Warum trumps politik schnell zum krieg zwischen china und den usa führen kann

Kommentar

Stand: 24.07.2020 15:44 Uhr

Nach der gegenseitigen Schließung von Konsulaten sind die chinesisch-amerikanischen Beziehungen auf einem Tiefpunkt angelangt. Die Eskalation hat nicht nur mit dem US-Wahlkampf zu tun.

Die Reaktion auf die Schließung des chinesischen Konsulats in Houston kam nicht überraschend, aber schneller als gedacht. Auch China macht nun ein Generalkonsulat der Amerikaner dicht, und zwar das in der 15-Millionen-Einwohnermetropole Chengdu im Südwesten des Landes. Wie die chinesischen Diplomaten in den USA haben auch die US-Gesandten in Chengdu 72 Stunden Zeit bekommen, um ihre Sachen zu packen.

Steffen  Wurzel

Der gegenseitige Rauswurf von Diplomaten ist eine bemerkenswerte Eskalation der Krise zwischen China und den USA. Dass in Deutschland davon bisher so wenig Notiz genommen wird, ist verwunderlich. Die angeordneten Konsulatsschließungen sind nur die jüngsten Schritte im Konflikt zwischen den beiden mächtigsten Nationen der Welt. Er schaukelt sich bereits seit rund zwei Jahren immer weiter hoch.

USA stören sich an Chinas Machtpolitik

Ausgangspunkt des Konflikts war der von der US-Regierung angezettelte Wirtschafts- und Handelskrieg, der unter anderem zu Sonderzöllen auf Waren im dreistelligen Milliardenbereich geführt hat. Doch längst fliegen auch in vielen anderen Bereichen die Fetzen zwischen China und den USA: Die beiden Regierungen streiten sich über den Ursprung des Coronavirus, über den Technologiekonzern Huawei, über die politische Lage in Hongkong und die Unterdrückung der Menschenrechte, unter anderem im chinesischen Landesteil Xinjiang.

Vor allem aber stören sich die Amerikaner an Chinas immer offener zur Schau gestellten Machtpolitik im Asien-Pazifikraum: Auf das chinesische Streben nach militärischer Dominanz im Südchinesischen Meer und rund um die Inselrepublik Taiwan hat die US-Marine zuletzt mit großangelegten Manövern reagiert. Diese wurden wiederum beantwortet von chinesischen Militärübungen. Beide Großmächte testen im Pazifik seit einigen Monaten immer wieder ihre neuesten Waffensysteme - zu Wasser und in der Luft. Dass es bei solchen nahe beieinander abgehaltenen Manövern schnell zu versehentlichen Gefechten kommen kann, die zu gefährlichen kriegerischen Szenarien führen können, das nehmen die Regierungen in Peking und Washtington offensichtlich inzwischen in Kauf.

Beziehungen sind so schlecht wie nie

Man muss es so deutlich sagen: Die Volksrepublik China und die USA haben sich nicht mehr viel zu sagen. Die Beziehungen sind so schlecht wie nie seit Aufnahme offizieller Beziehungen vor 41 Jahren. Auf drei Ebenen hat inzwischen das begonnen, was Politologinnen und Wirtschaftsanalysten als "Decoupling", also als "Entkopplung" bezeichnen.

Erstens im Bereich der Wirtschaft: Der chinesisch-amerikanische Handelskrieg ist nach wie vor ungelöst, Anzeichen auf Entspannung oder gar Lösung gibt es nicht.

Zweitens im zivilgesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Bereich: Wegen der Coronavirus-Krise halten beide Staaten die Grenzen dicht. Ein Austausch zwischen China und den USA findet quasi nicht mehr statt. Es gibt kaum Flugverbindungen, keine touristische Reisen mehr, selbst der wissenschaftliche und kulturelle Austausch ist nicht mehr existent. Studentinnen und Studenten mussten größtenteils ihre Austauschsemester absagen oder beenden.

Die Schließung von Konsulaten in China und den USA betrifft nun drittens auch den Bereich der Diplomatie - und hier wird es gefährlich. Der Schritt ist ein neuer Höhepunkt, aber wohl nicht der Endpunkt des Konfliktes. Zu befürchten ist, dass sich das Ganze bis zur Wahl in den USA sich das Ganze bis zur Wahl November weiter hochschaukelt.

Trump ist einer der Gemäßigteren

Wer aber glaubt, bei der US-Politik gegenüber China handele es sich nur um ein Wahlkampfmanöver, liegt falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Bereits im Oktober 2018 hielt US-Vizepräsident Mike Pence am Washingtoner Hudson-Institut eine vielbeachtete Grundsatzrede zu China, die es in sich hatte. Die Rede markierte einen offenen Bruch mit der bisherigen US-Politik gegenüber China und vor allem gegenüber der seit 71 Jahren diktatorisch regierenden chinesischen Kommunistischen Partei. Sie ist das eigentliche Ziel der amerikanischen Regierung.

US-Präsident Donald Trump ist dabei noch einer der gemäßigteren, er interessiert sich ganz offensichtlich kaum für China, wie in den verschiedenen Büchern früherer Vertrauter nachzulesen ist. Es sind vielmehr US-Vizepräsident Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo, die sich auf die chinesische Führung eingeschossen haben. Auch in den beiden US-Parlamentskammern wird die Rhetorik gegenüber China schärfer, und zwar in beiden politischen Lagern. Deswegen ist auch nicht damit zu rechnen, dass sich der US-Kurs gegenüber China - abgesehen vom Tonfall - groß ändern wird, sollte Joe Biden im November die Wahl gewinnen.

Altmaier und Maas gelten als China-Kuschler

Bleibt noch ein Blick nach Brüssel und Berlin. Auch in der EU regt sich zunehmend offener Widerspruch gegen die chinesische Führung, vor allem im Europaparlament. Als Bremser wird zunehmend die Bundesregierung gesehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie ihr Wirtschaftsminister Peter Altmaier und ihr Außenminister Heiko Maas gelten unter internationalen Experten inzwischen als lupenreine China-Kuschler. Dass sich das bis zur nächsten Bundestagswahl ändert, ist unwahrscheinlich. Dass der sich hochschaukelnde Konflikt zwischen China und der westlichen Welt zumindest mal wahrgenommen wird in Deutschland, wäre nötig und wünschenswert.

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