Sollen Jugendliche unter 18 Jahren wählen dürfen

Jugend an die Macht!

Sollen Jugendliche unter 18 Jahren wählen dürfen

Minderjährige Schüler bei der U18-Wahl in der Schule © imago images / tagesspiegel

Moderation: Vladimir Balzer · 27.06.2020

Wählen schon mit 16 – oder mit 14? Erneut wird über eine Absenkung des generellen Wahlalters diskutiert. Sind Jugendliche oder Kinder reif genug, politisch mitzubestimmen? Welche Chancen, welche Risiken wären damit verbunden? Diskutieren Sie mit!

Die "Fridays for Future"-Bewegung hat es gezeigt: Jugendliche wollen politisch mitgestalten, mitbestimmen. Dazu gehört für viele auch das Recht, zu wählen. Und zwar nicht erst ab 18 Jahren, wie es das Grundgesetz bei Bundestagswahlen vorschreibt, sondern früher. 16-Jährige dürfen bereits in neun Bundesländern bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben, zudem in vier Bundesländern bei Landtagswahlen. Österreich und Malta haben das generelle Wahlalter auf 16 gesenkt.

Was also spricht dafür, dass auch Minderjährige bei der Bundestagswahl mitstimmen? Was spricht dagegen? Und welche Altersgrenze sollte gelten: 16, 14 – oder gar ein Wahlrecht von Geburt an?

Jüngere fühlen sich unterrepräsentiert

"Unsere Gesetzeslage spricht jungen Menschen mit 16 Jahren die Eidesfähigkeit zu; warum nicht die Mündigkeit, über die Zukunft mitzuentscheiden", fragt Jamila Schäfer, stellvertretende Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Die Partei fordert seit langem ein generelles Wahlrecht ab 16. "Gerade seit 'Fridays for Future' kann niemand mehr behaupten, 'diese jungen Leute' seien unpolitisch und interessierten sich überhaupt nicht für die Zukunft und für die Gesellschaft."

Die 27-Jährige gehört zu den jüngsten Bundespolitikerinnen, der Altersdurchschnitt im Bundestag liegt bei knapp 50 Jahren. Ihre Erfahrung aus Gesprächen mit Jugendlichen: "Viele sagen: Ich interessiere mich für Politik, aber die Politiker interessieren sich nicht für uns." Das liege auch am Generationenunterschied; viele Jüngere fühlten sich nicht repräsentiert.

Ihre Mahnung: "Wir leben in einer Zeit, in der wir die Weichen neu stellen müssen und in einer existenziellen Umbruchphase." Letztlich seien es die Jungen, die viel länger mit den Folgen der heutigen Politik leben müssen. Es sei Zeit, zu sagen: "Wir vertrauen euch als Staatsbürger, dass ihr Verantwortung übernehmt."

Gegenargument: Mangelnde Reife

"Parteien gucken, ob ihnen etwas nützt oder nicht. Das ist ein wichtiger Faktor", sagt der Politikwissenschaftler und Wahlforscher Prof. Dr. Thorsten Faas von der Freien Universität Berlin. "Und Parteien interessieren sich mehr für die, die wählen dürfen." Daher erkläre sich beispielsweise der Vorstoß der Grünen für die Absenkung des Wahlalters. Die Unionsparteien indes versprächen sich weniger Zuspruch durch eine solche Maßnahme. Außerdem überwiege bei CDU und CSU die Skepsis, ob 16-Jährige die nötige Reife besitzen. Ein weiteres Gegenargument: Wer die volle Wahlmündigkeit ab 16 wolle, müsse auch die volle Strafmündigkeit und Geschäftsfähigkeit in Kauf nehmen.

Thorsten Faas erforscht die Altersfrage bei Wahlen in mehreren Studien. Seine Erfahrung aus Befragungen bei Landtagswahlen: "Dass junge Menschen in manchen Bundesländern Rechte haben, die ihnen andernorts verwehrt bleiben, ist kaum vermittelbar."

Jugend an die Macht! Ab welchem Alter sollen wir wählen dürfen?
Darüber diskutiert Vladimir Balzer heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit der Politikerin Jamila Schäfer und dem Politikwissenschaftler Thorsten Faas. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter . Besuchen Sie uns auch auf Facebook, Twitter und Instagram.

Bisher müssen Jugendliche 18 Jahre alt sein, um bei den Bundestagswahlen mitzumachen. Nur bei Kommunal- und Landtagswahlen, also bei der Wahl von Politikern und Politikerinnen in ihrer Stadt oder ihrem Bundesland, dürfen in einigen Bundesländern bereits Jugendliche ab 16 Jahren wählen gehen.

Grafik: Wahlalter in Deutschland Bei einigen Wahlen, zum Beispiel bei Kommunalwahlen, wird in manchen Bundesländern schon ab 16 gewählt.
Quelle: ZDF

Immer wieder wird aber darüber diskutiert, ob es grundsätzlich ein Wahlrecht ab 16 geben sollte. Einige sind der Meinung, dass es gerecht wäre, wenn Jugendliche mit 16 Jahren wählen gehen können. Andere finden das Wahlrecht gut so, wie es ist.

Drei Argumente FÜR das Wahlrecht ab 16

Drei Argumente GEGEN das Wahlrecht ab 16

Das müsste vorher passieren

Grundgesetz liegt auf dem Tisch Für ein Wahlrecht ab 16 müsste das Grundgesetz geändert werden.

Sollten sich die Politikerinnen und Politiker für ein Wahlrecht ab 16 entscheiden, dann müsste dafür das Bundeswahlgesetz geändert werden. Das steht im wichtigsten deutschen Gesetzbuch, dem Grundgesetz. Übrigens: Im Jahr 1972 ist das schon einmal passiert. Damals wurde das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre gesenkt.

Vorsicht!

Du bist dabei, den Kinderbereich zu verlassen. Möchtest du das wirklich?

Wenn du den Kinderbereich verlässt, bewegst du dich mit dem Profil deiner Eltern in der Mediathek!

Wie alt muss man sein um wählen zu können?

In Deutschland genießen grundsätzlich alle Bürger ab 18 Jahren das aktive Wahlrecht auf Bundesebene (Art. 38 Abs. 2 Satz 1 GG). Maßgeblich ist das Alter am Wahltag.

Kann man in Österreich ab 16 wählen?

Mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2007 wurde das Wahlrecht auf Bundesebene u.a. durch eine Senkung des Wahlalters reformiert: Das aktive Wahlalter wurde von 18 auf 16 Jahre, das passive Wahlalter von 19 auf 18 Jahre (ausgenommen die Wahl zur Bundespräsidentin/zum Bundespräsidenten) gesenkt.

Warum darf man in Österreich ab 16 wählen?

Gründe für die Wahlalterssenkung Mit 16 Jahren sind junge Menschen bereits strafmündig und erweitert geschäftsfähig, setzen sich mit ihrer Lebensplanung auseinander, müssen über ihren Bildungsweg und ihre berufliche Zukunft entscheiden und stehen zum Teil bereits im Berufsleben.