Was bedeuten die zahlen auf kunststoffartikeln

06.07.2021 | Verpackung

Interview mit Dr. Sieglinde Stähle zur EU-Einwegkunststoffrichtlinie

Seit dem 3. Juli 2021 ist in Deutschland die europäische Richtlinie (EU) 2019/904 umgesetzt. Ein Ziel der EU-Einwegkunststoffrichtlinie ist es, durch Verbote und verbrauchsmindernde Maßnahmen die Nutzung von Produkten aus Einwegkunststoff zu reduzieren. Hintergrund ist die zunehmende Verschmutzung der Meere, die durch das achtlose Wegwerfen von gebrauchten Kunststoffartikeln wie Strohhalmen entstanden ist und dem verstärkt entgegengewirkt werden soll. Wir haben mit unserer Expertin Dr. Sieglinde Stähle über die neuen Vorschriften und ihre Bedeutung gesprochen.

1. Frau Dr. Stähle, was bedeutet das Einwegkunststoffverbot für die Wirtschaft und was für die Verbraucher:innen?
Die Einwegkunststoffrichtlinie wird in mehreren Tranchen umgesetzt, an die sich Wirtschaft und Verbraucher:innen zeitlich gestaffelt einstellen müssen. Als erster Schritt ist am 3. Juli das Einwegkunststoffverbot, das vollständige „Aus“ für bestimmte Artikel, in Kraft getreten. Es folgen noch Kennzeichnungsvorschriften zum Entsorgen. In Form des neuen Verpackungsgesetzes kommt zudem zu einem späteren Zeitpunkt noch erweiterte Pfandpflichten und eine Mehrwegangebotspflicht für den To-Go-Bereich hinzu.

2. Welche Produkte dürfen konkret nicht mehr verkauft werden seit dem 3. Juli 2021?
Konkret verboten sind folgende Kunststoffprodukte: Einwegbestecke und –Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen und Luftballonstäbe aus Plastik; ebenso verboten wurden bestimmte To-go-Behälter sowie To-go-Getränkebecher aus Styropor. Das Besondere ist, dass auch z. B. Wegwerfgeschirre aus sog. biobasierten oder biologisch abbaubaren Kunststoffen betroffen sind oder solche aus Pappe, sobald sie zu einem geringen Teil mit Kunststoff überzogen sind. Nach der Absicht des Gesetzgebers soll eben gar kein Müll aus Einwegprodukten entstehen.

3. Gibt es Übergangsregelungen für die Verbotsvorschrift?
Das neue „Verbot“ gilt „ab sofort“ für das erste Inverkehrbringen der Produkte wie z.B. die Kunststoff-Trinkhalme. Es darf nichts mehr für den hiesigen Markt hergestellt oder importiert werden. Alle Artikel, die vor dem 3. Juli 2021 hergestellt wurden, dürfen abverkauft werden. Trinkhalme, Partygeschirre, die sich z. B. in der Gastronomie oder im Einzelhandel befinden – oder im Privathaushalt – , dürfen bis zum Aufbrauch genutzt werden und müssen nicht aus den Regalen. Es soll nicht unnötigerweise noch mehr Müll verursacht werden.

4. Laut Bundesumweltministerium werden in Deutschland stündlich rund 320.000 Einweg-Becher für Heißgetränke verbraucht. Was passiert nun mit dem Coffee-to-go?
Ob diese Zahl so aktuell ist, ist zu bezweifeln, es hat sich ja schon viel bewegt beim Coffee-to-go-Becher. Festzustellen ist, dass die Corona-Zeit viele freiwillige Konzepte zur Vermeidung von Einweg-Bechern z. B. durch mitgebrachte Mehrwegbecher oder durch Pfandbecher, durcheinandergewirbelt hat und Initiativen zurückgeworfen wurden. Stand heute ist: Coffee-to-go in Styropor ist verboten; Coffee-to-go im Einwegbecher ist ab 3. Juli 2023 obligatorisch zu ersetzen durch Mehrwegbecher oder Kunden-Becher. Wir machen uns derzeit Gedanken, wo und wie das umgesetzt werden kann bzw. muss.

5. Gerade auch durch Corona hat Essen zum Mitnehmen einen neuen Hype erfahren. Auf welche Alternativen kann die Branche zurückgreifen?
Der Branche ist jetzt wichtig, sich nach Corona erstmal zu konsolidieren und dann wird deutlich, welcher Anteil der Essensbestellungen weiterhin „außer Haus“ geht und ob Gäste dies bevorzugt weiter nachfragen. Die Mittel der Wahl zur Abgabe von Essen zur Mitnahme – oder Lieferung – sollten nicht mehr die Einwegbehältnisse sein, sondern geeignete Mehrweg-Schalen aus Kunststoff, Glas, Keramik oder innovativem Material. Die beste Lösung ist das Geschirr, das die Kunden von zuhause mitbringen und das hygienisch durchdacht in der Gastronomie befüllt wird. Wir wissen aber, dass das von Seiten der Gäste die Ausnahme darstellt; Vielen ist es zu umständlich. Über Mehrweg-Geschirre müssen sich die Gastronomen also noch Gedanken machen und sich z. B. für Pfandkonzepte entscheiden, sich Poolsystemen anschließen. Ab Juli 2023 wird dies für bestimmte Betriebsgrößen zur Pflicht – insofern ist jetzt die Zeit zu beginnen und auch die Kunden zu sensibilisieren.
Der Schlüssel zum Erfolg – auch zum Erfolg für die Umwelt – liegt in der Nachfrage; wenn Verbraucher nicht mitmachen, wenn sie Mehrweg-Geschirr nicht nutzen, dann wird die gesetzliche Angebotspflicht zur einseitigen Last für die Gastronomen.

Weitere Informationen bieten die Merkblätter des Lebensmittelverbands zu Mehrweggeschirr und Poolsystemen.

Welche Einweg-Kunststoffprodukte sind ab dem 3. Juli verboten?

Einwegbesteck und -geschirr aus Plastik, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff dürfen ab dem 3. Juli 2021 EU-weit nicht mehr produziert werden. Gleiches gilt für To-go-Getränkebecher, Fast-Food-Verpackungen und Wegwerf-Essenbehälter aus Styropor. Der Handel kann vorhandene Ware abverkaufen. 

Verboten werden zudem Wegwerfteller, -becher oder -besteck aus biobasierten oder biologisch abbaubaren Kunststoffen. Das Gleiche gilt für Einwegteller und -schalen aus Pappe, die nur zu einem geringen Teil aus Kunststoff bestehen oder mit Kunststoff überzogen sind.

Kennzeichen auf weiteren Plastik-Wegwerfprodukten:Erlaubt bleiben weitere Wegwerfprodukte aus oder mit Kunststoff wie beispielsweise Feuchttücher und bestimmte Hygieneartikel, Zigaretten mit kunststoffhaltigen Filtern oder Wegwerfgetränkebecher. Sie müssen ebenfalls ab dem 3. Juli 2021 ein spezielles Kennzeichen erhalten, das vor Umweltschäden durch Plastik warnt und Verbraucherinnen und Verbraucher über die richtige Entsorgung informiert. 

Warum werden Kunststoff-Einwegverpackungen verboten? Was ist daran so schlecht?

Immer mehr Menschen konsumieren Essen außer Haus oder lassen es sich liefern. Einen Kaffee To-go, ein Schnitzel oder asiatische Nudeln in der Styropor-Box - ausgetrunken, aufgegessen, Verpackung weggeschmissen. Das ist bequem, aber wir verursachen damit immer mehr Müll.

Der Verpackungsmüll landet nicht selten im Park, an der Uferböschung, bleibt am Strand liegen. Dort muss er extra aufgesammelt werden. Jedes Jahr werden weltweit mehrere Millionen Tonnen Plastikmüll in die Meere eingetragen. Rund 85 Prozent des Meeresmülls besteht aus Kunststoffen. Auch Nord- und Ostsee sind betroffen. Im Wasser zerbröselt der Plastikabfall mit der Zeit zu kleinsten Teilchen. Er verbleibt auf unbestimmte Zeit in unserer Umwelt. Der Müll ist die Ursache für den qualvollen Tod vieler Meereslebewesen. Fische und Vögel verhungern, wenn sie zu viele kleine Plastikteile verschluckt haben. Oder sie strangulieren sich in verlorenen Netzen. Die Müllflut gefährdet die Lebensräume in den Meeren, sie beeinträchtigt den Erholungswert der Natur und die menschliche Gesundheit.

Wie viel Einwegmüll fällt in Deutschland an?

Stündlich werden allein rund 320.000 Einweg-Becher für heiße Getränke in Deutschland verbraucht - davon bis zu 140.000 To-go-Becher, so das Bundesumweltministerium. Die Abfall-Bilanz von Einweggeschirr und To-go-Verpackungen betrug im Jahr 2017 mehr als 346.000 Tonnen, ergab eine Erhebung der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung. Die Menge der Kunststoffabfälle insgesamt stieg laut Umweltbundesamt zwischen 2015 und 2017 um 3,9 Prozent auf 6,15 Millionen Tonnen. Das war bisher Höchststand.

Für die Umwelt ist es besser, Produkte mehrfach zu nutzen statt sie nach Gebrauch sofort wegzuwerfen. In Deutschland werden hunderttausende Tonnen Kunststoff nur für Einwegplastikflaschen verbraucht. Mehrwegflaschen können dagegen bis zu 50 Mal wiederverwendet werden. Ein Mehrwegkasten mit zwölf Flaschen (0,75 Liter) ersetzt 450 Einwegplastikflaschen (1,0 Liter).

Seit Inkrafttreten des neuen Verpackungsgesetzes werden gut 50 Prozent mehr Kunststoffverpackungen recycelt. Mehr Mehrwegpackungen würden weiteren Verpackungsmüll sparen. Vor allem bei Getränkeverpackungen sinkt der Mehrweganteil seit Jahren. Viele Unternehmen sind im Zuge des EU-weiten Einwegkunststoffverbots inzwischen auf die Herstellung etwa von Mehrwegprodukten umgestiegen.

Was unternimmt die Bundesregierung noch gegen die Plastikvermüllung? Wann wird Mehrweg fürs Essen To-go zur Pflicht? 

Ab 2022 dürfen Händler keine leichten Kunststofftragetaschen mehr an ihre Kundschaft ausgeben. Einweg- oder Mehrwegflaschen müssen besser markiert werden, um Verbraucherinnen und Verbrauchern die Entscheidung zu erleichtern, überflüssiges Plastik zu vermeiden und wiederverwertbare Produkte zu kaufen.

Ab 2022 soll die Pfandpflicht für Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff (bis zu drei Litern) gelten. Ab 2024 auch für Plastikflaschen mit Milchgetränken. Ab 2025 müssen PET-Einweg-Getränkeflaschen mindestens 25 Prozent Recycling-Plastik, so genanntes Rezyklat, enthalten. Die Bundesregierung hat diese Neuregelungen am 20. Januar 2021 auf den Weg gebracht. 

Ab 2023 werden Caterer, Lieferdienste und Restaurants verpflichtet, auch Mehrwegbehälter als Alternative zu Einwegbehältern für Essen und Getränke zum Mitnehmen und Bestellen anzubieten. Ausnahmen sind für kleine Betriebe vorgesehen, die ihrer Kundschaft Speisen und Getränke auch in mitgebrachte Behälter abfüllen können. 

Was tut die Bundesregierung gegen den Meeresmüll?

Die Bundesregierung engagiert sich weltweit für die Vermeidung von Plastikmüll und den Schutz der Meere. Während der deutschen G7- und G20-Präsidentschaften 2015 und 2017 haben die beteiligten Staaten Aktionspläne gegen die Meeresvermüllung vereinbart. Die Bundesregierung unterstützt  Partnerländer mit rund 50 Millionen Euro bis 2023, um Abfallsammel- und Verwertungstechnologien aufzubauen. 

Deutschland fördert beispielsweise den Ausbau von kostenlosen Entsorgungsstellen für Schiffsabfälle in den Häfen und die Beseitigung von Müll auf dem Meeresgrund. Im Mai 2020 hat das Bundesumweltministerium ein neues, internationales Förderprogramm gestartet: Es geht darum Lösungen zu finden, um die Menge an Plastikmüll zu reduzieren und Abfall- und Kreislaufmanagementsysteme aufzubauen.

2020 ist Deutschland der internationalen Meeres-Vorreiter-Allianz ("Global Ocean Alliance") beigetreten. Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 30 Prozent der Weltmeere unter Schutz gestellt sein.

Gibt es ein Exportverbot für Plastikmüll?

Seit dem 1. Januar 2021 gilt ein

EU-weites Exportverbot

für schwer recycelbare Kunststoffabfälle, die vermischt oder verschmutzt sind. Bei diesen Abfällen ist das Risiko besonders groß, dass Teile davon in Importländern illegal in die Umwelt gelangen. Im deutschen Verpackungsgesetz gelten seit 2019 verschärfte Regelungen zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Verwertung von Kunststoffverpackungen.

Die Exporte von Kunststoffabfällen aus Deutschland nach China und Südostasien sind seit 2016 erheblich gesunken: 2019 wurden rund 2.600 Tonnen nach China exportiert, drei Jahre zuvor waren es noch 562.910 Tonnen. Der Export nach Südostasien ging um rund 58 Prozent auf 374.588 Tonnen zurück.

Was kann jede/r selbst tun, um Plastikmüll zu vermeiden?

In vielen Supermärkten gibt es Produkte ohne Verpackung. Besonders umweltfreundliche Produkte weist das Umweltzeichen "Blauer Engel" aus. Zudem kann man den täglichen Kaffee to go in vielen Städten bereits im Pfandbecher oder im mitgebrachten Becher kaufen.

Tipps, wie sich Plastik im Alltag vermeiden lässt, gibt das Bundesumweltministerium mit seiner Kampagne „Weniger ist mehr“. 

Mit dem Abfallvermeidungsprogramm von Bund und Ländern werden Ideen und Projekte gefördert, wie sich Müll vermeiden lässt. Mit Abfallberatung oder Second-Hand-Kaufhäusern haben es vor allem die Kommunen geschafft, dass Firmen, Institutionen, aber auch Bürgerinnen und Bürger sich stärker für die Abfallvermeidung engagieren.

Sonntag, 4. Juli 2021

Was bedeuten die Zahlen auf Plastik?

Was bedeuten die Zahlen 1 - 7? Die Zahlen dienen der Kennzeichnung des Materials. Für Kunststoffe gelten die Recycling-Codes 01 bis 07. Die Resin Identification Codes (RIC) wurden 1988 von der Society of the Plastics Industry (SPI) veröffentlicht.

Was bedeutet 7 auf Plastik?

Biologisch abbaubare Stoffe werden ebenfalls mit 07 gekennzeichnet. Oft ist „Bio-Plastik“ noch einmal zusätzlich ausgezeichnet. Diese Stoffe sind oft etwas besser als andere Kunststoffarten, wenn möglich sollte aber auch darauf verzichtet werden. Dieses Plastik auf jeden Fall meiden, da es oft giftige Stoffe enthält.

Was bedeutet 5 pp?

05 PP - Polypropylen Gilt nicht als gesundheitsschädigend, aber als umweltverschmutzend.

Welche Plastik ist unbedenklich?

Auch auf Polyurethan (PU), Polystyrol (PS) und Polycarbonat (PC) solltest du verzichten, da sie fast immer Schadstoffe enthalten. Wenn du schon Kunststoff kaufst, dann möglichst nur aus Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP). Diese gelten als unbedenklich, da sie fast immer ohne schädliche Zusatzstoffe auskommen.