenreiser. CVI (chronische venöse Insuffizienz)

Wann Kompressionsklasse 1?

Die Kompressionsklasse beschreibt den Druck eines Kompressionsstrumpfes im Fesselbereich. Dabei werden Kompressionsstrümpfe in vier Kompressionsklassen (Kkl.) eingeteilt, deren Kompressionsdruck exakt vorgegeben ist: von Kkl. I mit leichtem Druck bis Kompressionsklasse IV mit sehr kräftigem Druck.

Sind Kompressionsstrümpfe Klasse 1 Verordnungsfähig?

Kompressionsklasse. Die Wahl der Kompressionsklasse liegt im ärztlichen Ermessen. Dies gilt auch für die Kompressionsklasse 1, wenn damit das medizinische Ziel, also eine Besserung des klinischen Befundes erreicht werden kann. Die Kompressionsklasse 1 ist ebenfalls verordnungs- und erstattungsfähig.

Was ist ein Kompressionsstrumpf Klasse 2?

Kompressionsstrümpfe in Klasse 2 wurden nach den neuesten Erkenntnissen in der Textil- und Medizinalindustrie hergestellt. Die Strümpfe enthalten biologische Fiber (getestet nach Öko-Tex Standard 100), die zu einer verbesserte Lebensqualität und ein verbessertes Wohlbefinden beitragen.