Astrid leukämie wie geht es ihr heute

Astrid (41) erfuhr vor fünf Monaten von ihrer Leukämie-Erkrankung, bekommt über einen zentralen Venen-Zugang am Hals Medikamente verabreicht

Foto: Isabelle Martens

Teilen Twittern Senden

Von: Astrid-Maria Bock

04.04.2019 - 14:27 Uhr

„Für mich zählt jeder Tag, jede Stunde, jede Minute“, sagt Astrid (41). Die zweifache Mutter – ihre Söhne sind neun und elf Jahre alt – spricht leise. Sie spricht über Zeit, die sie kaum noch hat. Die langsam zerrinnt. Weil es so elend lange dauert, jemanden zu finden, der den gleichen seltenen Genmix hat wie sie. Einen Stammzellspender, der Astrid das Leben retten könnte.

Astrid leidet an Akuter Myeloischer Leukämie – einer besonders schweren Form von Blutkrebs. Weil die junge Frau zur Hälfte Nigerianerin ist, braucht sie einen Spender, dessen Eltern zu einem Teil europäischer und zum anderen Teil afrikanischer – idealerweise auch nigerianischer – Herkunft sind.

Astrid leukämie wie geht es ihr heute

Astrids Mann Florian (43) sitzt seit einem Unfall vor fünf Jahren im Rollstuhl

Foto: privat

„Zum Überleben suche ich die Nadel im Heuhaufen“, sagt sie.

Aus ihrer Familie kommt niemand infrage. „Alle anderen Patienten, die ich im Laufe meiner Krankheit kennen gelernt habe, haben inzwischen einen Spender gefunden“, sagt die Frankfurterin.

Astrid ging mit Halsschmerzen zum Arzt

An einem Freitag Ende September 2018 war die Personalerin zum Arzt gegangen. Wegen Halsschmerzen. Sie bekommt Lutschtabletten, soll sich ausruhen. Übers Wochenende geht es ihr jedoch schlechter. „Ich hatte Fieber, fühlte mich schlapp und hatte komplett entzündetes Zahnfleisch.“ Am Montag geht sie erneut zum Arzt. Der macht ein Blutbild und ruft sie am Nachmittag an. „Er sagte, es könne Leukämie sein, ich müsse sofort ins Krankenhaus."

Spontan denkt Astrid, die hätten die Blutproben vertauscht. Doch nach einer Stunde bestätigt sich die niederschmetternde Diagnose. Die Ärzte beginnen sofort mit der Chemotherapie.

Ehemann Florian sitzt seit einem Verkehrsunfall im Rollstuhl

Die lebensbedrohliche Krankheit – sie ist nicht der erste Schicksalsschlag, den die kleine Familie verkraften muss. Ihr Mann Florian (43) hatte 2014 einen Verkehrsunfall, sitzt seitdem querschnittsgelähmt im Rollstuhl. Jetzt hat sich das Leben Familie noch einmal komplett geändert. Krankenhausaufenthalte mit Chemo und Quarantäne bestimmen ihren Alltag.

Wer das liest: Bitte melden!

Momentan haben die Ärzte den Krebs unter Kontrolle. Doch wenn sich nicht bald ein passender Spender findet, ist Astrid dem Tod geweiht. Deshalb bittet sie:

„Wenn das jemand liest, der die gleiche oder eine ähnliche Herkunft hat wie ich: Bitte melden Sie sich!“

Informieren Sie sich zunächst auf www.help-astrid.com, wie Sie sich registrieren lassen können. Die Registrierung läuft über die Deutsche Stammzellspenderdatei (DSSD).

Darum ist es so schwierig, einen Spender für Astrid zu finden

Für eine erfolgreiche Transplantation von Stammzellen müssen die Gewebemerkmale von Patient und Spender nahezu hundertprozentig übereinstimmen. Diese Merkmale – Mediziner sprechen von HLA-Merkmalen – werden von Vater und Mutter zu je 50 Prozent an das Kind vererbt. Doch es gibt viele Millionen möglicher HLA-Kombinationen, und die kommen in verschiedenen ethnischen Gruppen unterschiedlich häufig vor. Zwar finden laut DKMS etwa 85 Prozent der Patienten in Deutschland derzeit einen passenden Fremdspender, doch jeder Siebte sucht noch vergeblich. Die Wahrscheinlichkeit einer Übereinstimmung ist höher, wenn Spender und Patient dieselbe ethnische Herkunft haben. Das Problem für Betroffene wie Astrid: Weltweit sind extrem wenige Spender registriert, die einen gemischten ethnischen Hintergrund haben.

Krebs bedroht das Leben einer Mutter aus Frankfurt - sie sucht dringend einen Stammzellenspender - ihrem Aufruf sind bereits Hunderte gefolgt.

Frankfurt - Drei Wattestäbchen können Leben retten. Darum haben 40 Freunde, Bekannte und andere Freiwillige am Sonntag in der Evangelischen Französisch-reformierten Gemeinde Tische mit der DKMS aufgebaut. Sie wollen der Frankfurterin Astrid G. (41) helfen, die unbedingt ihre neun- und elfjährigen Söhne großziehen möchte. 

Astrid hat sechs Chemotherapien hinter sich, um ihren aggressiven und seltenen Blutkrebs, die myelonische Leukämie zu besiegen. Ihre Rettung wäre eine passende Stammzellentransplantation. Ihr Problem ist, dass ihre Genetik gemischt ist. Ihre Mutter ist Deutsche, ihr verstorbener Vater stammte aus Nigeria. Aktuell besitzen nur drei Prozent der registrierten Stammzellenspender einen solchen gemischt-ethnischen Hintergrund.

Krebskranke Mutter: „Wer weiß, wen es trifft“

Einer der ersten Spender ist Barnabe Kamta (49) aus Kamerun. „Es tut weh, wenn man Astrids Geschichte hört“ sagt er. „Die Gesellschaft wird immer gemischter, darum sollte sich jeder typisieren lassen. Wer weiß, wen es morgen trifft.“ Simone Sulzbach (50) gibt ihm ein steriles Päckchen mit drei langen Wattestäbchen. Jedes einzelne soll er eine Minute lang innen an der Wange reiben. Eines links, eines rechts, eines irgendwo. Er macht es gewissenhaft, während eine Eieruhr eine Minute lang durchläuft. Sulzbach ist hier, weil sie das Schicksal von Astrid bewegt. „Auch ich bin Mutter. Mein Mann hat vor neun Jahren Knochenmark gespendet. Es war ein Klacks. Wie bei einer Blutspende. Ein Schnitt in den Finger ist schmerzhafter“, sagt sie. Auch Sulzbach hat sich typisieren lassen.

Zum Thema: Junge Mutter mit aggressivem Blutkrebs sucht Stammzellenspender - Registrierung am 7. April

Astrids langjährige Freundin Edyta Koppisch sagt: „Sie ist wie eine Sonnenblume. Sie sieht immer zum Licht. Astrid ist eine Powerfrau, die nie ihren Optimismus verliert.“ Seit elf Jahren kennen sich die beiden, ihre Kinder besuchen dieselbe Klasse. Plötzlich kommt ihre schwerkranke Freundin, fällt Koppisch um den Hals. Ihre schwarzen Augen strahlen, ihr Lächeln ist herzlich, die Haare sind ganz kurz. „Ich brauche Tausende, um den richtigen Spender zu finden“, erklärt sie sachlich. „Die Welt braucht viel mehr Spender aller Ethnien und gemischter Ethnien.“ Vor ihrer Diagnose dachte sie, die richtige Blutgruppe sei ausreichend. „Dabei hat das gar nichts damit zu tun.“ Im Augenblick geht es ihr gut genug, um zuzusehen, wie sich immer mehr Leute einfinden, um sich typisieren zu lassen. Aus aller Herren Länder.

Lesen Sie auch: Ben (5) an Blutkrebs erkrankt – Arbeitskollegen mit großartiger Überraschung

Sechs Chemotherapien hat sie hinter sich. „Anfangs hat sich Duschen wie zwei Stunden Krafttraining angefühlt und Eincremen wie ein Marathon“, schildert sie ihre Qualen. „Zum Glück kann ich gut ausblenden, habe mich Tag für Tag weiter gehangelt. Wenn ich einen Tag schaffe, dann schaffe ich auch zwei. Wenn ich zwei schaffe, auch vier. Jeden Tag zwinge ich mich, aufzustehen, mich zu mobilisieren. Mit Mitpatientinnen steril vermummt schrittweise über den Flur. Hin und her. Langsam. Bis zu drei Stunden. Die Kinder dürfen nicht auf Station wegen möglicher Infekte.“

Suche auch in den USA

In Berlin werden gerade auf dem African Book Festival ebenfalls Typisierungen angeboten. Und Ende Mai auf dem 31. International Africa Festival. „Da tritt die größte nigerianische Band der Welt auf. Jede Typisierung zählt. Jede Stunde zählt für mich und unzählige andere Patienten“, sagt sie mit fester Stimme. Ihr Mann Florian, der seit 2014 nach einem Unfall querschnittsgelähmt ist, reist nächste Woche im Rollstuhl nach England und in die USA. „Wir machen dort Aufklärungsarbeit. Gemischte Ethnien sind in beiden Ländern noch viel verbreiteter als in Deutschland“, sagt sie.

Lesen Sie auch

Astrid leukämie wie geht es ihr heute
Astrid leukämie wie geht es ihr heute

Pokalklau wie bei Peter Feldmann: Star-Koch Salt Bae nervt bei Argentiniens WM-Feier – „Einfach nur peinlich“

LESEN

Astrid leukämie wie geht es ihr heute
Astrid leukämie wie geht es ihr heute

Darum braucht ein Flieger von Frankfurt nach New York noch immer so lange wie vor 60 Jahren

LESEN

Astrid leukämie wie geht es ihr heute
Astrid leukämie wie geht es ihr heute

Wohnungslos im Winter: Frankfurts bekanntester Obdachloser Eisenbahn-Reiner über Eiseskälte

LESEN

Astrid leukämie wie geht es ihr heute
Astrid leukämie wie geht es ihr heute

Polizistin geschlagen: Streit vor Disco in Frankfurt eskaliert

LESEN

Astrid leukämie wie geht es ihr heute
Astrid leukämie wie geht es ihr heute

Fluggäste entsetzt über Condor-Flug mit Smart Lynx – „So etwas darf nicht der Anspruch sein“

LESEN

Wer Astrid G. und anderen Menschen, die Leukämie haben, mit einer Stammzellenspende helfen möchte, kann sich bei der DKMS registrieren lassen. Informationen dazu gibt es über die Internetseite www.help-astrid.com.

von Sabine Schramek

Lesen sie auch:

Krebskranke Mathilda: Familie sammelt Spenden für Therapie im Ausland - so können Sie helfen

Die fünfjährige Mathilda aus Waldbrunn hat Krebs. Nach einem Rückfall mit zwei neuen Tumoren hoffen ihre Eltern, dass eine Antikörper-Therapie im Ausland ihrer kleinen Tochter das Leben retten kann. Dafür brauchen sie Geld, viel Geld.

Feuerwehrmann rettet zahlreiche Leben - nun sucht er selbst einen Lebensretter

Seit fast 40 Jahren ist Hartmut Jung als Feuerwehrmann im Einsatz für die Menschen in Dreieich und Umgebung. Jetzt ist der 56-jährige Götzenhainer selbst auf Hilfe angewiesen.