Kann man durch einen Bandscheibenvorfall querschnittsgelähmt werden?

Was haben die vier Worte gemeinsam? Die Schmerzen bei allen vier Krankheitsbildern sind verursacht durch eine gestörte Durchblutung des Rückenmarkes. Darüber berichtete eine japanische Arbeitsgruppe besonders eindrucksvoll in einer wissenschaftlichen Arbeit aus dem Jahr 2003. Die Erlösung von peinigenden Schmerzen bei einem Bandscheibenvorfall erreicht man nur dadurch, dass die Sauerstoffversorgung der Rückenmarkswurzeln wieder hergestellt wird. Das konnte durch eine Durchblutungsmessung an der Nervenwurzel vor und nach Entlastung der Nervenwurzel vom Druck des Bandscheibengewebes nachgewiesen werden.
Dieses Wissen und weit mehr noch wird Gegenstand der zweitägigen 22. Arbeitstagung der Gesellschaft für Wirbelsäulenforschung unter der Leitung von Dr. Peter Edelmann sein, die in diesem Jahr erstmalig in der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg (12. - 13. November 2004) stattfinden wird.

Die Gesellschaft für Wirbelsäulenforschung wurde schon 1958 von dem Chirurgen Prof. Dr. Herbert Junghanns gegründet. Damals haben sich 23 wissenschaftliche Hochschullehrer zusammen gefunden, weil sie merkten, welche Bedeutung die Erkrankungen der Wirbelsäule in der Zukunft haben werden. Die Forschung über die Erkrankungen der Wirbelsäule wurde ganz in den Vordergrund gestellt. Deshalb wurde auch bisher bei der alle zwei Jahre tagenden Gesellschaft der Georg-Schmorl-Preis ausgelobt, um tüchtige Wissenschaftler auszuzeichnen und in ihrer Arbeit zu unterstützen. Die Arbeitstagungen heben mit ihren Themen Fragestellungen ans Licht, die nicht überall abgehandelt werden und doch für die tägliche Arbeit mit den Kranken von großer Bedeutung sind.

In diesem Jahr soll der aktuelle Stand des Wissens auf dem Gebiet der Durchblutung der Inhaltsorgane des Rückenmarkskanals einschließlich der modernen Diagnostik dargestellt werden. Da kommen dann auch so Probleme wie die Verengung des Rückenmarkskanals bei den älteren Menschen zur Sprache. Man nennt das: eine spinale Stenose. Auch dieses Krankheitsbild ist verursacht durch eine Durchblutungsstörung des Rückenmarkes, weil die Altersveränderungen der Wirbelsäule auf die Gefäße der Nervenwurzeln drücken.

Die stärkste und oft nicht wieder rückgängig zu machende Folge einer Durchblutungsstörung des Rückenmarkes ist dann die Querschnittslähmung. Menschen, die davon betroffen sind, werden in einem Querschnittsgelähmten-Zentrum behandelt, wie wir es am Tagungsort seit vielen Jahrzehnten haben. Wenn sich das Rückenmark von der Durchblutungsstörung nicht erholen kann, bildet sich die Lähmung nicht zurück. Damit hat die Durchblutungsstörung schwerste Veränderungen im sozialen und menschlichen Bereich zur Folge.

Die 22. Arbeitstagung beginnt mit einer Anleitung zum mikroskopischen Operieren unter der Leitung von Prof. Carstens von der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg. Am Freitag Nachmittag schließt sich ein Schmerzsymposium unter Leitung der Internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (IGOST) an, in dem bereits Behandlungsformen zur Durchblutungsförderung dargestellt werden.

Am Sonnabend werden nach Grundlagenvorträgen modernste Diagnostik der Rückenmarksdurchblutung, die neurologischen und elektrophysiologischen Folgen der gestörten Rückenmarksdurchblutung, die Endoskopie im Rückenmarkskanal, der Ausgleich mit der Rückenmarksflüssigkeit und Einengungen des Rückenmarkskanals bei Kindern und bei Erwachsenen dargestellt. Mit einer regen Teilnahme von interessierten Ärzten der verschiedensten Fachgebiete wird gerechnet.

Auskunft: Dr. Peter Edelmann, e-mail:
GWSF-Homepage: http://www.gwsf.de

Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Research results, Scientific conferences
German

Indikation OP Bandscheibenvorfall

Dieser Text ist primär für ärztliche Kollegen geschrieben, kann jedoch auch für interessierte Nicht-Mediziner im Einzelfall interessant sein; falls Begriffe unklar sind, dürfen wir auf unser Glossar verweisen, oder fragen Sie bei uns nach. Sie können den Text auch als PDF herunterladen. Klicken Sie dazu bitte das PDF mit der rechten Maustaste, wählen Sie dann speichern unter und geben Sie anschließend das gewünschte Ziel ein.

Die nachfolgende Darstellung erfolgt auf Basis einer Literatur-Analyse unter Berücksichtigung der derzeit gültigen Leitlinien beteiligter Fachgesellschaften und internationaler Empfehlungen.

Der Indikationsstellung zur operativen Behandlung bei lumbalem und cervikalem Bandscheibenvorfall ist wie bei allen operativen Verfahren auch für den Erfolg entscheidend. Bei richtig selektierten Patienten ist die operative Behandlung des lumbalen Bandscheibenvorfalls nach der aktuellen Literatur zu etwa 90% erfolgreich. Dabei ist der Bandscheibenvorfall (sog. „weicher Prolaps”) klar von den knöchernen Stenosen (Harddisk, Spinalstenose) zu differenzieren. Denn bei einer fixierten knöchernen Stenose mit Claudicatio spinalis ist eine wie auch immer geartete konservative Behandlung in der Regel zur dauerhaften Heilung nicht geeignet. Sie kann sogar unter Umständen eine fehlerhafte Behandlung darstellen (z. B. cervikale Spinalstenose mit Myelopathie, siehe unten).

Eine symptomatische Spinalstenose ist ähnlich zu bewerten wie ein sog. Massenprolaps und beinhaltet eine Cauda-Kompression mit der Gefahr der bleibenden Querschnittslähmung. Daher ist primär die OP-Indikation gegeben. Noch mehr gilt dies für die cervikale Spinalstenose mit im MRT sichtbarer Myelopathie. Hier eine konservative Behandlung zu indizieren und die OP Indikation abzulehnen, ist fast schon ein Kunstfehler, da bereits bei Bagatelltraumen eine Querschnittslähmung auftreten kann.

Die Indikationsdiskussion über konservative versus operative Behandlung stellt sich also lediglich beim sogenannten unkomplizierten „weichen” Bandscheibenvorfall, also der Vorfall ohne neurologische Begleitsymptomatik mit leichteren Schmerzen und moderaten Veränderungen in der Bildgebung.

Die Indikationskriterien, selbst und vor allem bei Patienten mit diesen „unkompliziertem Bandscheibenvorfall” sind nicht eindeutig festgeschrieben (vergl. auch Lühmann et al.). Evidenzbasierte Leitlinien sehen als Grundvoraussetzung für alle invasiven Maßnahmen bei Bandscheibenvorfall, dass eine Übereinstimmung der Ergebnisse von Anamnese und klinischer Untersuchung einerseits sowie den Ergebnissen bildgebender Untersuchungsverfahren (z. B. CT, MRT) andererseits gegeben sein muss. Außerdem sind die Erwartungen des Patienten in Bezug auf Ursache und Verlauf seiner Erkrankung sowie seine Lebensumstände prognostische Faktoren, die bei der Entscheidung zur Operation berücksichtigt werden sollen (Clinical guideline on low back pain (AAOS) und Leitlinie „Kreuzschmerzen”, Evidenzbasierte Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, 2003)

In der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (letzte Version) werden auch die frisch aufgetretene hochgradige Lähmung sowie der „drohende Wurzeltod” als Notfalloperation klassifiziert.

Außerdem wird bei Lähmungen, zunehmenden Sensibilitätsstörungen, Massenvorfall (ggf. mit knöcherner Enge) und bei großen Sequestern (ggf. mit knöcherner Enge) eine Operation im Ablaufschema der Leitlinie angezeigt, ohne dass zuvor konservativ behandelt wird. Bei massiven radikulären Schmerzen, die kurzfristig nicht durch Analgetika beeinflussbar sind, und einem adäquaten Befund in der Bildgebung (i.d.R. MRT) ist ebenfalls ein frühes operatives Vorgehen gerechtfertigt.

Bei leichteren Verläufen ist eine konservative Therapie, die aber innerhalb eines Zeitraumes von 6-8 Wochen eine deutliche Verbesserung der Schmerzen und eine Zunahme der Belastbarkeit erbringen sollte, eine Alternative. Anderenfalls muss eine Umstellung der Therapie respektive eine operative Maßnahme diskutiert werden (Rothoerl et al. 2002, Postacchini 1996). Eine unkritische Fortführung der konservativen Therapiemaßnahmen birgt die Gefahr der Chronifizierung von Schmerzsyndromen in sich.

Für die Gruppe der Patienten mit symptomatischem und klinisch gesichertem (Anamnese, klinische Untersuchung, ggf. bildgebende Diagnostik) Vorfall, aber ohne Cauda-equina-Syndrom und ohne progressive motorische Dysfunktion, fehlt eine klare Therapie-Empfehlung (Operationsindikation ja oder nein) in allen Leitlinien. Abgesehen davon ist diese Leitlinie nicht mehr gültig; sie galt nach Angabe im Text der Leitlinie bis 2006. Eine neue existiert bislang nicht. Davon abgesehen, dass Leitlinien Empfehlungscharakter haben und nicht verbindliche Anweisungen sind, liegt die Therapie-Entscheidung im Ermessen des behandelnden Arztes unter Berücksichtigung aller klinischen und persönlichen Aspekte des Patienten.

Bei der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie existiert zum Thema Bandscheibenvorfall keine bzw. keine aktuelle Leitlinie.

Einige, auch ausländische (USA), evidenzbasierte orthopädische Leitlinien fordern bei zweifelsfreier Übereinstimmung der Ergebnisse aus Anamnese, klinischer und bildgebender Diagnostik sowie berücksichtigten Patientenerwartungen vor der primären Diskektomie ein initiales Abwarten von vier bis acht Wochen mit konservativer Therapie.

Krämer et al. sehen eine Indikation zur lumbalen Diskotomie gegeben, wenn sich nach mindestens sechswöchiger konservativer Behandlung keine Besserung der Symptomatik (starke Schmerzen) ergibt und eine CT/MRT eindeutig eine Bandscheibenprotrusion bzw. einen -prolaps nachweist. Als Kontraindikationen für eine lumbale Diskotomie geben sie Kreuzschmerzen ohne radikuläre Symptomatik, Unklarheiten in der Diagnose, fehlende Bereitschaft des Patienten und Wirbelsäulenhypochondrie an. Es handelt sich hier um eine publizierte Einzelmeinung, nicht um die Aussage z. B. einer Fachgesellschaft.

Andere Autoren äußern hingegen, dass der Leidensdruck des Patienten ein wesentlicher Faktor bei der Stellung der frühen Indikation für invasive Therapieverfahren bei Patienten mit diskogenem Rückenschmerz auch ohne begleitende neurologische Defizite ist (Mayer, HM: Discogenic low back pain and degenerative lumbar spinal stenosis – how appropriate is surgical treatment? In: Der Schmerz 15 (2001) Nr. 6, S. 484-491).

Insofern gibt es keine klare Definition der Indikationen und keine evidenzbasierte verbindliche Leitlinie. Es ist eine Entscheidung des behandelnden Arztes im Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Fakten und Befunde.

Für Deutschland sind gebräuchliche Indikationsregeln für den nicht als Notfall oder dringliche Operation einzustufenden Eingriff bei bandscheibenbedingter Ischialgie bzw. für die degenerative lumbale Nervenwurzelkompression über die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) herausgegeben (vergl. Lühmann et al.). Beide Leitlinien ziehen bei der Definition des Störungsbilds anamnestische Angaben, klinische Unter- suchungsbefunde und die Ergebnisse bildgebender Verfahren heran. Die Entscheidung hat der behandelnde Arzt im Einzelfall zu treffen.

Daraus resultiert, dass keinesfalls ein schematisches Vorgehen mit regelhaft vorausgehender konservativer Behandlung gefordert wird, sondern ein auf den Einzelfall ausgerichtetes Vorgehen, das der individuellen Situation des Patienten gerecht wird.

Bei den zitierten deutschen Leitlinien bleibt zudem zu bedenken, dass es sich um so genannte Stufe 1 Leitlinien handelt. Die Inhalte werden von einer Expertengruppe innerhalb der Fachgesellschaften erarbeitet. Eine systematische und transparente Unterlegung der ausgesprochenen Empfehlungen mit entsprechender Evidenz aus klinischen Studien erfolgt nicht.

In der Medizin hat sich als Definition des Begriffes „Evidenz” die englischsprachige Bedeutung der „besten zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnis” eingebürgert. Bei konkurrierenden Diagnose- und Therapiemöglichkeiten bedeutet ein hoher Empfehlungsgrad für eine einzelne Maßnahme jedoch nicht automatisch, dass sie allen anderen überlegen sein muss. Die Evidenzaussage bezieht sich auf die untersuchte Fragestellung und oft fehlen entsprechende Studien für die anderen Methoden oder zum Vergleich der Methoden. Eine Unwirksamkeit oder Unterlegenheit kann nur bei explizitem Nachweis als gesichert angesehen werden. Leitlinien sind dazu nicht verbindlich; die Behandlungsfreiheit des Arztes bleibt bestehen, insbesondere da die Leitlinien nach der Einteilung der international akzeptierten Empfehlungen des SIGN der Gruppe D und nicht A oder B zuzuordnen sind.

Bei der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass die letzte Überarbeitung 2004 (im wesentlichen unverändert sei 1999 und mit Gültigkeit bis 2006) erfolgt ist und die operativen Verfahren, insbesondere die mikroneurochirurgischen Methoden und die endoskopische Technik erhebliche Fortschritte gemacht haben, sodass die Operation nicht nur wesentlich komplikationsärmer sondern auch noch erfolgreicher ist.

Es ist daher einem schwer schmerzgeplagten Patienten oder einem Patienten mit entsprechendem sozialem oder beruflichem Hintergrund (z. B. selbständiger Unternehmer, Handwerker oder z. B. auch Profisportler etc.) aus medizinischer und beruflich existentieller Sicht nicht zuzumuten, eine konservative Behandlung von sechs Wochen durchzuführen, obwohl es gute Alternativen mit deutlich schnellerer Heilung gibt, zumal dazu die Gefahr einer Krankheitsverschlimmerung besteht und die medikamentöse Therapie auch mit erheblichen Nebenwirkungen, Risken und der Gefahr der Chronifizierung behaftet sein kann.

Wir versuchen daher, in jedem Fall – im interdisziplinären Kontext (Neurochirurgie, Neurologie, Orthopädie und Schmerztherapie) für den individuellen Patienten die für ihn bestmögliche Behandlung zu evaluieren. Dies kann beim lumbalen Bandscheibenvorfall ein konservatives Vorgehen sein aber auch im Einzelfall ein frühes operatives Vorgehen ohne langdauernde konservative Behandlung.

Cervikale Vorfälle und hochgradige lumbale Spinalkanalstenosen und cervikale Spinalkanalstenosen sind wie oben erläutert grundsätzlich anders zu betrachten.

Es ist unseres Erachtens nicht richtig, ohne klare wissenschaftliche Grundlage – und sogar teilweise gegen die Empfehlungen aus der wissenschaftlichen Literatur – pauschal und noch dazu bei sehr verschiedenartigen Erkrankungen mit unterschiedlicher Ätiologie und Prognose ein starres Vorgehen mit konservativer Behandlung zu fordern.

Weitere Informationen über eine endoskopische Bandscheibenoperation.

Kann man mit einem Bandscheibenvorfall gelähmt werden?

Auch können einzelne Muskeln geschwächt oder gar gelähmt werden. Bei Druck der verrutschten Bandscheibe auf die Nervenwurzeln im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule entstehen Schmerzen, die vom Gesäß bis ins Bein ausstrahlen und neurologische Ausfälle wie Lähmungen oder Taubheitsgefühle nach sich ziehen.

Bei welchem Wirbel ist man Querschnittslähmung?

Die genaue Bezeichnung der Querschnittlähmung richtet sich nach dem letzten funktionsfähigen Rückenmarkssegment. Eine Verletzung unterhalb von L4 bedeutet beispielsweise, dass das Segment des vierten Lendenwirbels mit seinen Spinalnerven noch intakt ist, während alle unterhalb liegenden Segmente geschädigt sind.

Wie kann es zu einer Querschnittslähmung kommen?

Ursachen der Querschnittslähmung Die häufigsten Ursachen einer Querschnittslähmung sind Unfälle mit traumatischen Krafteinwirkungen auf die Wirbelsäule. Aber auch Krankheiten des Rückenmarks oder der umgebenden Strukturen können zu einer Störung bzw. Lähmung führen.

Kann eine Spinalkanalstenose zu einer Querschnittslähmung führen?

In allerschwersten, seltenen Fällen kann die Spinalkanalstenose zu einer Querschnittslähmung führen: Die Erkrankten können ihre Beine nicht mehr bewegen und haben die Kontrolle über ihre Blase und ihren Darm verloren.