Ohne private Initiativen wäre der Staat bei der Kinderbetreuung aufgeschmissen. Doch was geschieht, wenn Kitas wie Firmen geführt werden - wollen die Gründer vor allem Kasse machen? Show
Der kleine Sönke freut sich. Der Zweijährige betritt seine Kinderkrippe, ruft "Tschüs, Mama!" und beißt in ein belegtes Brot. Die Mutter ist froh, dass er gut untergebracht ist. Bestreikt wird Sönkes Krippe nicht, sie ist ein privater Betrieb. Solche Anbieter spielen bislang keine große Rolle bei der Kinderbetreuung. Ihr Anteil lag 2008 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes nur bei 1,4 Prozent. Detailansicht öffnenBetreuung im Kindergarten: Ohne Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Elterninitiativen wäre der Staat bei der Betreuung des Nachwuchses aufgeschmissen. (Foto: Foto: ddp)Ein Blick in die Statistik zeigt: Ohne Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Elterninitiativen wäre der Staat bei der Betreuung des Nachwuchses aufgeschmissen. So lag der Anteil der öffentlichen Träger lediglich bei 34,5 Prozent. Den Rest stellten freie Träger; dazu gehören die Kirchen (36,2 Prozent), andere Wohlfahrtsverbände mit 15,5 Prozent sowie Elterninitiativen mit mehr als zwölf Prozent sowie private Firmen. 3000 Euro pro KindDie Politiker wollen mehr Plätze für die ganz Kleinen schaffen. Allein kann der Staat das aber nicht schaffen. Er ist auf die Hilfe von Kirchen, Initiativen und privaten Unternehmen angewiesen. Das Bundesland Bayern ist bereits vorgeprescht bei der Förderung der privaten Kinderbetreuung. Mittlerweile hat auch der Bund nachgezogen. Das verwundert nicht. Wer die Kinderbetreuung ausbauen möchte, muss viel investieren. Die Zahlungsbereitschaft variiert von Bundesland zu Bundesland. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2008 liegt die Spanne zwischen 1000 und 3000 Euro pro Kind unter zehn Jahren. So geben Schleswig-Holstein und Niedersachsen nur 37 Prozent der Summe aus, die Berlin für die Bildung und Betreuung der Kinder aufwendet. Doch was geschieht, wenn Kindergärten privatisiert werden? Einige Experten sorgen sich: "Scheinbar perfekte Kitas, im Extremfall mit Fingerabdruck-Kontrolle an der Tür", beschreibt Claudia Thiele vom Verein Kleinkindertagesstätten ihre Schreckensvision. Erzieherinnen, die je nach Bedarf eingesetzt würden, so dass gar keine Beziehung zum Nachwuchs aufkommen könne. "Der Gewinn und nicht die Kinder sind dann wichtig", warnt sie. Volle WartelisteDie Angst könnte begründet sein. So ging im vergangenen Jahr der Kita-Konzern ABC Learning in Australien pleite. 120.000 Kinder und 16.000 Beschäftigte waren betroffen. Die Kritik am Unternehmen war groß. Die Beiträge hatten sich extrem verteuert, die Betreuung schien zweitrangig zu sein. Der Gründer wolle vor allem Kasse machen, schimpften manche. Doch einen Kita-Großunternehmer und eine kleine private Einrichtung trennen Welten. Das zeigt zumindest das Beispiel des Ehepaars Häring aus München. Vor dreizehn Jahren eröffneten Günther Häring und seine Frau Balbina die Kinderkrippe, die der zweijährige Sönke besucht. Drei Erzieherinnen - unter anderem die eigene Tochter - wurden damals eingestellt. Dann ging man auf die Suche nach Kindern. Die Vorbehalte waren groß. "Ob wir die Kinder auf den Schoß nehmen, haben die Leute damals gefragt", erzählt Balbina Häring. Mittlerweile ist die Einrichtung etabliert und die Warteliste voll. Die Härings haben sechs Angestellte und betreuen 20 Kinder. Seit ungefähr einem Jahr wird die Krippe von der Stadt gefördert. "Dafür haben wir viele Jahre gekämpft." Auf der nächsten Seite: Kleine Reparaturen im Haus, Einstellungen von Personal, die Verwaltung der Finanzen - alles Elternarbeit. Ein Fehler, sagt Gewerkschafterin Flitner. «Das sind oft Massnahmen, die zulasten des Personals gehen.» Statt mehr Angebote für Eltern fordert der VPOD den Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrags für die ganze Branche – mit verbindlichen Mindestlöhnen, geregelten Arbeitszeiten, Ferien, Mutterschaftsurlaub und Weiterbildung. Am liebsten wäre Flitner aber, wenn Kitas in öffentliche Non-Profit-Organisationen umgewandelt würden. Mit dieser Forderung steht sie nicht allein. Basierend auf den Ergebnissen der Stadtzürcher Studie, kam die Universität Zürich zum Schluss: «Eine gewinnorientierte Trägerschaft wirkt sich häufig negativ auf die Rahmenbedingungen aus.» Jelena Valdivia hat nach ihrem Burn-out eine bessere Stelle gefunden. Die 31-Jährige ist jetzt Gruppenleiterin in einer Kindertagesstätte in Zürich-Altstetten. Es laufe prima, sagt die gebürtige Bosnierin. Ihre Chefin sei eine erfahrene Berufsfrau – ein «wirkliches Vorbild mit einer klaren Haltung». Die Personalsituation gehe in Ordnung. Wenn eine Kollegin krank ist, übernimmt eine Springerin aus einem Aushilfspool. Und der Lohn sei mit 5000 Franken für ein 90-Prozent-Pensum mit Leitungsfunktionen «ganz okay». Es gebe sogar ein Pausenzimmer, wo man auf Stühlen für Erwachsene sitzen könne. * Name geändert Was kostet es einen Kindergarten zu eröffnen?Zudem benötigen Sie ein Gründungskapital in Höhe von mindestens 25.000 Euro. Gut zu wissen: Wenn Sie als Elterninitiative eine Kita gründen wollen, müssen Sie als Basis einen gemeinnützigen Verein gründen. Informationen und Beratungsangebote finden Sie auf den Seiten der Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen e.
Welchen Abschluss braucht man um eine Kita zu eröffnen?In Deutschland können Sie auch prinzipiell ohne pädagogische Ausbildung eine Kita gründen. Dafür benötigen Sie jedoch für die Kinderbetreuung qualifizierte Fachkräfte und eine Betriebserlaubnis des Jugendamts. Bei fehlender pädagogischer Ausbildung der eingestellten Fachkräfte sollte keine Kita gegründet werden.
Wie viel Geld bekommt eine Kita pro Kind NRW?
Wie finanziert sich ein Kindergarten NRW?Die Kindertagesbetreuung wird künftig auskömmlich finanziert. Dafür stellen Kommunen und Land ab dem Kindergartenjahr 2020/2021 je zur Hälfte jährlich insgesamt rund 750 Millionen Euro zusätzlich bereit. In allen mehr als 10.000 Kindertageseinrichtungen kann mehr Personal beschäftigt werden.
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