Wie viele flüchtlinge aus afghanistan kommen nach deutschland

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Die öffent­li­chen Dis­kus­sio­nen über Asyl­po­li­tik in Deutsch­land und Euro­pa sind wie­der häu­fi­ger und hef­ti­ger gewor­den. Begren­zun­gen bei der Flücht­lings­auf­nah­me wer­den gefor­dert, beglei­tet nicht sel­ten von ras­sis­ti­schen Unter­tö­nen, Ver­wei­sen auf die „frem­de“ Kul­tur oder die mus­li­mi­sche Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit von Flücht­lin­gen. Rech­te Auf­mär­sche sowie Atta­cken auf Men­schen und Flücht­lings­un­ter­künf­te haben deut­lich zuge­nom­men. In einem Teil der Gesell­schaft gibt es Unsi­cher­hei­ten, Infor­ma­ti­ons­man­gel, mit­un­ter Vor­ur­tei­le und Ressentiments.

Die recht­li­che Ver­an­ke­rung des Asyl­rechts beruht auf den Erfah­run­gen zwei­er Welt­krie­ge: Als Anspruch und Ver­pflich­tung zugleich ist sie die gemein­sa­me Ant­wort auf die Grau­sam­kei­ten von Krieg, Völ­ker­mord und Verfolgung.

Der Schutz von Flücht­lin­gen ist schon lan­ge recht­lich gere­gelt: im deut­schen Grund­ge­setz, in der EU-Grund­rech­te­char­ta und der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on sowie in der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on, die welt­weit in 147 Län­dern gül­tig ist.

Die recht­li­che Ver­an­ke­rung des Asyl­rechts beruht auf den Erfah­run­gen zwei­er Welt­krie­ge: Als Anspruch und Ver­pflich­tung zugleich ist sie die gemein­sa­me Ant­wort auf die Grau­sam­kei­ten von Krieg, Völ­ker­mord und Ver­fol­gung. Schutz­su­chen­de haben dem­nach ein Recht auf eine fai­re, indi­vi­du­el­le Prü­fung ihrer Schutz­be­dürf­tig­keit – und die­ser Anspruch lässt sich nicht kon­tin­gen­tie­ren.

Die Soli­da­ri­tät mit Flücht­lin­gen in Deutsch­land ist heu­te so groß wie nie zuvor. Vie­le Men­schen stel­len sich ras­sis­ti­scher Stim­mungs­ma­che ent­ge­gen. Um sie zu unter­stüt­zen, haben wir im Fol­gen­den Argu­men­te und Fak­ten für eine sach­li­che Dis­kus­si­on zusam­men­ge­tra­gen – im Mai 2017 bereits in drit­ter, über­ar­bei­te­ter Auf­la­ge. Im Anschluss gibt es eini­ge Tipps, wie man sich wei­ter für das Recht auf Asyl enga­gie­ren kann.

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#1          Euro­pa kann doch nicht die gan­ze Welt aufnehmen!?
NUR EIN BRUCHTEIL DER FLÜCHTLINGE KOMMT IN DIE EU.

Welt­weit sind laut dem Flücht­lings­hilfs­werk der Ver­ein­ten Natio­nen (UNHCR) über 65 Mil­lio­nen Men­schen auf der Flucht – mehr als am Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges. Davon haben fast zwei Drit­tel nicht ein­mal die eige­nen Staats­gren­zen über­wun­den; 86 % der Flücht­lin­ge welt­weit leben in Ent­wick­lungs­län­dern.

Die aller­we­nigs­ten errei­chen Euro­pa – weil sie in der Regi­on blei­ben wol­len und auf bal­di­ge Rück­kehr­chan­cen hof­fen, oder weil sie schlicht kei­ne Mög­lich­keit haben hier­her­zu­kom­men. Eine Flucht nach Euro­pa ist teu­er und gefähr­lich. Immer mehr Staa­ten hin­dern Men­schen sys­te­ma­tisch dar­an zu flie­hen, lega­le Flucht­we­ge gibt es so gut wie nicht.

Im Lau­fe des Jah­res 2015 wur­den auf der Welt 12,4 Mil­lio­nen Men­schen aus ihrer Hei­mat ver­trie­ben. Im glei­chen Jahr kamen etwas über eine Mil­li­on Asyl­su­chen­de, ein Vier­tel davon Kin­der, über das Mit­tel­meer in die EU. Dies ent­spricht etwa 8 % der welt­weit Geflüchteten.

Im ers­ten Halb­jahr 2016 muss­ten laut UNHCR Mid-Year Trends über drei Mil­lio­nen Men­schen ihre Hei­mat ver­las­sen, im gesam­ten Jahr 2016 über­quer­ten einem UNHCR-Bericht vom 23.12.2016 zufol­ge rund 360.000 Flücht­lin­ge das Mit­tel­meer. Wir ste­hen also kei­nes­wegs vor dem Pro­blem, dass alle Flücht­lin­ge der Welt hier Schutz suchen.

Vor einer deut­lich grö­ße­ren Her­aus­for­de­rung als die EU ste­hen die Nach­bar­staa­ten von Kriegs- und Kri­sen­ge­bie­ten, die in kur­zer Zeit sehr vie­le Men­schen auf­neh­men, obwohl sie oft selbst wirt­schaft­lich oder poli­tisch insta­bil sind.

Bei­spiel syri­scher Bür­ger­krieg: Über fünf Mil­lio­nen Men­schen sind seit 2011 in die Nach­bar­län­der geflo­hen, wie auf dem UNHCR-Por­tal »Syria Regio­nal Refu­gee Respon­se« zu erfah­ren ist (Stand: 10.05.2017). Allein in der Tür­kei leben rund drei Mil­lio­nen von ihnen. Im klei­nen Liba­non stel­len syri­sche Flücht­lin­ge bereits seit 2014 mit über einer Mil­li­on Men­schen etwa ein Fünf­tel der Bevöl­ke­rung. In Syri­en selbst gibt es, Stand Ende 2016, schät­zungs­wei­se sechs Mil­lio­nen Bin­nen­ver­trie­be­ne. Dem­ge­gen­über wur­den bis März 2017 in der EU, in Nor­we­gen und der Schweiz ins­ge­samt gera­de mal knapp 920.000 Asyl­an­trä­ge von Flücht­lin­gen aus Syri­en ver­zeich­net – bei einer EU-Gesamt­be­völ­ke­rung von über 500 Mil­lio­nen Menschen.

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#2           Die kom­men alle nach Deutschland!?
WIE VIELE MENSCHEN ZU UNS FLIEHEN, HÄNGT VON VERSCHIEDENEN FAKTOREN AB. 

Hier­zu­lan­de glau­ben vie­le, alle Flücht­lin­ge wären auf dem Weg nach Deutsch­land. Rich­tig ist: Seit 2015 gehört Deutsch­land zu den Top Ten der Staa­ten, in denen sich Flücht­lin­ge auf­hal­ten. Ähn­lich vie­le oder mehr Flücht­lin­ge leben in der Tür­kei, in Paki­stan, Liba­non, Iran und Äthio­pi­en, wie aus den Glo­bal Trends 2015 und den Mid-Year Trends 2016 des UNHCR hervorgeht.

Die oft genann­te Zahl von über 1 Mil­li­on Asyl­su­chen­den, die 2015 nach Deutsch­land ein­ge­reist sei­en, wur­de zwi­schen­zeit­lich auf rund 890.000 Per­so­nen kor­ri­giert, da es vie­le Mehr­fach­re­gis­trie­run­gen und Wei­ter­rei­sen gab, wie das Bun­des­mi­nis­te­ri­um des Innern mit­teil­te. Im Jahr 2016 wur­den laut Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um in Deutsch­land rund 280.000 ankom­men­de Asyl­su­chen­de gezählt.

EU-weit ver­zeich­net die Bun­des­re­pu­blik seit 2012 die meis­ten Asyl­zu­gän­ge. Davor stand aller­dings lan­ge Zeit Frank­reich an ers­ter Stel­le, dane­ben nah­men auch Groß­bri­tan­ni­en, manch­mal sogar Schwe­den mehr Asyl­an­trä­ge ent­ge­gen als Deutsch­land, wie aus den Sta­tis­ti­ken des Bun­des­amts für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge für 2007, 2009 und 2015 her­vor­geht. Setzt man die Zahl der Asyl­an­trä­ge ins Ver­hält­nis zur Ein­woh­ner­zahl, rela­ti­viert sich der Ein­druck wei­ter: Ehe die Bun­des­re­pu­blik hier 2015 an die Spit­ze rück­te, lag sie jah­re­lang im euro­päi­schen Mittelfeld.

Kei­ne Fra­ge: Für Flücht­lin­ge gibt es gute Grün­de, hier­her­zu­kom­men. Deutsch­land hat eine gefes­tig­te Demo­kra­tie und eine star­ke Wirt­schaft, poli­ti­sche und reli­giö­se Frei­hei­ten. 2016 nann­ten im Rah­men einer Stu­die u.a. des Insti­tus für Arbeits­markt- und Berufs­for­schung 73 % von 4.500 befrag­ten Flücht­lin­gen als wich­tigs­ten Grund für ihre Ziel­wahl die »Ach­tung der Menschenrechte«.

Asyl- und sozi­al­recht­li­che Rege­lun­gen sind dage­gen nach For­schungs­er­kennt­nis­sen nicht gene­rell ent­schei­dend. Eine wich­ti­ge Rol­le spielt, wo Ver­wand­te oder Com­mu­nities sind, etwa im Fal­le Syri­ens: Bereits vor Aus­bruch des Krie­ges leb­ten hier dem Aus­län­der­zen­tral­re­gis­ter zufol­ge über 30.000 syri­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge und zudem Deut­sche syri­scher Herkunft.

Für das wirt­schaft­lich star­ke Deutsch­land mit einer Bevöl­ke­rung von über 80 Mil­lio­nen Men­schen ist die gestie­ge­ne Zahl der Asyl­su­chen­den kein Grund zur Panik. Grund­sätz­lich ist immer mit Schwan­kun­gen bei den Flücht­lings­zah­len zu rech­nen. Sie hän­gen davon ab, wo und wie sich Krie­ge, huma­ni­tä­re Kata­stro­phen und Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen ent­wi­ckeln und wel­che Flucht­mög­lich­kei­ten und ‑wege es gibt.

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#3           Deutsch­land tut schon genug für Flüchtlinge!?
DIE BUNDESREGIERUNG UND DIE EU SCHIEBEN DIE VERANTWORTUNG WEITER.

Tat­säch­lich hat Deutsch­land vor allem seit 2015 vie­le Flücht­lin­ge auf­ge­nom­men und sie oft auch als Schutz­be­dürf­ti­ge aner­kannt. Bund, Län­der und Kom­mu­nen haben für einen Teil von ihnen erheb­li­che Inte­gra­ti­ons­an­stren­gun­gen unter­nom­men, im gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Inter­es­se. Zehn­tau­sen­de Frei­wil­li­ge leis­ten mit gro­ßem Ein­satz prak­ti­sche Unterstützung.

Gleich­zei­tig hat die Regie­rung aber an vie­len Stel­len das Auf­ent­halts­recht ver­schärft, die Hür­den für eine Flücht­lings­an­er­ken­nung erhöht sowie die Abschie­bungs­pra­xis ver­schärft. So wur­de etwa Ende 2016 nach 12-jäh­ri­gem Mora­to­ri­um mit Sam­mel­ab­schie­bun­gen von afgha­ni­schen Flücht­lin­gen ins Bür­ger­kriegs­land begonnen.

Seit Mai 2015 arbei­ten Deutsch­land und die ande­ren EU-Staa­ten gemäß einem Kon­zept der EU-Kom­mis­si­on dar­an, Flücht­lin­ge, die in Euro­pa Schutz suchen, in gefäng­nis­ar­ti­gen Lagern (soge­nann­ten Hot­spots) in Grie­chen­land und Ita­li­en fest­zu­set­zen und ihre Wei­ter­rei­se in zen­tral­eu­ro­päi­sche Staa­ten zu verhindern.

In den über­füll­ten Hot­spots herr­schen teils kata­stro­pha­le Bedin­gun­gen, die u.a . von Human Rights Watch im Juni 2016 und im Janu­ar 2017 doku­men­tiert wur­den – gleich­zei­tig treibt Deutsch­land eine Neu­auf­la­ge des euro­päi­schen Ver­tei­lungs- und Zustän­dig­keits­sys­tems Dub­lin mit vor­an, die die EU-Staa­ten an den Außen­gren­zen künf­tig noch stär­ker in die Pflicht nimmt.

Seit dem EU-Tür­kei-Deal im März 2016, der maß­geb­lich auf deut­sche Initia­ti­ve hin abge­schlos­sen wur­de, macht die Tür­kei ihre Gren­zen weit­ge­hend dicht. Wer es den­noch nach Grie­chen­land schafft, läuft Gefahr, ohne Prü­fung der Asyl­grün­de in die Tür­kei abge­scho­ben zu werden.

Deutsch­land und die EU pla­nen Abkom­men mit wei­te­ren Dritt­staa­ten, die Flücht­lin­ge auf dem Weg nach Euro­pa auf­hal­ten und »zurück­neh­men« sol­len. Dabei schre­cken sie auch vor schmut­zi­gen Deals nicht zurück, so etwa bei der geplan­ten Unter­stüt­zung der Poli­zei im hef­tig umkämpf­ten Liby­en, wo Miss­hand­lun­gen und sogar Fol­ter von Flücht­lin­gen doku­men­tiert sind.

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#4           Die meis­ten sind gar kei­ne ech­ten Flüchtlinge!?
DIE GRÜNDE, DIE MENSCHEN IN DIE FLUCHT TREIBEN, WIEGEN SCHWER.

Nie­mand setzt sich leicht­fer­tig nachts in ein maro­des Boot, wis­send, dass auf offe­ner See der Tod droht. Nie­mand setzt alles aufs Spiel, lässt alles los – die Hei­mat, Besitz, Freund*innen, Ver­wand­te, viel­leicht sogar Kin­der –, nur in der Hoff­nung auf den Bezug von Sozi­al­leis­tun­gen. Wer Asyl sucht, kämpft oft ums Über­le­ben, weil im Her­kunfts­land Krieg herrscht, Ver­fol­gung droht, Dis­kri­mi­nie­rung an der Tages­ord­nung oder die eige­ne Exis­tenz in Gefahr ist.

Die größ­te Grup­pe unter den Asyl­su­chen­den in Deutsch­land sind der­zeit Flücht­lin­ge aus dem syri­schen Bür­ger­krieg – von Anfang 2015 bis Ende 2016 stell­ten sie mit 425.000 Anträ­gen über ein Drit­tel der Asy­l­erst­an­trä­ge, die wäh­rend die­ser zwei Jah­re in Deutsch­land ins­ge­samt ver­zeich­net wur­den, wie aus den Mit­tei­lun­gen des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­ums für 2015 und 2016 hervorgeht.

Im glei­chen Zeit­raum such­ten den­sel­ben Quel­len zufol­ge fast 160.000 Asyl­su­chen­de aus dem von Krieg und Ver­trei­bung gezeich­ne­ten Afgha­ni­stan Schutz, knapp 126.000 Men­schen aus dem ter­ror­ge­plag­ten Irak, etwa 32.000 Per­so­nen aus dem für schwe­re Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen kri­ti­sier­ten Iran und rund 30.000 Per­so­nen aus Eri­trea, wo eine bru­ta­le Mili­tär­dik­ta­tur herrscht. Ins­ge­samt wur­den in den Jah­ren 2015 und 2016 knapp zwei Drit­tel aller Asy­l­erst­an­trä­ge von Men­schen aus die­sen fünf Her­kunfts­län­dern gestellt.

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Die Mehr­zahl der Asyl­su­chen­den erhält nach inhalt­li­cher Prü­fung durch das Asyl­bun­des­amt (BAMF) einen Schutz­sta­tus: 2015 waren es 61 %, im Jahr 2016 sogar 71 %, wenn man die Schutz­quo­te gemäß den Sta­tis­ti­ken des Bun­des­amts für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge für 2015 und 2016 um die rein for­mel­len Ent­schei­dun­gen berei­nigt. Ein Teil der Abge­lehn­ten ist danach noch mit einer Kla­ge vor Gericht erfolgreich.

Bei den Her­kunfts­staa­ten Syri­en, Irak und Eri­trea lag die Schutz­quo­te nach inhalt­li­cher Prü­fung der Asyl­an­trä­ge im Jahr 2015 bei nahe­zu 100 %. Zwar wird inzwi­schen Flücht­lin­gen aus den Haupt­her­kunfts­staa­ten ver­mehrt nur noch ein nied­ri­ge­rer Schutz­sta­tus als die Flücht­lings­an­er­ken­nung gewährt – oft der soge­nann­te »sub­si­diä­re Schutz«. Das ändert aber nichts dar­an, dass sehr vie­le Flücht­lin­ge erst ein­mal blei­ben dür­fen, denn die Situa­ti­on in den betref­fen­den Län­dern hat sich nicht gebessert.

#5           Der Staat schiebt nicht kon­se­quent ab!?
WENN ABSCHIEBUNGEN UNTERBLEIBEN, HAT DIES OFT GUTE GRÜNDE.

»Wer kein Asyl erhält, soll sofort abge­scho­ben wer­den.« Das mag logisch klin­gen, igno­riert aber, dass es oft trif­ti­ge Grün­de gibt, war­um eine Abschie­bung nicht voll­zo­gen wird: In vie­len Fäl­len ist die Abschie­bung aus recht­li­chen oder tat­säch­li­chen Grün­den nicht mög­lich – etwa weil schwer­wie­gen­de Abschie­be­hin­der­nis­se vor­lie­gen (z.B. Krank­hei­ten) oder weil sich Her­kunfts­staa­ten wei­gern, ihre Staats­an­ge­hö­ri­gen zurückzunehmen.

Abschie­bun­gen in bestimm­te Staa­ten wer­den poli­tisch über vie­le Jah­re hin­weg nicht für ver­tret­bar gehal­ten, wie bei­spiels­wei­se nach Afgha­ni­stan oder in den Irak. Immer wie­der stop­pen Ver­wal­tungs­ge­rich­te inner­eu­ro­päi­sche Abschie­bun­gen, zum Bei­spiel nach Ungarn oder Bul­ga­ri­en, wegen der dort für Flücht­lin­ge kata­stro­pha­len Bedin­gun­gen. Im Ein­zel­fall ertei­len Aus­län­der­be­hör­den wegen drin­gen­der per­sön­li­cher oder huma­ni­tä­rer Grün­de eine Duldung.

Im Lau­fe der Zeit wird Deutsch­land für vie­le »Gedul­de­te« zum Lebens­mit­tel­punkt: Sie leben, ler­nen und arbei­ten hier, bekom­men Kin­der, die hier aufwachsen.

Im Asyl­ver­fah­ren abge­lehn­te Men­schen befin­den sich oft in einer beängs­ti­gen­den und zer­mür­ben­den Lage. Vie­le rei­sen »frei­wil­lig« aus, ande­re wer­den nach lan­gen Jah­ren doch noch abge­scho­ben. Im Lau­fe der Zeit aber wird Deutsch­land für vie­le zum Lebens­mit­tel­punkt: Sie leben, ler­nen und arbei­ten hier, bekom­men Kin­der, die hier auf­wach­sen. Eine Abschie­bung wird so immer weni­ger ver­tret­bar. Des­halb wur­den auch immer wie­der so genann­te Blei­be­rechts­re­ge­lun­gen beschlos­sen, nach denen lang­jäh­rig Gedul­de­te unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen eine Auf­ent­halts­er­laub­nis erhielten.

Ende 2016 besa­ßen nach Anga­ben der Bun­des­re­gie­rung von rund 556.000 in Deutsch­land leben­den Men­schen, deren Asyl­an­trag irgend­wann ein­mal abge­lehnt wor­den war, über 80 % inzwi­schen ein Auf­ent­halts­recht aus ande­ren Grün­den, z. B. auf­grund einer Blei­be­rechts­re­ge­lung oder aus fami­liä­ren Grün­den. Zum glei­chen Zeit­punkt leb­ten hier etwa 54.000 »unmit­tel­bar aus­rei­se­pflich­ti­ge« Per­so­nen (davon 12.300 Min­der­jäh­ri­ge) und 150.000 Per­so­nen mit einer Dul­dung, also einer »vor­über­ge­hen­den Aus­set­zung der Abschie­bung«. Fast ein Drit­tel der gedul­de­ten Men­schen waren Min­der­jäh­ri­ge (dar­un­ter 30.881 Kin­der unter 12 Jah­ren), über ein Vier­tel leb­te bereits seit mehr als 4 Jah­ren in Deutschland.

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#6           Unser Asyl­recht kann die Pro­ble­me der Welt nicht lösen!?
WIR SIND MITVERANTWORTLICH FÜR BEDINGUNGEN, DIE MENSCHEN IN DIE FLUCHT TREIBEN. 

Selbst­ver­ständ­lich ist die Poli­tik der west­li­chen Indus­trie­staa­ten nicht an allem schuld. Aber es ist nicht zu leug­nen, dass in die­ser Welt, in der glo­bal gehan­delt und Poli­tik gemacht wird, die west­li­chen Gesell­schaf­ten mit­ver­ant­wort­lich sind für flucht­aus­lö­sen­de Entwicklungen.

Wir brau­chen eine kon­se­quen­te­re Menschenrechts‑, Umwelt‑, Han­dels- und Agrarpolitik.

Euro­päi­sche Regie­run­gen haben sich an Krie­gen betei­ligt sowie durch Rüs­tungs­ex­por­te in Kriegs- und Kri­sen­ge­bie­te Kon­flik­te ange­heizt, die kata­stro­pha­le Fol­gen hat­ten. Euro­päi­sche Fir­men lie­fern Waf­fen an in den Syri­en­krieg ver­strick­te Regio­nal­mäch­te – zum Bei­spiel an das Gewalt­re­gime Sau­di-Ara­bi­ens. Unser NATO-Part­ner Tür­kei führt im Süd­os­ten Krieg gegen die eige­ne Zivil­be­völ­ke­rung und will sei­ne Ein­fluss­zo­ne in Syri­en ausdehnen.

Der mili­tä­ri­sche Sturz des Dik­ta­tors Sad­dam Hus­sein im Irak führ­te zur Frag­men­tie­rung des Lan­des und hat lang­fris­tig zum Ent­ste­hen des soge­nann­ten »Isla­mi­schen Staa­tes« bei­getra­gen. Die Mili­tär­in­ter­ven­ti­on in Liby­en besei­tig­te die Dik­ta­tur, hat aber zu einem zer­split­ter­ten, von War­lords beherrsch­ten Land geführt. 15 Jah­re nach der Mili­tär­in­ter­ven­ti­on in Afgha­ni­stan hat die Gesamt­zahl der getö­te­ten oder ver­letz­ten Zivilist*innen laut der UN-Unter­stüt­zungs­mis­si­on in Afgha­ni­stan mit über 11.000 einen neu­en Höchst­stand erreicht. Die Tali­ban sind so stark wie nie zuvor.

In der Wirt­schaft machen Indus­trie­staa­ten Geschäf­te zum eige­nen Vor­teil bzw. im Inter­es­se der Groß­kon­zer­ne. Auf Druck euro­päi­scher Regie­run­gen hin wur­den und wer­den die Märk­te vie­ler afri­ka­ni­scher Staa­ten liberalisiert.

So kann zum Bei­spiel Toma­ten­mark aus der EU bei nied­ri­gen Ein­fuhr­zöl­len nach Gha­na expor­tiert und dort wie­der­um sehr bil­lig ver­kauft wer­den, weil die Agrar­pro­duk­ti­on in der EU sub­ven­tio­niert wird. Die Fol­ge: Toma­ten­bau­ern vor Ort, die preis­lich nicht mit­hal­ten kön­nen, ver­lie­ren ihre Exis­tenz­grund­la­ge. Eini­ge sehen sich schließ­lich gezwun­gen, etwa nach Ita­li­en zu gehen – und pflü­cken dort oft unter kata­stro­pha­len Arbeits­be­din­gun­gen jene Toma­ten, die in Gha­na zum Preis­ver­fall bei­tra­gen (sie­he etwa eine DW-Mel­dung von März 2016 sowie ent­spre­chen­de Arti­kel auf ZEIT ONLINE von Okto­ber und Dezem­ber 2015).

Den CO2-Aus­stoß ver­ur­sa­chen ganz über­wie­gend Indus­trie- und Schwel­len­staa­ten. Die dra­ma­ti­schen Fol­gen des Kli­ma­wan­dels wie etwa häu­fi­ge­re, stär­ke­re Dür­ren und Über­schwem­mun­gen tref­fen dage­gen vor allem die Bevöl­ke­rung in ärme­ren Regio­nen und trei­ben vie­le Men­schen in die Flucht, wie etwa aus einem Bericht des Welt­kli­ma­rats und Schät­zun­gen der Inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­ti­on für Migra­ti­on hervorgeht.

Flucht­ur­sa­chen vor Ort zu bekämp­fen ist rich­tig. Doch wer glaubt, wir Europäer*innen hät­ten damit nichts zu tun, irrt. Wir brau­chen eine kon­se­quen­te­re Menschenrechts‑, Umwelt‑, Han­dels- und Agrarpolitik.

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#7           Ganz Afri­ka steht vor den Toren Europas!?
DER KONTINENT IST GROSS UND VIELSEITIG – UND NUR WENIGE MACHEN SICH VON DORT AUF DEN WEG NACH EUROPA.

Zunächst: Afri­ka ist kein Land. Afri­ka ist ein Kon­ti­nent. Mit 30,3 Mil­lio­nen Qua­drat­ki­lo­me­tern. Mit über einer Mil­li­ar­de Einwohner*innen. Mit über 50 Staa­ten. Dar­un­ter sind ter­ror­ge­plag­te Län­der wie Soma­lia, Dik­ta­tu­ren wie Eri­trea, aber auch sta­bi­le Demo­kra­tien wie Botswana.

Dort, wo es Armut und Hun­ger gibt, ist dies vor allem eine Fol­ge von poli­ti­schen Kon­flik­ten, Geld­flüs­sen und glo­ba­len Aus­beu­tungs­me­cha­nis­men und auch ein Resul­tat der Kolo­ni­al­ge­schich­te. Vie­le Staa­ten sind reich, sie haben Boden­schät­ze wie Erd­öl, Dia­man­ten und Kup­fer. Aber Pro­fi­te lan­den oft nicht bei der Bevöl­ke­rung, son­dern gehen an herr­schen­de Eli­ten und aus­län­di­sche Unternehmen.

So bei­spiels­wei­se beim Land­grab­bing (Land­raub): Aus­län­di­sche Kon­zer­ne und Regie­run­gen haben in den letz­ten Jah­ren Mil­lio­nen Hekt­ar Land in afri­ka­ni­schen Ent­wick­lungs­län­dern bil­lig gepach­tet oder gekauft und expor­tie­ren die Erträ­ge in die Indus­trie­staa­ten. Die ansäs­si­gen Klein­bau­ern wur­den ver­trie­ben, ohne Chan­ce, selbst neu­es Land zu erwer­ben. Wäh­rend rie­si­ge Men­gen an Nah­rungs- und Fut­ter­mit­teln sowie Bio­sprit zum Pro­fit der aus­län­di­schen Inves­to­ren pro­du­ziert wer­den, wach­sen unter der loka­len Bevöl­ke­rung Hun­ger, exis­ten­zi­el­le Armut und Per­spek­tiv­lo­sig­keit (sie­he Infos zum The­ma Land­grab­bing bei Oxfam).

Ein wei­te­res Bei­spiel: Die Über­pro­duk­ti­on von Milch in Euro­pa führt nicht nur hier zu Tiefst­prei­sen. Die EU kauft hie­si­gen Kon­zer­nen Milch­pul­ver ab und ver­kauft es dann bil­lig etwa in Kame­run – wodurch der dor­ti­ge Auf­bau einer eige­nen Milch­wirt­schaft mas­siv erschwert wird, wie etwa eine ZDF-Doku­men­ta­ti­on von Janu­ar 2017 ein­drück­lich zeigt.

Wie vie­le Schutz­su­chen­de aus afri­ka­ni­schen Staa­ten kom­men hier­her? Tat­säch­lich errei­chen ver­gleichs­wei­se weni­ge Flücht­lin­ge Deutsch­land: Etwa 110.000 Asyl­su­chen­de kamen ins­ge­samt laut Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge in den Jah­ren 2015 und 2016 aus afri­ka­ni­schen Län­dern in die Bun­des­re­pu­blik – das ent­spricht knapp 10 % aller hier Schutz­su­chen­den. Rund ein Vier­tel von ihnen kam aus einem ein­zi­gen Staat: der bru­ta­len Dik­ta­tur Eritreas.

Die weit­aus meis­ten Schutz­be­dürf­ti­gen blei­ben in der Regi­on: Laut UNHCR leb­ten Ende 2015 etwa 18 Mil­lio­nen Flücht­lin­ge auf dem afri­ka­ni­schen Kon­ti­nent, davon fast 11 Mil­lio­nen als Ver­trie­be­ne im eige­nen Land.

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#8           Flücht­lin­ge auf­zu­neh­men kön­nen wir uns nicht leisten!?
MENSCHENRECHTE ZU BEACHTEN KOSTET ETWAS – UND BRINGT UNS ETWAS.

Flücht­lin­ge zu schüt­zen ist nach zwei Welt­krie­gen nicht nur kul­tu­rel­les Selbst­ver­ständ­nis in Euro­pa, son­dern auch eine huma­ni­tä­re und völ­ker­recht­li­che Ver­pflich­tung. Und die­se Ver­pflich­tung kann kei­ner Kos­ten-Nut­zen-Rech­nung unter­lie­gen. Für die Bun­des­re­pu­blik sind das Asyl­grund­recht und das Völ­ker­recht ver­bind­lich – um dies umzu­set­zen, muss Geld bereitstehen. 

Im Jahr 2016 wur­den 21,7 Mil­li­ar­den Euro aus dem Bun­des­haus­halt im Zusam­men­hang mit der Zuwan­de­rung von Flücht­lin­gen aus­ge­ge­ben (sie­he SPIEGEL ONLINE-Mel­dung von Janu­ar 2017), fast ein Drit­tel davon für »Flucht­ur­sa­chen­be­kämp­fung«, dar­un­ter auch zwei­fel­haf­te Maß­nah­men mit dem Ziel, Schutz­su­chen­de fern­zu­hal­ten. Ins­ge­samt wies der Bun­des­haus­halt 2016 laut Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um immer noch einen Über­schuss von 6,2 Mil­li­ar­den Euro auf.

Durch Steu­er­ver­mei­dung gehen dem Staat übri­gens schät­zungs­wei­se bis zu 100 Mil­li­ar­den Euro jähr­lich ver­lo­ren (sie­he etwa eine FOCUS-Mel­dung von Sep­tem­ber 2015 oder eine Mel­dung des Stern von Febru­ar 2014).

Je mehr inves­tiert wird, je frü­her Flücht­lin­ge Zugang haben zu Deutsch­kur­sen, Aus­bil­dung, Qua­li­fi­zie­rung und Arbeit, des­to schnel­ler gewinnt die Gesell­schaft auch wirtschaftlich.

Es ist kurz­sich­tig, Flücht­lin­ge vor allem als finan­zi­el­le Belas­tung zu sehen. Wirt­schaft und Poli­tik sind sich einig, dass die deut­sche Gesell­schaft auch auf Ein­wan­de­rung ange­wie­sen ist – um die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung zu beför­dern, Ren­ten und die Kin­der­ver­sor­gung abzu­si­chern (zum Bei­spiel laut Arti­kel auf ZEIT ONLINE von Febru­ar 2015).

Die För­der­mit­tel für die Arbeits­markt­in­te­gra­ti­on von Hartz IV-Bezieher*innen sind aber seit 2010 mas­siv zusam­men­ge­stri­chen wor­den. Für die ein­ge­wan­der­ten wie für die bereits hier leben­den Men­schen muss mehr in Qua­li­fi­ka­ti­on und eine Ver­bes­se­rung der Arbeits­markt­chan­cen inves­tiert wer­den – hier­auf weist etwa der Deut­sche Gewerk­schafts­bund immer wie­der hin; auf Initia­ti­ve der IG Metall hat die Bun­des­agen­tur für Arbeit zwi­schen­zeit­lich zwei Model­le eines »Betrieb­li­chen Inte­gra­ti­ons­jahrs« ent­wi­ckelt, um – nicht nur – Flücht­lin­ge in Aus­bil­dung und Arbeit zu bekommen.

Wie viele flüchtlinge aus afghanistan kommen nach deutschland

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Sicher: Gewalt­op­fer, kran­ke oder trau­ma­ti­sier­te Flücht­lin­ge sind auf Unter­stüt­zung ange­wie­sen, man­che von ihnen auf lan­ge Zeit. Ihnen zu hel­fen, ist ein Gebot der Huma­ni­tät. Vie­le sind tat­kräf­tig, moti­viert und qua­li­fi­ziert, wol­len ler­nen, arbei­ten und teil­ha­ben, wie etwa aus einer Stu­die u.a. des Insti­tuts für Arbeits­markt- und Berufs­for­schung her­vor­geht. Über 70 % der Asyl­su­chen­den waren laut Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge in den Jah­ren 2015 und 2016 jün­ger als 30 Jah­re. Mit ihnen kom­men auch vie­le Kin­der und wach­sen in die­se Gesell­schaft hin­ein: Über ein Vier­tel der Asyl­su­chen­den im Jahr 2015 war unter 16 Jah­re alt, 2016 waren 20 % der Schutz­su­chen­den jün­ger als 12 Jahre.

Abschre­ckungs­po­li­tik hemmt Poten­zia­le: Arbeits­ver­bo­te, Unter­brin­gung in abge­le­ge­nen Mas­sen­un­ter­künf­ten, feh­len­der Deutsch­un­ter­richt oder Essens­pa­ke­te statt Bar­geld erschwe­ren jede Eigen­in­itia­ti­ve. Je mehr inves­tiert wird, je frü­her Flücht­lin­ge Zugang haben zu Deutsch­kur­sen, Aus­bil­dung, Qua­li­fi­zie­rung und Arbeit, des­to schnel­ler gewinnt die Gesell­schaft auch wirt­schaft­lich.

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#9           Asyl­be­wer­ber krie­gen mehr als Deutsche!?
SCHULD AN DER KLUFT ZWISCHEN ARM UND REICH SIND NICHT DIE FLÜCHTLINGE.

Hart­nä­ckig hält sich der Irr­glau­be, Asyl­su­chen­de bekä­men mehr Geld als Men­schen, die Hartz IV bezie­hen. Dabei hat eine Per­son im Asyl­ver­fah­ren nur Anspruch auf Leis­tun­gen nach dem Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz. Ihre Grund­leis­tun­gen sind noch nied­ri­ger als die Hartz-IV-Leis­tun­gen. Dar­über hin­aus sieht das Gesetz umfang­rei­che Kür­zungs­mög­lich­kei­ten vor, der Anspruch auf medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung ist ein­ge­schränkt. Nach 15 Mona­ten erhal­ten Asyl­su­chen­de unter bestimm­ten Bedin­gun­gen Leis­tun­gen auf Hartz IV-Niveau. Aner­kann­te Flücht­lin­ge haben bei Bedürf­tig­keit die glei­chen Sozi­al­leis­tungs­an­sprü­che wie deut­sche Staatsangehörige.

Wenn eine Stadt zum Bei­spiel in eine neue Flücht­lings­un­ter­kunft oder Inte­gra­ti­ons­maß­nah­men inves­tiert, ent­steht schnell ein Gefühl von Unge­rech­tig­keit. Aber wenn die Flücht­lin­ge schlech­ter ver­sorgt wür­den, bekä­me ein arbeits­lo­ser Hartz-IV-Emp­fän­ger des­halb nicht einen Cent mehr, gerin­ge Löh­ne wür­den des­halb nicht stei­gen, für Men­schen mit mitt­le­rem Ein­kom­men gäbe es nicht weni­ger Anlass zur Angst vor dem sozia­len Absturz.

»Eigen­tum ver­pflich­tet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Woh­le der All­ge­mein­heit dienen.«

Dahin­ter steht näm­lich ein ande­res, weit grö­ße­res Pro­blem: die wach­sen­de Ungleich­heit zwi­schen Arm und Reich. Ver­dien­te das obers­te Zehn­tel der Bevöl­ke­rung Mit­te der 1980er Jah­re noch fünf­mal so viel wie das unte­re Zehn­tel, betra­gen die obe­ren Ein­kom­men laut einer OECD-Stu­die heu­te sogar sie­ben­mal so viel (sie­he etwa Han­dels­blatt-Mel­dung von Dezem­ber 2014). Die reichs­ten 10 % der Haus­hal­te besit­zen weit über die Hälf­te des gesam­ten Net­to­ver­mö­gens in Deutsch­land, die unte­re Hälf­te ver­fügt nur über 1 %, wie aus dem Armuts­be­richt der Bun­des­re­gie­rung her­vor­geht (sie­he Arti­kel der Süd­deut­schen Zei­tung von März 2017). Knapp ein Fünf­tel der Kin­der in Deutsch­land ist von Armut betrof­fen, wie der Ver­tei­lungs­mo­ni­tor der Hans Böck­ler Stif­tung zeigt.

Im Grund­ge­setz heißt es in Arti­kel 14: »Eigen­tum ver­pflich­tet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Woh­le der All­ge­mein­heit die­nen.« Geld ist genug da – wür­de es gerech­ter ver­teilt, könn­ten alle angst­frei und men­schen­wür­dig leben. Über wach­sen­de Ungleich­heit kann und soll­te man sich zu Recht beschwe­ren – um lebens­wer­te Bedin­gun­gen für alle zu schaffen.

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#10          Die Flücht­lin­ge neh­men uns die Woh­nun­gen weg!?
MIT VERNÜNFTIGER PLANUNG KÖNNEN WIR WOHNUNGSKNAPPHEIT FÜR ALLE VERMEIDEN.

Frü­her waren »Gemein­schafts­un­ter­künf­te« zur Abschre­ckung von Flücht­lin­gen die Regel. Dann erlaub­ten immer mehr Kom­mu­nen Flücht­lin­gen, in Woh­nun­gen zu leben. 2015 jedoch lie­ßen vie­le Ver­wal­tun­gen ad hoc wie­der Groß­un­ter­künf­te errich­ten, obwohl die­se letzt­lich teu­rer sind als nor­ma­le Woh­nun­gen, wie der Lan­des­rech­nungs­hof Hes­sen oder die Städ­te Hei­del­berg, Ber­lin oder Köln aus­ge­rech­net haben. Und wegen hoher Inves­ti­ti­ons­kos­ten müs­sen die Unter­künf­te, die inzwi­schen vie­ler­orts schon wie­der leer ste­hen könn­ten, auch noch mög­lichst lan­ge lau­fen – so wer­den Pro­vi­so­ri­en mit schlech­ter Bau­sub­stanz zum Dauerärgernis.

Gut auf­ge­stell­te Kom­mu­nen ent­wi­ckeln Kon­zep­te, die für alle lang­fris­tig akzep­ta­ble Lösun­gen dar­stel­len. Sie suchen kon­ti­nu­ier­lich pri­va­te Vermieter*innen und gewähr­leis­ten ein Umzugs­ma­nage­ment. Sie ver­zich­ten auf Alar­mis­mus, infor­mie­ren die loka­le Bevöl­ke­rung recht­zei­tig über Pla­nun­gen und bezie­hen Anwohner*innen früh­zei­tig ein – so kann der Pro­zess gut gelingen.

Vie­le Flücht­lin­ge zieht es – wie ande­re Men­schen auch – in die Städ­te, wo es Jobs und Infra­struk­tur gibt und wo sie Per­spek­ti­ven sehen. Dadurch wird der Woh­nungs­man­gel zwar noch deut­li­cher, aber Flücht­lin­ge haben das Pro­blem nicht ver­ur­sacht: In den Bal­lungs­zen­tren war erschwing­li­cher Wohn­raum schon lan­ge knapp, bevor die Flücht­lings­zah­len stie­gen. Grund ist, dass jah­re­lang nicht annä­hernd bedarfs­ori­en­tiert in den sozia­len Woh­nungs­bau inves­tiert wur­de, son­dern vie­ler­orts ein regel­rech­ter Aus­ver­kauf öffent­li­cher Immo­bi­li­en stattfand.

Es muss bezahl­ba­rer Wohn­raum für alle Men­schen mit gerin­gem Ein­kom­men geschaf­fen wer­den – nicht nur für Flüchtlinge.

Die höhe­ren Flücht­lings­zah­len haben zur Ent­wick­lung eines Pro­blem­be­wusst­seins bei­getra­gen: Zumin­dest punk­tu­ell wird inzwi­schen wie­der umge­steu­ert und der sozia­le Woh­nungs­bau neu auf­ge­legt. Dabei muss bezahl­ba­rer Wohn­raum für alle Men­schen mit gerin­gem Ein­kom­men geschaf­fen wer­den – nicht nur für Flüchtlinge.

In Bal­lungs­räu­men könn­te bei­spiels­wei­se mehr leer­ste­hen­de Büro­flä­che in Wohn­raum umge­wan­delt wer­den – allein in Frank­furt am Main blie­ben laut Bericht des Hes­si­schen Rund­funks  Ende 2016 über 1,7 Mil­lio­nen Qua­drat­me­ter Büro­raum unge­nutzt, wäh­rend etwa 23.000 Woh­nun­gen fehlten.

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#11          Asyl­be­wer­ber sind kri­mi­nell und gefährlich!?
FLÜCHTLINGE SIND SO VERSCHIEDEN, WIE MENSCHEN EBEN SIND.

Ein­zel­ne, dras­ti­sche Fäl­le von Straf­ta­ten durch Flücht­lin­ge wüh­len auf, wecken Emo­tio­nen und prä­gen so die Sicht­wei­se eini­ger Men­schen auf Flücht­lin­ge. Tat­säch­lich gibt es aber kei­ne Hin­wei­se dar­auf, dass mit den neu hin­zu­ge­kom­me­nen Flücht­lin­gen der ver­gan­ge­nen Jah­re die Anzahl der Straf­ta­ten im Ver­hält­nis zur Gesamt­be­völ­ke­rung mas­siv zuge­nom­men hat (sie­he etwa FOCUS-Mel­dung von Juli 2016).

Die Zahl der Straf­an­zei­gen ist laut Poli­zei­li­cher Kri­mi­na­li­täts­sta­tis­tik im Jahr 2015 im Ver­gleich zum Vor­jahr um 0,1 % gestie­gen und im Jahr 2016 um 0,7 % gesun­ken, zählt man aus­län­der­recht­li­che Ver­ge­hen wie etwa die für Flücht­lin­ge kaum ver­meid­ba­re ille­ga­le Ein­rei­se oder Ver­stö­ße gegen Wohn­sitz­auf­la­gen jeweils nicht mit.

Sta­tis­ti­ken zufol­ge ist der Anteil von straf­fäl­lig gewor­de­nen Per­so­nen in der Grup­pe der Men­schen ohne deut­schen Pass (von denen neu hin­zu­ge­kom­me­ne Flücht­lin­ge nur eine Teil­grup­pe sind) tat­säch­lich pro­por­tio­nal höher als bei den deut­schen Staatsbürger*innen. Das steht aber weder mit der Her­kunft noch der Reli­gi­on der Zuge­wan­der­ten in Zusammenhang.

Gesell­schaft­li­che Inte­gra­ti­on und eine Lebens­per­spek­ti­ve sind ein Schlüs­sel zur Ver­mei­dung von Straf­fäl­lig­keit – bei Men­schen mit und ohne deut­schen Pass.

Kri­mi­no­lo­gi­sche Sach­ver­stän­di­ge erklä­ren, dass Kri­mi­na­li­tät nicht mit einer bestimm­ten Staats­an­ge­hö­rig­keit zusam­men­hängt, son­dern in der Regel mit kon­kre­ten Lebens­la­gen (sie­he etwa eine ZDF-Doku­men­ta­ti­on von Dezem­ber 2016 oder einen Arti­kel auf ZEIT ONLINE von Dezem­ber 2016). So fin­den etwa Straf­ta­ten inner­halb von Groß­un­ter­künf­ten für Asyl­su­chen­de statt, wo vie­le ein­an­der unbe­kann­te Men­schen auf engs­tem Raum mit stark ein­ge­schränk­ter Pri­vat­sphä­re und wenig Beschäf­ti­gungs­mög­lich­kei­ten zusam­men­le­ben müssen.

Flücht­lin­ge und Men­schen mit Migra­ti­ons­bio­gra­fie haben es schwe­rer, einen qua­li­fi­zier­ten Abschluss, die gewünsch­te Aus­bil­dungs­stel­le oder einen Job zu bekom­men. Ihre Teil­ha­be am gesell­schaft­li­chen Leben ist also oft beson­ders ein­ge­schränkt. Die­se Men­schen haben daher ein höhe­res Risi­ko, in eine Lebens­si­tua­ti­on zu rut­schen, die Straf­fäl­lig­keit begünstigt.

Anders­her­um heißt das: Gesell­schaft­li­che Inte­gra­ti­on und eine Lebens­per­spek­ti­ve sind ein Schlüs­sel zur Ver­mei­dung von Straf­fäl­lig­keit – bei Men­schen mit und ohne deut­schen Pass.

Letzt­end­lich sind »Aus­län­der« oder »Flücht­lin­ge« so unter­schied­lich wie ande­re Men­schen eben auch – weder sind alle nett und harm­los, noch sind alle gemein und gefähr­lich. Der weit über­wie­gen­de Teil der Zuge­zo­ge­nen ver­hält sich rechtskonform.

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#12          Die Asyl­be­wer­ber ver­grei­fen sich an Frauen!?
SEXUALISIERTE GEWALT WAR SCHON IMMER EIN PROBLEM DER GESAMTEN GESELLSCHAFT.

Nach den Über­grif­fen auf zahl­rei­che Frau­en in Köln in der Sil­ves­ter­nacht 2015/2016 hat sich medi­al das Bild vom »nord­afri­ka­ni­schen Asyl­be­wer­ber als Sex­tä­ter« ver­brei­tet – seit­her sehen sich Män­ner aus nord­afri­ka­ni­schen Staa­ten (oder sol­che, die dafür gehal­ten wer­den) pau­scha­len Ver­däch­ti­gun­gen ausgesetzt.

In einer sol­chen Atmo­sphä­re ver­brei­ten sich auch Gerüch­te über sexua­li­sier­te Über­grif­fe von Asyl­su­chen­den schnell, zum Teil wer­den Falsch­mel­dun­gen gezielt von rechts­ex­tre­men Web­sites in die Welt gesetzt. Unter www.hoaxmap.org wer­den mehr als 450 Gerüch­te, davon allein 72 (Stand: 10. Mai 2017) über angeb­li­che Ver­ge­wal­ti­gun­gen, als falsch ent­larvt und seri­ös widerlegt.

Zu den Fak­ten: Einer Stu­die des Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­ums von 2013 zufol­ge hat fast jede sieb­te Frau in Deutsch­land eine Ver­ge­wal­ti­gung, ver­such­te Ver­ge­wal­ti­gung oder sexu­el­le Nöti­gung erlit­ten. Sexu­al­straf­tä­ter, meist Män­ner, kom­men zu über 75 % aus dem sozia­len Umfeld der Opfer: Es sind Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge, Nach­barn, Part­ner, Kol­le­gen, Freun­de. Unter ande­rem des­halb wer­den auch nur 8 % der Straf­ta­ten über­haupt zur Anzei­ge gebracht. Kri­mi­na­li­täts­sta­tis­ti­ken kön­nen nur einen klei­nen Aus­schnitt erfas­sen: Sie hän­gen laut Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um stark ab von Ermitt­lungs­schwer­punk­ten der Poli­zei und vom Anzeigeverhalten.

Das Recht auf sexu­el­le Selbst­be­stim­mung muss ver­tei­digt wer­den – gegen­über den alt­ein­ge­ses­se­nen Nach­barn genau­so wie gegen­über Zugezogenen.

In Deutsch­land gibt es hin­sicht­lich der Selbst­be­stim­mung von Frau­en eine bes­se­re Rechts­la­ge und gesell­schaft­li­che Pra­xis als in manch einem ande­rem Staat. Das wur­de hart erkämpft: Noch bis 1997 galt Ver­ge­wal­ti­gung in der Ehe nicht als Straf­tat. Die all­täg­li­che sexua­li­sier­te Gewalt zeigt, dass es kei­nen Grund gibt, über­heb­lich zu sein.

Sexua­li­sier­te Gewalt kann nicht ein­fach Asyl­su­chen­den zuge­scho­ben wer­den. Es han­delt sich um ein gesamt­ge­sell­schaft­li­ches Pro­blem, das sich folg­lich auch nicht durch ver­mehr­te Abschie­bun­gen lösen lässt. Statt­des­sen muss das Recht auf sexu­el­le Selbst­be­stim­mung ver­tei­digt wer­den, nicht nur mit Mit­teln des Straf­rechts – gegen­über den alt­ein­ge­ses­se­nen Nach­barn genau­so wie gegen­über Zuge­zo­ge­nen. Nur so kann die Zahl der Opfer sexua­li­sier­ter Gewalt wirk­lich redu­ziert werden.

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#13          Mit den Asyl­be­wer­bern kommt der Ter­ror nach Deutschland!?
FLÜCHTLINGE SUCHEN VOR ALLEM FRIEDEN UND SICHERHEIT.

Die Bedro­hung etwa durch die Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on »Isla­mi­scher Staat« in Syri­en, Tali­ban-Anschlä­ge in Afgha­ni­stan, Ter­ror­ak­te der al-Shaba­ab-Miliz in Soma­lia oder die Anschlä­ge der Ter­ror­mi­liz Boko Haram in Nige­ria treibt vie­le Men­schen in die Flucht. Man­che der hier Schutz­su­chen­den haben Ange­hö­ri­ge und Freund*innen durch ter­ro­ris­ti­sche Anschlä­ge ver­lo­ren oder sol­che Atten­ta­te selbst überlebt.

Die Anschlä­ge, die von Anhän­gern des „Isla­mi­schen Staats“ in den letz­ten Jah­ren in Euro­pa und im Jahr 2016 durch den syri­schen Flücht­ling Moham­med Daleel in Ans­bach oder durch den tune­si­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen Anis Amri in Ber­lin ver­übt wur­den, machen Angst – auch vie­len Flücht­lin­gen. Es ergibt kei­nen Sinn, alle Men­schen mus­li­mi­schen Glau­bens oder einer bestimm­ten Natio­na­li­tät pau­schal für die­se Ter­ror­ak­te in Haf­tung zu nehmen.

Gesell­schaft­li­che Spal­tung spielt dem Ter­ror letzt­lich in die Hände.

Der syri­sche Ter­ror­ver­däch­ti­ge Jaber al-Bakr wur­de im Okto­ber 2016 nur des­halb gefasst, weil syri­sche Asyl­su­chen­de ihn über­wäl­tigt und die Poli­zei infor­miert hat­ten, wie etwa Spie­gel Online berich­te­te. Als in einem Mün­che­ner Ein­kaufs­zen­trum im Juli 2016 Men­schen erschos­sen wur­den, dach­ten vie­le unwill­kür­lich an einen isla­mis­tisch begrün­de­ten Ter­ror­an­schlag, eine gan­ze Stadt geriet in Panik. Der deutsch-ira­ni­sche Täter ent­pupp­te sich spä­ter als psy­chisch labi­ler Ras­sist, Jugend­li­che mit tür­ki­schen und koso­va­ri­schen Wur­zeln muss­ten ster­ben (sie­he Arti­kel der FAZ von Juli 2016). Und nicht zu ver­ges­sen: Auch die Mit­glie­der der 10 Jah­re lang unbe­hel­ligt mor­den­den ter­ro­ris­ti­schen Orga­ni­sa­ti­on »Natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Unter­grund« waren Deut­sche, ihre Opfer vor allem Migrant*innen.

Eine ter­ro­ris­ti­sche Bedro­hung in Deutsch­land geht nicht von Bevöl­ke­rungs­grup­pen aus, son­dern von gewalt­be­rei­ten Ein­zel­nen oder Täter­grup­pen in ver­schie­de­nem reli­giö­sen oder poli­tisch-völ­ki­schen Gewand. Der men­schen­ver­ach­ten­de Hass und die Gewalt selbst sind eine Gefahr für Men­schen­le­ben und für die Gesell­schaft – nicht nur in Deutsch­land. Gegen sie müs­sen wir uns gemein­sam mit aller Kraft weh­ren. Gesell­schaft­li­che Spal­tung spielt dem Ter­ror letzt­lich in die Hände.

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#14          Die deut­sche Kul­tur geht zu Grun­de, wir wer­den überfremdet!?
KULTUR UND BEVÖLKERUNG IN DEUTSCHLAND SPIEGELN EINE JAHRTAUSENDE LANGE MIGRATIONSGESCHICHTE WIDER.

Das »rei­ne deut­sche Volk« oder die »deut­sche Kul­tur« war und ist nichts als eine Erfin­dung. Begin­nend mit der Mensch­heits­ge­schich­te müss­te man sagen: Eigent­lich sind wir alle Afrikaner*innen, denn mensch­li­che Kno­chen­fun­de aus Äthio­pi­en und Kenia wei­sen dar­auf hin, dass die Men­schen einst von dort aus­ge­hend die ande­ren Erd­tei­le besie­del­ten. Seit­her ist alle Geschich­te immer auch eine Geschich­te der Migra­ti­on, beson­ders in Euro­pa. Die so genann­te »Völ­ker­wan­de­rung« hun­dert­tau­sen­der Men­schen in der Spät­an­ti­ke war tat­säch­lich ein gigan­ti­scher Pro­zess der »Ver­mi­schung« von Men­schen unter­schied­li­cher Her­kunft, und das ist in der Geschich­te der Normalfall.

Im 18. und 19. Jahr­hun­dert flo­hen Mil­lio­nen Deut­sche vor reli­giö­ser Repres­si­on und bit­te­rer Armut nach Russ­land und vor allem nach Ame­ri­ka. Die dar­aus resul­tie­ren­de »Leu­te­not« mach­te Deutsch­land wie­der­um von Hun­dert­tau­sen­den pol­ni­schen Wan­der­ar­bei­ten­den abhängig.

Zur Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus flo­hen Hun­dert­tau­sen­de jüdi­sche Bürger*innen und ande­re Ver­folg­te aus Deutsch­land, solan­ge es ihnen noch mög­lich war und sofern ein Land bereit war, sie auf­zu­neh­men. Mil­lio­nen von Men­schen wur­den ver­folgt und ermor­det, weil sie als Gefahr für die »Volks­ge­mein­schaft« ein­ge­stuft wur­den – eine schreck­li­che Fol­ge einer noch heu­te kur­sie­ren­den ras­sis­ti­schen Vor­stel­lung, Deutsch­land wür­de »über­frem­det«.

Migra­ti­on hat die Gesell­schaft dau­ernd ver­än­dert und »uns« auch zu dem gemacht, was »wir« heu­te sind.

Mit den »Gast­ar­bei­tern« der Nach­kriegs­zeit wur­de Deutsch­land wie­der zum Ein­wan­de­rungs­land. Pro­mi­nen­te mit Migra­ti­ons­er­fah­rung gehö­ren heu­te in Poli­tik, Sport und Fern­se­hen zur Nor­ma­li­tät, Döner und Piz­za sind schon lan­ge Bestand­teil der »deut­schen Kul­tur«. Auch wenn rech­te Populist*innen und gewalt­be­rei­te Grup­pen ver­su­chen, gegen die Ein­wan­de­rungs­ge­sell­schaft Stim­mung zu machen: Die deut­sche Bevöl­ke­rung war immer schon eine unge­plan­te Mischung. Migra­ti­on hat die Gesell­schaft dau­ernd ver­än­dert und »uns« auch zu dem gemacht, was »wir« heu­te sind – inso­fern haben wir alle einen »Migra­ti­ons­hin­ter­grund«.

Nur dort, wo lan­ge nie­mand dazu­kommt, ent­steht der Ein­druck, man sei schon immer »unter sich«. Des­halb haben gera­de in sol­chen Gegen­den mehr Men­schen Angst vor einer ver­meint­li­chen »Über­frem­dung«, wo sta­tis­tisch gese­hen die wenigs­ten »Aus­län­der« leben (sie­he etwa einen Arti­kel im Han­dels­blatt von August 2012). Wo Men­schen im All­tag per­ma­nent mit neu Zuge­zo­ge­nen in Kon­takt kom­men, stel­len sich dage­gen schnell Gelas­sen­heit und Nor­ma­li­tät ein.

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TIPPS: GEGEN UNKENNTNIS, VORURTEILE UND RASSISMUS – WAS KANN MAN TUN? 

  • Begeg­nen Sie Vor­ur­tei­len sou­ve­rän: mit Fak­ten. Manch­mal rei­chen schon ein Wort­bei­trag oder sach­li­ches Nach­fra­gen in einer Ver­samm­lung, um die Stim­mung zu drehen.
  • Ach­ten Sie auf die Macht der Wor­te. Wenn Politiker*innen die Asyl­an­trags­zah­len »alar­mie­rend« nen­nen oder Medi­en von »Flücht­lings­wel­len« spre­chen, löst das Ängs­te aus. Sach­lich betrach­tet sind vie­le Begrif­fe unan­ge­mes­sen, sogar falsch. Machen Sie Medi­en und Ihr Umfeld dar­auf aufmerksam.

  • Schrei­ben Sie Leser­brie­fe und Inter­net­kom­men­ta­re zu Zeitungs‑, Radio- und Fern­seh­bei­trä­gen. Beson­ders im Inter­net brei­ten sich unge­hin­dert Dumm­hei­ten, Falsch­mel­dun­gen und Hass aus. Set­zen Sie Sach­auf­klä­rung und Mit­mensch­lich­keit dage­gen. Die Platt­form www.hoaxmap.org über­prüft und wider­legt seri­ös Gerüch­te über Asylsuchende.
  • Bezie­hen Sie klar Posi­ti­on. Je frü­her und je mehr Ein­zel­per­so­nen und Orga­ni­sa­tio­nen sich ras­sis­ti­scher Het­ze öffent­lich ent­ge­gen­stel­len, des­to eher wird eine Hass- und Gewalt­spi­ra­le unterbrochen.

  • Schmie­den Sie Bünd­nis­se. Spre­chen Sie Men­schen aus Insti­tu­tio­nen an, denen Sie zutrau­en, dass sie sich gegen Ras­sis­mus stark machen, z.B. aus der Reli­gi­ons­ge­mein­de, Par­tei­en und Gewerk­schaf­ten, dem Kul­tur- oder Bil­dungs­be­reich oder dem Sport. Ver­net­zen Sie sich mit loka­len Selbst­or­ga­ni­sa­tio­nen von Migrant*innen und Flücht­lings­in­itia­ti­ven im Flücht­lings­rat Ihres Bun­des­lan­des.
  • Suchen und ver­mit­teln Sie Kon­takt. Begeg­nun­gen hel­fen enorm, Vor­ur­tei­le und Berüh­rungs­ängs­te abzu­bau­en und das Sicher­heits­ge­fühl bei­der Sei­ten zu stär­ken. Orga­ni­sie­ren Sie Ken­nen­lern­aben­de, Film­vor­füh­run­gen, gemein­sa­me Dis­kus­sio­nen. Oft fin­den sich dann Men­schen, die sich für Flücht­lin­ge enga­gie­ren wollen.

  • Tre­ten Sie für gute Auf­nah­me­be­din­gun­gen ein. Mas­sen­un­ter­künf­te, Arbeits­ver­bo­te oder Lebens­mit­tel­pa­ke­te signa­li­sie­ren: »Die gehö­ren nicht zu uns, die tun nichts und lie­gen uns auf der Tasche.« Damit wer­den Flücht­lin­ge leicht zur Ziel­schei­be von Wut und Frus­tra­ti­on. Ver­su­chen Sie, die Ver­ant­wort­li­chen zu einer Poli­tik der »Teil­ha­be von Anfang an« zu bewegen.
  • Haben Sie Mut zur Zivil­cou­ra­ge – ohne sich selbst zu gefähr­den. Rufen Sie im Not­fall die Poli­zei. Machen Sie ras­sis­ti­sche Vor­fäl­le öffent­lich, wenn die Betrof­fe­nen ein­ver­stan­den sind (ggf. anony­mi­siert). Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­bü­ros hel­fen weiter.
  • Enga­gie­ren Sie sich vor Ort gegen Rechts­ex­tre­mis­mus. Die loka­len Neo­na­zis soll­te man ken­nen: So kann man ver­meint­li­che »besorg­te Bür­ger« ent­lar­ven, auf gewalt­tä­ti­ge Struk­tu­ren im Hin­ter­grund von flücht­lings­feind­li­chen Pro­tes­ten hin­wei­sen. Die mobi­len Bera­tungs­teams gegen Rechts­ex­tre­mis­mus bie­ten Unterstützung.

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Wie können Afghanen nach Deutschland?

Für die Einreise nach Deutschland benötigen afghanische Staatsangehörige ein Visum. Das Visum wird abhängig von der Dauer des geplanten Aufenthalts beantragt und bei Vorliegen der Voraussetzungen von der zuständigen Auslandsvertretung erteilt.

Wie viele sind aus Afghanistan geflüchtet?

In Deutschland lebten 2019 etwa 300.000 Menschen mit afghanischem Migrationshintergrund, von denen 263.400 Ausländer waren. Ihr Anteil hat sich in den letzten 10 Jahren verfünffacht. Sie haben meist einen Flüchtlingsstatus in Deutschland.

Wie viele Afghanen gibt es auf der Welt?

Afghanistan hatte 2020 38,9 Millionen Einwohner. Das jährliche Bevölkerungswachstum betrug + 2,3 %. Afghanistan hat eine der jüngsten und am schnellsten wachsenden Bevölkerungen weltweit.

Wie viele Afghanen wurden evakuiert?

Insgesamt wurden bisher 5347 Menschen evakuiert, darunter mehr als 4100 Afghaninnen und Afghanen.