Was sind die häufigsten Gründe für Stürze im Alter?

Was sind die häufigsten Gründe für Stürze im Alter?

Etwa zehn Prozent führen zu Knochenbrüchen, Prellungen und ernsthaften Verletzungen, die medizinisch behandelt werden müssen. Vor allem Treppen sind ein großes Risiko. Darüber hinaus haben viele Betroffene nach dem ersten Sturz Angst davor, wieder hinzufallen. Das führt zu einem Teufelskreis - denn wer deshalb körperliche Aktivitäten vermeidet, beschleunigt den natürlichen Abbau der Beinmuskulatur und des Koordinationsvermögens, was wiederum das Sturzrisiko erhöht. Stürze werden sowohl in der Akut-Geriatrie als auch im Rahmen der Rehabilitation behandelt.

Stürze haben viele Ursachen

Fast alle Stürze haben mehrere Ursachen. Einige davon hängen wirklich mit dem Alterungsprozess zusammen: Im Alter leiten die Nerven zum Beispiel Impulse langsamer weiter als früher und die Verarbeitung im Gehirn ist träger. Die Verbindung zwischen Fuß und Gehirn ist also nicht mehr so schnell wie in jungen Jahren. So reagiert der Körper träger und steuert vielleicht zu spät gegen, wenn man plötzlich das Gleichgewicht verliert.
Doch ein Sturz ist immer generell ein Warnsignal, dass der Patient nicht nur Probleme beim Gehen und Stehen hat, sondern zusätzlich seine Balance gestört ist und er wenig Kraft hat. Schuld daran können die Folgen eines zurückliegenden Schlaganfalls sein oder andere Aspekte einer Mehrfacherkrankung.

Krankheiten und Medikamente als Gefahr

Wer Arthrose in Hüft- oder Kniegelenken hat, ist zusätzlich unsicherer auf den Beinen. Bei Diabetikern kann eine Nervenveränderung nach und nach den Tastsinn des Fußes zerstören – sie verlieren buchstäblich den Boden unter den Füßen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehen oft mit Schwindel einher. Aber auch eine Osteoporose kann Senioren aus dem Gleichgewicht bringen: Sie bewirkt oft eine Rundrücken-Bildung. Weil sich der Körperschwerpunkt somit verschiebt, erhöht sich das Sturzrisiko. Zum Teil sind auch Medikamente schuld: Vor allem Blutdruckpräparate, Opiate und Epilepsiemittel sind mit einem Gefahrenpotenzial verbunden. Manchmal bewirken auch die Wechselwirkungen verschiedener Arzneien, dass Senioren leichter stürzen.

Das dicke Ende – mögliche Konsequenzen eines Sturzes

Nach dem Sturz bleibt es nicht immer beim blauen Fleck oder einer Prellung. Auch Kopfverletzungen sind häufig – und sehr tückisch: Nicht selten kommt es zu gefährlichen Blutungen innerhalb des Schädels, die sich teilweise nur durch Müdigkeit äußern - und das erst nach einigen Tagen, wenn man den Sturz schon wieder vergessen hat.
Auch Oberschenkelhalsbrüche sind häufig und zu Recht gefürchtet: Wenn die Reflexe versagen, fällt man leicht seitlich, dann bricht der Schenkelknochen. Rund zwölf Prozent der Betroffenen sterben innerhalb der folgenden 30 Tage an den Folgen dieser Verletzung im Krankenhaus – zum Beispiel an einer Infektion oder Lungenentzündung. Wer überlebt, lernt nach der schweren Operation oft nicht mehr richtig laufen: Viele ältere Senioren müssen nach dem Sturz ins Pflegeheim umziehen.

Tipps: Stürzen vorbeugen

Mit einer ausgewogenen Ernährung, ausreichend Flüssigkeit und regelmäßiger altersgerechter Bewegung können auch Hochbetagte Stürzen vorbeugen.

Ungeliebt: Protektoren

Im Sanitätsfachhandel gibt es zwar immer noch so genannte Sturzhosen, die den Oberschenkelhals durch Versteifungen und Polsterung schützen. Solche Maßnahmen könnten die Bruchrate theoretisch um bis zu 90 Prozent vermindern – aber nur, wenn man die Protektoren auch anzieht.
Allerdings:

"Protektoren haben sich nie wirklich durchgesetzt, obwohl man sie sogar auf die Haut aufkleben kann. Aber sie sind einfach nicht besonders beliebt und werden daher ungern getragen. Und deshalb gibt es Schwierigkeiten ihre plausible Wirksamkeit auch wissenschaftlich mit Studien zu belegen."

Dr. Peter Euler

Wirkliche Alternativen zu Protektoren gibt es keine, obwohl man natürlich das Risiko von Stürzen minimieren kann mit Niedrigbetten oder Schaumstoffmatratzen vor dem Bett.

Wie häufig sind Stürze bei älteren Menschen?

Ungefähr ein Drittel aller Personen über 65 Jahre stürzt mindestens einmal jährlich, bei der Hälfte der Betroffenen kommt es sogar mehrfach jährlich zu Stürzen. Frauen stürzen häufiger als Männer. Bei ca. 5 % der Stürze kommt es zu Knochenbrüchen, am häufigsten im Handgelenk, in der Hüfte oder am Rücken. Etwa ein Zehntel der gestürzten Personen verletzt sich dabei schwer.

Häufige Ursachen

Stürze haben normalerweise nicht einen einzigen Grund, sondern sind auf eine Kombination verschiedener Faktoren bei den Betroffenen selbst und ihrer Umgebung zurückzuführen.

Einige Faktoren für ein erhöhtes Risiko von Stürzen und Sturzverletzungen sind bekannt:

  • Höheres Alter
  • Frühere Stürze
  • Demenz oder andere Verwirrtheitszustände
  • Verminderte Beweglichkeit und geringes Aktivitätsniveau
  • Gleichzeitige Anwendung mehrerer Medikamente
  • Anwendung von Beruhigungsmitteln oder Schlafmitteln.

Wichtige Faktoren, die das Risiko zu Hause erhöhen:

  • Zu schwache Beleuchtung
  • Türschwellen, lose Teppiche, glatte Böden
  • Schlechte Schuhe
  • Plötzliche Störungen von außen.

Ratschläge zur Vorbeugung gegen Sturzgefahren können Sie diesem Artikel entnehmen.

Übliche Diagnosen bei Stürzen

  • Höhere Knochenbruchneigung durch natürliche altersbedingte Veränderungen und durch Erkrankungen
  • Demenz
  • Ohnmachtsanfall oder Bewusstlosigkeit:
    • Kann durch niedrigen Blutdruck aufgrund von Medikamenten ausgelöst werden
    • Kann auf zu geringer Flüssigkeits- oder Nahrungszufuhr beruhen
    • Kann im Zusammenhang mit Bettlägerigkeit auftreten
    • Kann im Zusammenhang mit einem Toilettenbesuch auftreten, insbesondere nach dem Stuhlgang.
  • Alle Krankheiten, die mit einer körperlichen Schwächung einhergehen, können das Sturzrisiko erhöhen:
    • Herzerkrankungen, Lungenerkrankungen, Karzinome, Infektionen
  • Schlaganfall und TIA.

Diagnostik

Ist eine Person gestürzt, ist es zunächst wichtig zu überprüfen, ob sie bewusstlos geworden ist bzw. inzwischen wieder ansprechbar ist und ob sie sich verletzt hat und/oder Schmerzen angibt. Je nach Schwere des Sturzes sollte ein Arzt den Zustand des Patienten beurteilen. Ist jemand bereits häufiger gestürzt und oder bei einem Sturz bewusstlos gewesen, ist in jedem Fall eine ärztliche Untersuchung nötig. Manchmal ist offensichtlich, dass der Sturz nur von äußeren Bedingungen verursacht wurde (z.B. Glatteis). Dann ist es meist ausreichend, sich um die evtl. Verletzungen zu kümmern. In anderen Fällen wird die Ärztin nach einer genauen körperlichen Untersuchung versuchen herauszufinden, warum die Person gestürzt ist. Dazu sind Untersuchungen des Herz-Kreislauf-Systems (Herzrhyhmusstörungen, niedriger Blutdruck oder Ähnliches?), der Hirnfunktion (Demenz?, Schwindel?), Nerven- und Muskelfunktion, des Sehvermögens und andere nötig. Möglicherweise wird der Art auch Blutuntersuchungen oder weitere speziellere Verfahren einsetzen.

Behandlung

Ist eine körperliche Ursache der Auslöser gewesen, wird diese möglichst behandelt (Blutdruck, Schwindel, Muskelschwäche, Gangstörungen, Stoffwechselstörungen etc.). Oft ist es wichtig, bestimmte Medikamente abzusetzen oder in der Dosis zu reduzieren, die das Sturzrisiko erhöhen können. Außerdem sollte genau überprüft werden, warum die Person z.B. zu Hause gestürzt ist und welche Maßnahmen ergriffen werden können, damit sie in Zukunft möglichst nicht mehr stürzt (Vorbeugung gegen Stürze).

Weiterführende Informationen

  • Demenz
  • Ohnmachtsanfälle
  • Bewusstlosigkeit
  • Schlaganfall und TIA
  • Vorbeugung gegen Stürze

Autoren

  • Susanne Meinrenken, Dr. med., Medizinjournalistin, Bremen

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Stürze im Alter. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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Warum stürzen ältere Menschen so oft?

Ältere Menschen neigen bei Stürzen aufgrund verminderter Reaktionsfähigkeit dazu, ungebremst nach vorn auf den Kopf zu fallen. Dabei erleiden sie häufig Hirnverletzungen, denn im höheren Alter sitzt das Gehirn lockerer. Es hat mehr Platz im Schädel, die Gefäße sind dünner und nicht mehr so elastisch.

Welche Ursachen für Stürze gibt es?

Intrinsische Faktoren von Stürzen.
Veränderung der Muskulatur..
Veränderung des zentralen Nervensystems..
Inaktivität und Bewegungsmangel..
Gleichgewichtsstörungen / Schwindel..
Eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit..
Visuelle Einschränkungen..
Erkrankungen des Bewegungsapparats (Arthrose etc.).
Angst vor Stürzen..

Auf welche Krankheiten können beinahe Stürze hinweisen?

Krankheit als Auslöser von Stürzen.
Gleichgewichtsstörungen..
Blutdruckschwankungen..
Herz-Kreislauf-Erkrankungen..
Medikamentennebenwirkungen..
Vorerkrankungen wie Schlaganfall, Epilepsie, Multiple Sklerose oder Morbus Parkinson..
Demenz..
Polyneuropathie..
Verwirrtheit..

In welchen Altersgruppen treten besonders häufig Stürze auf?

Über 50% der Stürze von älteren Menschen führen zu einer Verletzung. Obwohl die meisten Verletzungen nicht schwerwiegend sind (z. B. Prellungen, Schürfwunden), machen sturzbedingte Verletzungen etwa 5% der Krankenhausaufenthalte bei Patienten ≥ 65 Jahre aus.