Lesen Sie hier, was der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz besagt und wann Arbeitnehmer gleichen Lohn für gleiche Arbeit verlangen können. Show
Im Einzelnen finden Sie Hinweise dazu, warum der Gleichbehandlungsgrundsatz nur willkürliche Benachteiligungen durch den Arbeitgeber, nicht aber willkürliche Begünstigungen verbietet, wie der Gleichbehandlungsgrundsatz durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ergänzt wurde und in welchen Fällen der Gleichbehandlungsgrundsatz weiterhilft, das AGG aber nicht. von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
Was besagt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz?Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz besagt, dass der Arbeitgeber bei begünstigenden Maßnahmen gegenüber seinen Arbeitnehmern keinen einzelnen Arbeitnehmer aus willkürlichen Gründen schlechter als andere, mit ihm vergleichbare Arbeitnehmer behandeln darf. Beispiel: Alle 15 Arbeitnehmer erhalten erstmals in diesem Jahr ein halbes Monatsgehalt als Weihnachtsgeld, das im November ausgezahlt wird. Alle - bis auf Herrn N. Der hat sich anscheinend in der letzten Zeit beim Chef unbeliebt gemacht. Da die Weihnachtsgeldzahlung eine begünstigende Maßnahme des Arbeitgebers ist und alle Arbeitnehmer - unabhängig von ihrer Funktion, der Dauer der Beschäftigung etc. - die Zuwendung erhalten und daher in puncto Weihnachtsgeld ausnahmslos miteinander �vergleichbar� sind, wird Herr N. unter Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz schlechter gestellt. Da diese Schlechterstellung bzw. Ungleichbehandlung rechtlich verboten ist, hat er einen Anspruch auf ein halbes Monatsgehalt als Weihnachtsgeld. Verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz willkürliche Begünstigungen?Nein, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur Schlechterstellungen gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern, nicht aber Besserstellungen. Wer daher als einziger Günstling des Chefs in dem o.g. Beispiel ein volles Monatsgehalt als Weihnachtsgeld erhält, wird nicht etwa unter Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz bzw. rechtswidrig, sondern in rechtlich zulässiger Weise bessergestellt. Was eine erlaubte �Besserstellung� ist und was hingegen eine verbotene �Schlechterstellung�, ist dabei abhängig von der großen Mehrzahl der Fälle bzw. einer allgemeinen Regel. Gebietet der Gleichbehandlungsgrundsatz, dass �gleicher Lohn für gleiche Arbeit� gezahlt wird?Nein, der Arbeitgeber kann seine Arbeitnehmer für gleiche Arbeit ungleich entlohnen, ohne damit gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu verstoßen. Das folgt aus der Vertragsfreiheit, die wenig wert wäre, wenn man bei (Neu-)Einstellungen über den Lohn nicht mehr verhandeln könnte. Beispiel: Alle acht Installateure eines kleinen Handwerksbetriebs bekommen 13,50 EUR die Stunde, bis auf den zuletzt eingestellten neunten Installateur, Herrn G., der 15,00 EUR erhält. Herr G wurde nämlich genau zu einer Zeit eingestellt, als der Chef händeringend Installateure suchte. Herr G. nutzte die Gunst der Stunde und handelte einen Stundenlohn von 15,00 EUR aus. Eine solche Bevorzugung einzelner Arbeitnehmer ist nicht gut für das Betriebsklima, aber rechtens. Ausnahmsweise muss der Arbeitgeber allerdings doch gleiche Arbeit gleich bezahlen, d.h. hier tritt die Vertragsfreiheit zurück. Ein solcher Ausnahmefall sind sog. Lohnwellen, d.h. Situationen, in denen alle miteinander vergleichbaren Arbeitnehmer eine Lohnerhöhung oder Zusatzzahlung in gleicher Höhe bzw. auf gleicher Berechnungsbasis erhalten. Hier gibt es eine allgemeine Regel, von der der Arbeitgeber nicht zulasten eines einzelnen Arbeitnehmer abweichen darf. Eine weitere Ausnahme sind Fälle, in denen eine ungleiche Bezahlung eine Diskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wäre, d.h. eine Diskriminierung wegen des Geschlechts, wegen des Alters, wegen einer Behinderung, wegen des Glaubens, wegen der sexuellen Orientierung oder wegen der ethnischen Herkunft. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber im Ergebnis gleiche Arbeit gleich bezahlen, d.h. hier geht die Gleichbehandlung der Vertragsfreiheit vor. Beispiel: Alle 20 männlichen Installateure eines Betriebs bekommen 13,50 EUR pro Stunde, die fünf weiblichen dagegen nur 12,00 EUR. Kann der Arbeitgeber für diese schlechtere Bezahlung von Frauen keine triftigen Sachgründe nennen, liegt eine vom AGG und vom Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) verbotene geschlechtsbedingte Lohndiskriminierung vor. Dann muss eine Lohnangleichung "nach oben" vorgenommen werden, so dass die Installateurinnen dann ebenfalls einen Anspruch auf 13,50 EUR pro Stunde haben (und zudem auf eine Geldentschädigung zum Ausgleich für die erlittene Diskriminierung). Auch wenn die ungleiche Bezahlung gleicher Arbeit legal ist, kann sie natürlich aus Sicht der betroffenen Arbeitnehmer ungerecht sein, wie das Beispiel der schlechteren Bezahlung von Leiharbeitnehmern im Vergleich zur Stammbelegschaft zeigt. Was besagt das Lohngleichheitsgebot nach dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG)?Das am 06.07.2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) soll es Frauen erleichtern, gegen Lohndiskriminierungen vorzugehen. Dazu sieht § 10 EntgTranspG einen Auskunftsanspruch vor, mit sich Frauen nach der im Betrieb üblichen Bezahlung von Männern erkundigen können, die eine gleiche oder vergleichbare Arbeit ausüben (denselben Anspruch haben natürlich auch Männer, wenn sie wissen wollen, wie viel Geld ihre weiblichen Kollegen verdienen). Das Ziel des Gesetzes wird in § 1 EntgTranspG so beschrieben: "Ziel des Gesetzes ist es, das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen." Und in § 7 EntgTranspG heißt es unter der Überschrift "Entgeltgleichheitsgebot": "Bei Beschäftigungsverhältnissen darf für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts." Auf den ersten Blick wird damit das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" vorgeschrieben, jedenfalls im Verhältnis von weiblichen und männlichen Beschäftigten. Tatsächlich hat das Entgeltgleichheitsgebot nach dem EntgTranspG aber die gleiche Bedeutung wie das schon seit Jahrzehnten geltende Verbot der geschlechtsbedingten Lohndiskriminierung, das sich auch aus den Vorschriften des AGG ergibt. Im EntgTranspG ist dieses Verbot in § 3 wiedergeben und besagt, dass eine geringere Bezahlung von Frauen verboten ist, wenn diese Benachteiligung wegen des Geschlechts vorgenommen wird. BEISPIEL: In einer IT-Abteilung verrichten fünf Frauen und zehn Männer die gleiche Arbeit. Die Männer bekommen im Durchschnitt ein Drittel mehr Geld als die Frauen. Die bessere Bezahlung liegt bei vier der männlichen Kollegen daran, dass sie durch einen Betriebsübergang nach § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu der Belegschaft hinzugekommen sind und bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber gemäß Arbeitsvertrag besser verdient haben; diese vertraglichen Ansprüche sind durch § 613a BGB gesichert. Der am besten verdienende männliche Kollege war früher Leiter der IT-Abteilung und hat infolge einer Änderungskündigung seine Leitungsposition verloren, nicht aber sein besseres Gehalt. Die restlichen fünf Männer machen ständig Nachtschichten und erhalten dafür Zuschläge. In diesem Beispiel bekommen die Männer zwar für die gleichen Aufgaben ein besseres Gehalt als ihre Kolleginnen, aber diese Gehaltsunterschiede wurden nicht wegen des Geschlechts festgelegt. Eine geschlechtsbedingte Lohndiskriminierung im Sinne von § 3 EntgTranspG liegt daher nicht vor. Wurde der Gleichbehandlungsgrundsatz durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eingeführt?Nein, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz galt schon lange vor dem AGG. Er wurde von einigen Arbeitsrechtlern aus Art.3 GG (Gleichheitsgrundrecht), von anderen aus dem zivilrechtlichen Prinzip von �Treu und Glauben� oder auch aus der �Fürsorgepflicht� des Arbeitgebers hergeleitet. Wurde der Gleichbehandlungsgrundsatz durch das AGG abgelöst?Nein, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt in seinem bisher anerkannten Umfang auch weiterhin, d.h. er wurde durch das AGG nicht abgelöst oder gar beschränkt, sondern allenfalls erweitert bzw. ergänzt. Dies wird in § 2 Abs.3 AGG ausdrücklich klargestellt. Danach wird die Geltung von bereits bestehenden Benachteiligungsverboten oder Geboten der Gleichbehandlung durch das AGG nicht berührt. In welcher Hinsicht ergänzt das AGG den Gleichbehandlungsgrundsatz?Das AGG enthält ausführliche Regelungen über verbotene Gründe für Schlechterstellungen. Es verbietet allgemein Benachteiligungen aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, wegen der Religion oder Weltanschauung, wegen einer Behinderung, wegen des Alters oder wegen der sexuellen Identität (§ 1 AGG). Außerdem verbietet das AGG nicht nur offensichtliche, sondern auch mittelbare Benachteiligungen und sogar �Belästigungen� (§ 2 Abs.2, 3 AGG). Belästigungen sind eine besondere Form der unzulässigen Benachteiligung. Hierbei geht es grob gesagt um Mobbing. Weiterhin gilt das AGG gemäß § 6 Abs. AGG auch zugunsten des Bewerbers, der ja noch gar kein �Arbeitnehmer� im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist. Schließlich enthält das AGG Ansprüche auf Schadensersatz und auf Geldentschädigung zugunsten der Betroffenen verbotener Diskriminierungen (§ 15 AGG). Diese Ansprüche können dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ohne weiteres entnommen werden. Über das AGG können Sie sich auf dieser Webseite hier genauer informieren. Wann hilft der Gleichbehandlungsgrundsatz, während das AGG versagt?Solche Fälle sind immer dann gegeben, in denen eine Benachteiligung nichts mit den Diskriminierungsverboten des AGG zu tun hat, also nicht auf dem Alter, dem Geschlecht, der ethnischen Herkunft etc. beruht, sondern ein Arbeitnehmer aus anderen Gründen oder auch �einfach so� benachteiligt wird. So verhält es sich in dem obigen Beispiel, in dem einem einzigen Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld verweigert wird, weil er sich mit seinem Chef angelegt hat. Diese Schlechterstellung verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, aber nicht gegen die Diskriminierungsverbote des AGG. Wo finden Sie mehr zum Thema Gleichbehandlungsgrundsatz?Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema Gleichbehandlungsgrundsatz interessieren könnten, finden Sie hier:
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unter: Letzte Überarbeitung: 18. Juli 2022 Wie kann ich eine höhergruppierung beantragen?Ist ein Arbeitnehmer zu niedrig eingruppiert, so kann er einen Höhergruppierungsantrag stellen. Dieser muss im Personalbüro entweder im Beisein von Zeugen oder mit einer schriftlichen Bestätigung gestellt werden. Meist müssen Sie dazu den zuständigen Personalleiter bzw. die Dienststellenleitung aufsuchen.
Wie kommt man in die nächste Entgeltgruppe?Bei kontinuierlich durchschnittlich guter Leistung erreicht er nach 1 Jahr Stufe 2, nach 3 Jahren Stufe 3 (davon 2 Jahre in Stufe 2), nach 6 Jahren Stufe 4 (davon 3 Jahre in Stufe 3), nach 10 Jahren Stufe 5 (davon 4 Jahre in Stufe 4) und nach 15 Jahren Stufe 6 (davon 5 Jahre in Stufe 5).
Wann gibt es die nächste Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst?2.2 Erhöhung Tabellenentgelt
In der Tarifrunde 2020 sind zwei Entgelterhöhungen vorgesehen: zum 1. April 2021 und zum 1. April 2022. Zur ersten Erhöhung am 1.4.2021 ist ein Mindestbetrag vereinbart.
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