Bei welcher Höhe der Wechselspannung liegt die Gefahrengrenze für den Menschen?

Elektrizität kann gefährlich sein. Doch wo liegen eigentlich die Gefahren? Und warum können wir täglich mit Elektrizität umgehen, ohne dass uns etwas zu­stößt?

Wann und warum ist ein elektrischer Schlag gefährlich?

Grundsätzlich gilt: Liegt eine Spannung am Körper eines Menschen an, fließt durch den Körper ein Strom. Der Körper wird also Teil eines Stromkreises. Ob dies gefährlich ist, hängt zum einen von der Stromstärke ab und zum anderen davon, wie lange der Strom durch den Körper fließt. Außerdem muss zwischen Wechselstrom und Gleichstrom unterschieden werden. Die Internationale Elek­trotechnische Kommission (International Electrotechnical Commission) gibt die Gefahren in ihrer Norm IEC 479 an. In den folgenden Richtlinien wird von einem Körperstrom von der linken Hand zu beiden Füßen eines Erwachsenen ausge­gangen.

Wechselstrom (Wechselstromfrequenz: 50/60 Hz)

  • Ein Wechselstrom I < 0,5 mA liegt unterhalb der Wahrnehmungsschwelle.
    Ein Strom dieser Stärke kann durch unseren Körper fließen, ohne dass wir es bemerken.
  • Wirkt ein Wechselstrom 0,5 mA < I < 10 mA 10 Se­kunden lang auf unseren Körper ein, so spüren wir den Strom, er ist jedoch noch unterhalb der Los­lassschwelle.
    Wir merken den Strom zwar, können aber noch selbstständig den Leiter loslassen. Die zu erwartende physiologische Wirkung des Stroms ist in diesem Bereich noch ungefährlich. (Bei kürzerer Berührungsdauer kann der Strom auch noch etwas höher liegen. Dies geben wir hier nur in Klam­mern und im Folgenden gar nicht mehr an, um nicht den Eindruck zu er­wecken, dass ein größerer Strom ungefährlich sei.)
  • Wirkt ein Wechselstrom 10 mA < I < 30 mA 10 Sekunden lang auf unseren Körper ein, so ist die Loslassschwelle überschritten. Ein Strom dieser Stär­ke führt zu Muskelverkrampfungen.
    Wenn ein Strom dieser Größenordnung durch unseren Körper fließt, können wir einen Leiter nicht mehr loslassen, selbst wenn wir es wollen. Der Grund ist, dass unsere Muskeln verkrampfen und sich nicht mehr kontrollieren lassen.
  • Ein Wechselstrom I > ca. 30. mA, dem wir 10 Sekunden lang ausgesetzt sind, ist lebensgefährlich. Er kann zu Herzkammerflimmern, Herzstillstand und Verbrennungen führen.
  • Ein Wechselstrom I > 500 mA ist auch bei kürzester Einwirkdauer immer lebensgefährlich. Auch in diesem Fall kann der Strom zu Herzkammer­flimmern, Herzstillstand und Verbrennungen führen.

Gleichstrom

  • Ein Gleichstrom I < 2 mA liegt unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Ein Strom dieser Stärke kann durch unseren Körper fließen, ohne dass wir es bemerken.
  • Wirkt ein Gleichstrom 2 mA < I < ca. 30 mA 10 Sekunden lang auf unseren Körper ein, so spüren wir den Strom, er ist jedoch noch unterhalb der Los­lassschwelle.
    Wir merken den Strom zwar, können aber noch selbstständig den Leiter loslassen. Die zu erwartende physiologische Wirkung des Stroms ist in diesem Bereich noch ungefährlich.
  • Wirkt ein Gleichstrom 30 mA < I < ca. 150 mA 10 Sekunden lang auf unse­ren Körper ein, so ist dies lebensgefährlich. Die Loslassschwelle ist über­schritten. Ein Gleichstrom dieser Stärke kann durch elektrische Impulse Herzstörungen hervorrufen und führt zu Muskelverkrampfungen.
  • Ein Gleichstrom I > ca. 150 mA, dem wir 10 Sekunden lang ausgesetzt sind, ist lebensgefährlich. Er kann zu Herzkammerflimmern, Herzstillstand und Verbrennungen führen.
  • Ein Gleichstrom I > 500 mA ist auch bei kürzester Einwirkdauer immer lebensgefährlich. Auch in diesem Fall kann der Strom zu Herzkammer­flimmern, Herzstillstand und Verbrennungen führen.

Neben den dargestellten Folgen eines elektrischen Schlags kann sich auch ein Thrombus (ein Blutpfropf) bilden, der erst als Spätfolge die Blutzufuhr zu Orga­nen wie z. B. dem Gehirn verstopft (Schlaganfall).

Was schützt mich vor einem elektrischen Schlag?

Um Menschen vor einem gefährlichen Körperstrom zu schützen, gibt es in einer elektrischen Anlage drei Schutzklassen:

Schutzklasse I: Schutzmaßnahme mit Schutzleiter

Bei dieser Schutzmaßnahme wird an Geräteteile aus Metall, die berührt werden können (an das Gehäuse zum Beispiel), ein Schutzleiter angeschlossen, über den ein Fehlerstrom abfließen kann (siehe auch Elektrische Anlagen – Elektrik im Haus).

Beispiel Schutzkontaktsteckdose. Eine Steckdose besitzt drei Leiter: den Außenleiter, den Neutralleiter und den Schutzleiter. Im Normalfall fließt ein Strom zwischen Außenleiter und Neutralleiter. Es kann jedoch passieren, dass das Metallgehäuse eines defekten Gerätes unter Spannung steht (wenn sich zum Beispiel im Inneren ein Draht gelöst hat und mit dem Gehäuse Kontakt hat). Dann fließt der Strom vom Gerät durch den Körper der Person, die das Gehäuse berührt, zur Erde. Die Stromstärke hängt dabei von der Spannung ab, die am Körper "abfällt".

Da der Körper in diesem Stromkreis mit Abstand den größten elektrischen Wi­derstand darstellt, fällt fast die gesamte Spannung von 230 Volt an ihm ab. Aus diesem Grund wird ein Metallgehäuse eines Gerätes der Schutzklasse I mit dem Schutzleiter verbunden. Der Schutzleiter hat eine viel bessere Verbindung zur Erde und damit einen viel kleineren Widerstand als der Mensch. Der Mensch und der Schutzleiter bilden eine Parallelschaltung. Der Gesamtwiderstand ist sehr klein, da der Gesamtwiderstand einer Parallelschaltung immer kleiner ist als der kleinste Teilwiderstand. Die Spannung, die am Körper abfällt, wird somit sehr viel kleiner. Außerdem fließt ein sehr großer Strom – am Menschen vorbei – durch den Schutzleiter und bewirkt, dass die Schutzeinrichtungen im Siche­rungskasten schnell ausgelöst werden (siehe den Abschnitt über Sicherungen).

Schutzklasse II: Schutzisolierung

Viele Geräte sind nicht durch einen Schutzleiter geschützt, sondern dadurch, dass sie schutzisoliert sind. Die Schutzklasse II ist damit eine höhere Schutz­klasse als die Schutzklasse I und gilt als sicherer. Oft haben diese Geräte ein Kunststoffgehäuse, das isolierend wirkt. Manche Geräte haben ein Metall­gehäuse, gehören aber trotzdem zu dieser Schutzklasse: Bei diesen Geräten ist die Isolierung im Inneren des Gerätes angebracht. Ein Beispiel sind Bohr­maschinen, deren Elektromotor vom Gehäuse abgeschirmt wird.

Isolierende Stoffe haben einen extrem hohen Widerstand. Berührt der mensch­liche Körper ein Gerät mit Schutzisolierung, bildet er mit dem Gerät eine Rei­henschaltung. Bei einer Reihenschaltung addieren sich die Widerstände der in Reihe geschalteten Verbraucher, daher ist der Gesamtwiderstand des Strom­kreises extrem groß. Daraus folgt wiederum (U = R I), dass ein so kleiner Strom fließt, dass er nicht nur ungefährlich, sondern auch nicht wahrnehmbar ist.

Oder anders erklärt: In der Reihenschaltung aus Gerät und Mensch fällt der größte Teil der Spannung am größten Widerstand ab. Der größte Widerstand ist in diesem Fall der Widerstand der Schutzisolierung. Da sich in einer Reihen­schaltung die Netzspannung auf die in Reihe geschalteten Verbraucher "ver­teilt" – [Netzspannung] = [Spannung an der Schutzisolierung] + [Spannung am Körper] –, ist die am Körper abfallende Spannung sehr klein.

Schutzklasse III: Schutzkleinspannung

Die Schutzklasse III schützt, indem eine Spannung zur Verfügung gestellt wird, die so klein ist, dass von ihr keine Gefahr ausgehen kann. Eine solche Span­nung bezeichnet man als Schutzkleinspannung. Die Schutzklasse III ist die sicherste der drei Schutzklassen. Die zulässige Höhe Schutzkleinspannung unterscheidet sich für Wechsel- und Gleichspannung: Bei Wechselspannung liegt die maximale Spannung bei 50 V, bei Gleichspannung liegt sie bei 120 V. Dieser Unterschied rührt im Wesentlichen daher, dass die Spitzen der Span­nung bei einer Wechselspannung größer sind als die angegebene Effektiv­spannung [1].

Die Sicherheit kann man noch steigern: Bei Wechselspannungen bis 25 V und bei Gleichspannungen bis 60 V birgt das Berühren eines unter Spannung ste­henden Geräts auch dann keine Gefahr, wenn man sich in einem feuchten Raum befindet.

Da die Spannung relativ klein ist, kann durch den verhältnismäßig großen Widerstand des Menschen nur ein kleiner Strom fließen. Die Spannung ist so begrenzt, dass die Stromstärke unterhalb einer gefährlichen Größe bleibt.

Sichere elektrische Trennung

Bei einer sicheren elektrischen Trennung werden zwei verschiedene Strom­kreise voneinander galvanisch entkoppelt – das bedeutet, dass sie nicht durch einen elektrischen Leiter miteinander verbunden sind. Das kann man zum Bei­spiel mit einem Trenntransformator bewerkstelligen. In dem Transformator wird die Netzspannung auf die Schutzkleinspannung herabgesetzt. Gleichzeitig wird der Stromkreis mit der Netzspannung (primärer Stromkreis) so von dem Stromkreis mit der Schutzkleinspannung (sekundärer Stromkreis) getrennt, dass bei einem Defekt im primären Stromkreis, im sekundären Stromkreis keine Gefahr besteht, mit der Netzspannung in Kontakt zu kommen.

Zusatzinformationen

  • Bei Kinderspielzeugen wie z. B. Modelleisenbahnen und bei Versuchsauf­bauten, an denen Schüler arbeiten, ist die Verwendung von Trenntrans­formatoren vorgeschrieben.
  • Bei Tieren (z. B. in der Landwirtschaft) ist nur die halbe Spannung als Schutzkleinspannung erlaubt, da wegen der vier Beine der Widerstand zwischen Tier und Boden kleiner ist als bei uns Zweibeinern (ist der Wider­stand kleiner, kann ein größerer Strom fließen). Nähere Informationen sind in den Richtlinien zur Sicherheit im Unterricht zu finden (Empfehlungen der Kultusministerkonferenz).

Wie kann ich zu meiner Sicherheit beitragen?

Ein sicherer Umgang mit elektrischen Geräten und Anlagen ist nicht schwer. Folgende Grundregeln sollten immer beachtet werden:

  • Alle Geräte, die einen Stecker haben, sollten nicht in Verbindung mit Was­ser eingesetzt werden. Dies gilt natürlich auch dann, wenn man selbst nass ist.
  • Niemals Geräte verwenden, an denen oder an deren Anschlussleitungen Beschädigungen sichtbar sind.
  • Niemals selber ein elektrisches Gerät öffnen oder versuchen es zu reparie­ren. Arbeiten an elektrischen Geräten oder Anlagen sind nur Fachkräften erlaubt!
  • Steckdosenabdeckungen mit Kinderschutz einsetzen lassen.
  • Beim Wechseln von Glühlampe, Energiesparlampe oder LED-Leuchtmittel vorher den Stecker der Lampe ziehen; oder, bei fest an­geschlossenen Lampen, die Sicherung herausdrehen bzw. den Leitungs­schutzschalter (Sicherung) oder den Hauptschalter ausschalten (siehe Elektrische Anla­gen – Elektrik im Haus). Ein einfaches Ausschalten reicht nicht! Bei einer Lampe mit Stecker kann – wenn sie falsch angeschlossen wurde – am Gewinde die Netzspannung von 230 V anliegen.
  • Mehrfachsteckdosen nicht ineinanderstecken (Brand­schutz).

Welche Spannungs- oder Stromquellen können im Haushalt gefährlich sein?

Grundsätzlich kann jeder Anschluss der Hausinstallation Gefahren bergen. An Steckdosen liegt eine Spannung von 230 V an, an Lampen auch. Da diese oft falsch installiert sind, kann es passieren, dass am Sockelkontakt (d. h. am Gewinde) einer Lampe eine Spannung von 230 V anliegt. Das Gleiche gilt für eine Lampe, deren Stecker in der Steckdose steckt. Hier kann auch ohne eine fehlerhafte Installation diese Gefahr drohen – je nachdem wie herum man den Stecker in die Steckdose gesteckt hat. Die meisten fest angeschlossenen Ge­räte sind an eine Spannung von 230 V oder 400 V (siehe Elektrische Anlagen – Elektrik im Haus) angeschlossen. Ein selbstständiges Anschließen ist immer mit Gefahren verbunden und daher nur Fachleuten erlaubt.

Von Batterien und Akkumulatoren (Akkus) geht im Haushalt in der Regel nicht die Gefahr eines Stromschlags aus. Sie liefern meistens Spannungen bis 9 V, was in den Bereich der Schutzkleinspannung fällt (Schutzklasse III). Eine Aus­nahme ist z. B. die Batterie (eigentlich der Akkumulator) eines Elektroautos oder eines Hybridautos. Diese Batterien liefern eine Spannung von 200 V. Die Batterien von Autos ohne Elektroantrieb liefern dagegen nur eine Spannung von 12 V und fallen damit in den Bereich der Schutzkleinspannung.

Eine andere Gefahr, die auch bei Autobatterien (12 V) vorliegt, ist die eines Kurzschlussstroms. Der Strom kann bei einem Kurzschluss so groß werden, dass durch seine Auswirkungen sogar Metall schmilzt. Ein klassischer Kurz­schluss: der Schraubenschlüssel, der die Kontakte überbrückt.

Wonach kann ich mich für meinen Unterricht richten?

Es gibt von der Kultusministerkonferenz Richtlinien zur Sicherheit im Unterricht. Darin kann man genau nachlesen, was beim Experimentieren in der Schule zu beachten ist.

Welche Wechselspannung ist lebensgefährlich?

Wechselspannungen über 50 V und Gleichspannungen über 120 V sind lebensgefährlich. Wechselstrom ist gefährlicher als Gleichstrom, weil dadurch Herzkammerflimmern leichter ausgelöst werden kann. Strom sucht sich immer den Weg des geringsten Widerstands.

Warum ist eine Spannung von 230 V für den Menschen immer lebensgefährlich?

Für eine Berührungsspannung von 230 Volt (mit der die meisten Elektrogeräte arbeiten) und einen Körperwiderstand von 1.000 Ohm ergibt sich eine Durchflussstärke von 230 Milliampere. Schon ein Stromschlag dieser Stärke kann tödlich enden.

Welche Berührungsspannung ist für den Menschen gefährlich?

Eine zeitlich unbegrenzte Berührungsspannung von 50 Volt Wechselspannung (1-1000 Hz) oder 120 Volt Gleichspannung (DC) soll bei gesunden erwachsenen Menschen nicht überschritten werden, da sonst eine lebensbedrohliche Situation eintreten kann.

Wie hoch ist der menschliche Widerstand?

Der Körperwiderstand liegt mit Übergangswiderständen der Haut im Bereich von - 5 k Ω , je nach Weg durch den Körper.