Wann wurde die 5 prozent hürde eingeführt

Was ist die "Fünf-Prozent-Hürde?"

Bei der Bundestagswahl muss eine Partei mindestens fünf Prozent aller Stimmen auf sich vereinen, damit sie bei der Sitzverteilung berücksichtig wird.

© Quelle: RND

Ausgenommen von der Fünf Prozent Klausel sind Parteien nationaler Minderheiten. Eingeführt wurde die Klausel 1953, nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Eindruck der teils chaotischen Verhältnisse im Parlament zur Zeit der Weimarer Republik.

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Definition

Die Fünf-Prozent-Hürde ist eine explizite Hürde (Sperrklausel) in deutschen Wahlgesetzen, die die Teilnahme einer Partei an der Mandatsvergabe vom Erreichen eines Anteils von fünf Prozent der Stimmen abhängig macht. Zu den Auswirkungen siehe auch den ausführlichen Artikel zur Sperrklausel.

Ein Quorum von 7,5 % für den Landtag in Schleswig-Holstein wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht gestattet (BVerfGE 1, 208 – zur 7,5 %-Sperrklausel). Sperrklauseln über 5 % bedürfen nach dieser Rechtsprechung ganz besonderer, zwingender Gründe. Das Quorum kann aber unter einem Wert von 5 % liegen.

Eine Fünf-Prozent-Klausel muss nicht die einzige Hürde sein. Sie kann – etwa durch eine alternative Grundmandatsklausel – ergänzt werden, bzw. für Parteien nationaler Minderheiten entfallen.

Der Wert von fünf Prozent scheint zu einer Art Dogma eines gemeindeutschen Quorums geworden zu sein, der auch bei Entscheidungen, die nichts mit einer Sperrklausel zu tun haben, auftaucht (vgl. BVerfGE 95, 335).

Verbreitung in Deutschland

Die Fünf-Prozent-Klausel gilt bei Bundestagwahlen, Europawahlen (wurde am 8. November 2011 vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt, ebenso die später dafür eingeführte Drei-Prozent-Klausel), allen Landtagswahlen und bei Kommunalwahlen in Bremen, dem Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen. Eine 3,03 %-Hürde gibt es bei Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz, eine 3 %-Hürde bei der Wahl der Bezirksverordnetenversammlung in Berlin. Allerdings wird die 5 %-Klausel für Kommunalwahlen immer mehr in Frage gestellt.

Spielarten

Auch wenn man allgemein von der Fünf-Prozent-Hürde spricht, es gibt eine Reihe von Feinheiten:

  • Am verbreitetsten ist: fünf Prozent der gültigen Stimmen,
  • etwas höher liegt: fünf Prozent der abgegebenen Stimmen (Berlin, war in Hamburg, ...),
  • getrennte Hürden in verschiedenen Wahlgebieten (Bremen, Erster Bundestag),
  • Bundestagswahl 1990 (zwei Anwendungsgebiete, eine Hürde zu meistern),
  • zusammen mit anderen Hürden, die alternativ überwunden werden können (Grundmandatsklausel) und
  • Ausnahmen für Parteien nationaler Minderheiten.

Verfassungsrang

In Bayern und Bremen hat die Fünf-Prozent-Klausel sogar Verfassungsrang.

In Bayern muss der Wahlkreissieger auch einer Partei angehören, die die Fünf-Prozent-Klausel überwunden hat, um in den Landtag einzuziehen.

Knappe Ergebnisse

  • Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl am 23. September 2001 erzielte die FDP mit 43.214 Stimmen 5,08 % der gültigen und nur 5,04 % der abgegeben Stimmen. Die Hamburger FDP lag damit nur nur ganze 303 Stimmen über der gesetzlichen Sperrklausel (vgl. Meldung vom 23.  September 2001 – Hamburg nur 304 Stimmen an Wahlrechtsstreit vorbeigeschlittert).
  • Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 5. April 1992 erzielten die GRÜNEN 4,97 % der gültigen Stimmen (es fehlten 398 Stimmen).
  • Aber auch im Süden gab es knappe Ergebnisse, so scheiterten bei der Landtagswahl in Bayern 1990 die Republikaner mit 4,9 % der gültigen Stimmen.
  • Bei der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 25. Mai 2003 erhielt die FDP im Wahlgebiet Bremerhaven mit 2.625 Stimmen und 5,7 % Anteil an den gültigen Stimmen die bis dahin in absoluten Zahlen wohl geringste Stimmenzahl, die für das Überwinden der Fünf-Prozent-Hürde und einen Sitz ausreichte. Ausgereicht hätten für dieses Mandat theoretisch auch schon – gleiche Stimmzahlen bei den anderen Parteien vorausgesetzt – 2.284 (5 %) der Stimmen.
  • Bei der folgenden Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 13. Mai 2007 überwand die DVU schon mit 2.376 Wählerstimmen in Bremerhaven (5,4 %) die Fünf-Prozent-Hürde. Das dürfte – nach den Wahlrecht.de vorliegenden Zahlen – die geringste Wählerzahl sein, die jemals für den Einzug in ein bundesdeutsches Parlament ausreichte. Ebenso in Bremerhaven scheiterte dagegen die Wählervereinigung Bürger in Wut (BIW) mit 2.216 Stimmen (4,9983 %) mit – der knappsten Differenz überhaupt – genau einer Stimme an der Fünf-Prozent-Hürde. Allerdings steht das Ergebnis noch nicht fest, da ein Wahlprüfungsverfahren eingeleitet wurde.
  • Durch die im Ergebnis des Wahlprüfungsverfahrens der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft angeordnete Wiederholungswahl in einem Wahlbezirk am 6. Juli 2008 überwand die Wählervereinigung Bürger in Wut (BIW) nun mit 2.336 Wählerstimmen in Bremerhaven (5,29 %) doch die Fünf-Prozent-Hürde, was nun kein knappes Ergebnis mehr, aber die geringste Wählerzahl zum Einzug in ein bundesdeutsches Parlament ist.

Abschaffung der Fünf-Prozent-Hürde

In einigen kommunalen Wahlsystemen wurde die Fünf-Prozent-Hürde aufgrund (oder im Vorgriff auf) Gerichtsentscheidungen wieder abgeschafft. Vor allem bei Kommunalwahlen ist der Trend zur Abschaffung der Sperrklausel zu beobachten.

  • Bei Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen wurde die Sperrklausel 1999 nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen abgeschafft. Im Oktober 2007 wurde eine Ein-Sitz-Sperrklausel eingeführt, die am 16. Dezember 2008 vom Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt wurde.
  • In Hessen wurde die Fünf-Prozent-Hürde im Rahmen der Kommunalwahlreform 1999 abgeschafft (Hessen 1999).
  • In Mecklenburg-Vorpommern wurde nach einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts vom 14. Dezember 2000 – LVerfG 4/99 das Kommunalwahlgesetz im Jahr 2003 zur Wahl 2004 geändert.
  • Die Fünfprozenthürde im Kommunalwahlgesetz von Schleswig-Holstein erklärte das Bundesverfassungsgericht am 13. Februar 2008 in einem Organstreitverfahren der schleswig-holsteinischen Landesverbände der Parteien GRÜNE und DIE LINKE für verfassungswidrig. Der Schleswig-Holsteinische Landtag strich daraufhin am 29. Februar 2008 die Sperrklausel bei Kommunalwahlen.
  • Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat am 11. April 2008 in einem Normenkontrollverfahren die kommunale 5 %-Hürde für verfassungswidrig erklärt.
  • Am 20. August 2008 strich der Landtag des Saarlandes in indirekter Folge des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur Verfassungswidrigkeit der Fünfprozenthürde im Kommunalwahlgesetz von Schleswig-Holstein diese im Kommunalwahlgesetz des Saarlandes. Die Änderung wird am Tag nach der Verkündung wirksam.

Entscheidungen (Auswahl)

Bundestagswahlrecht

  • BVerfG, Urteil vom 29.09.1990, 2 BvE 4/90, 2 BvE 3/90, 2 BvE 1/90, 2 BvR 2471/90 – (BVerfGE 82, 322) – Sperrklausel bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl

Europawahlrecht

  • BVerfG, Urteil vom 26.02.2014, 2 BvE 2/13, 2 BvE 5/13, 2 BvE 6/13, 2 BvE 7/13, 2 BvE 8/13, 2 BvE 9/13, 2 BvE 10/13, 2 BvE 12/13, 2 BvR 2220/13, 2 BvR 2221/13, 2 BvR 2238/13 – Dreiprozenthürde im Europawahlgesetz
  • BVerfG, Urteil vom 08.11.2011, 2 BvC 4/10, 2 BvC 6/10, 2 BvC 8/10 – (BVerfGE 129, 300) – Fünfprozenthürde im Europawahlgesetz
  • BVerfG, Beschluss vom 22.05.1979, 2 BvR 193/79, 2 BvR 197/79 – (BVerfGE 51, 222) – Sperrklausel im Europawahlgesetz

Landtagswahlsrecht

  • BayVerfGH, Beschluss vom 18.07.2006, Vf. 9-VII-04
  • BVerfG, Urteil vom 05.04.1952, BVerfGE 1, 208 – 7,5 %-Sperrklausel bei Landtagswahl SH

Kommunalwahlrecht

  • VerfGH NW, Urteil vom 16.12.2008, VerfGH 12/08
  • BVerfG, Urteil vom 13.02.2008, 2 BvK 1/07 (KWahlG SH)
  • VerfGH TH, Urteil vom 18.07.2006, VerfGH 8/05
  • VerwG Weimar, Beschluss vom 13.07.2005, 6 K 5804/04.We – Vorlagebeschluss
  • LVerfG MV, Urteil vom 14.12.2004, LVerfG 4/99
  • StGH HB, Urteil vom 29.08.2000
  • VerfGH NW, Urteil vom 06.07.1999, 14/98, 15/98 (DVBl 1999, 1271)
  • VerfGH SL, Urteil vom 02.06.1998, Lv 4/97 (VwRR SW 1998, 91)

Links

  • Synoptische Darstellung der Fünf-Prozent-Klauseln im Landtagswahlrecht
  • Synoptische Darstellung der Sperrklauseln im Kommunalwahlrecht
  • Seminararbeit: Das Landtagswahlrecht in der Kritik: 5 %-Hürde, unterschiedliche Wahlkreisgrößen, offene Listen? Vorwahlen?

Wie viel Prozent braucht man um in den Bundestag zu kommen?

Mit der Zweitstimme wird der Anteil an Sitzen der Parteien im Parlament bestimmt; wenn eine Partei bundesweit mindestens 5 % der Zweitstimmen oder mindestens 3 Direktmandate erhält (Sperrklausel), kommen genau so viele Kandidaten in den Bundestag, wie dies dem Anteil an Stimmen unter allen Parteien entspricht, die die ...

Wie viele Direktmandate braucht man?

h., der Kandidat mit den meisten Stimmen ist als Wahlkreisabgeordneter gewählt. Kann eine Partei mindestens drei Direktmandate gewinnen, so erhält sie auch dann Mandate gemäß ihrem Zweitstimmenanteil, wenn sie weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen gewonnen hat (Grundmandatsklausel).

Welche Sperrklausel gilt für Niederösterreich?

Der Begriff Vier-Prozent-Hürde bezeichnet eine Sperrklausel bei Wahlen zum österreichischen Nationalrat, die 1992 mit der Novelle der Nationalrats-Wahlordnung ( BGBl. Nr. 471/1992 ) eingeführt wurde.

Was Erststimme?

Die Erststimme heißt bei Landtagswahlen in Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen Wahlkreisstimme, in Sachsen Direktstimme. Die Bedeutung der Erststimme ist außer in Bayern dieselbe wie bei Bundestagswahlen. Jedoch werden in Hamburg in jedem Wahlkreis drei bis fünf Sitze nach Verhältniswahl verteilt.