Wer hat Schuld beim rückwärts Ausparken?

Rückwärtsgang einlegen und raus aus der Parklücke - doch was ist, wenn jetzt ein Unfall geschieht? Was die meisten Autofahrer nicht wissen: Wenn es im Rückwärtsgang kracht, bekommt der Rückwärtsfahrer in den meisten Fällen mindestens eine Teilschuld zugesprochen. "Bei Unfällen in der Rückwärtsbewegung gilt nach der Straßenverkehrsordnung eine besondere Sorgfaltspflicht des Rückwärtsfahrenden - bei Unfällen spricht daher der Anscheinsbeweis zunächst gegen ihn", sagt Kfz-Expertin Anka Jost. "Das heißt, man hat zunächst voll Schuld. Dem anderen Verkehrsteilnehmer muss eine mögliche Mitschuld erst nachgewiesen werden."

Vorsicht an unübersichtlichen Stellen

Wie hoch die Schuld der einzelnen Parteien dann rechtlich zu bewerten ist, hängt natürlich stets vom Einzelfall ab. Dabei spielen beispielsweise die Geschwindigkeiten der Beteiligten eine Rolle, ebenso die Straßen- und Verkehrssituation. "Autofahrer sollten generell vermeiden, an unübersichtlichen Stellen wie Kurven oder vor einem Hügel rückwärts zu fahren", rät Jost. "Handelt ein Fahrer extrem fahrlässig, kann es unter Umständen passieren, dass die Kaskoversicherung für den Schaden am eigenen Auto nicht aufkommt." Dies gilt zum Beispiel dann, wenn der Autofahrer im dichten Stadtverkehr mit hoher Geschwindigkeit über eine längere Strecke zurückfährt und dabei mit einem anderen Auto zusammenprallt.

Wann ist Rückwärtsfahren erlaubt?

Nach Straßenverkehrsordnung ist Rückwärtsfahren zwar erlaubt - aber nur gegen die Fahrtrichtung und wenn Autofahrer sich dabei so verhalten, dass sie andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden. "Autofahrer sollten vorsichtig und langsam fahren und einen guten Rundumblick haben." Dabei ist es ratsam, Innen- und Außenspiegel aktiv zu nutzen - auch akustische Signale oder Rückfahrkameras helfen Autofahrern dabei, Gegenstände oder Menschen hinter sich zu erkennen. "Beim Einparken kann auch ein Einweiser hilfreich sein", sagt Jost.

Autobahn: Rückwärtsfahren strengstens verboten

Auf der Autobahn gilt strengstes Rückwärtsfahrverbot, denn das ist hochgefährlich. Entsprechend fällt die Strafe aus: Beim Zurücksetzen in einer Ein- oder Ausfahrt sind 75 Euro fällig, plus 1 Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei - im rollenden Verkehr muss der Autofahrer bei rücksichtslosem Rückwärtsfahren mit 3 Punkten rechnen. Außerdem kann die Fahrerlaubnis entzogen und eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren verhängt werden. Wie man sich bei einem Unfall auf der Autobahn verhält, lesen Sie hier.

Auch in Einbahnstraßen gelten besondere Regelungen: Hier dürfen Fahrer den Rückwärtsgang nur zum Ein- oder Ausparken einlegen.

Rechtsfrage des Tages:

Wer mit seinem Auto rückwärtsfahren will, muss besonders gut aufpassen. Kommt es zum Unfall, haftet meist der Zurücksetzende. Welche Regeln müssen Sie beachten?

Antwort:

Nehmen Sie am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug teil, haben Sie diverse Sorgfaltspflichten zu beachten. Viele konkrete Verhaltensregeln finden Sie in der Straßenverkehrsordnung (StVO). Zum Thema Rückwärtsfahren enthält § 9 Absatz 5 StVO eine eigene Regelung. Fahren Sie rückwärts mit Ihrem Auto, haben Sie eine erhöhte Sorgfaltspflicht.

Gefährdung ausschließen

Beim Rückwärtsfahren müssen Sie ausschließen, dass andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Es handelt sich sozusagen um eine Königsdisziplin des Autofahrens. Die Bestimmung der StVO wurde durch eine Vielzahl von gerichtlichen Urteilen konkretisiert. So müssen Sie beim Zurücksetzen besonders vorsichtig und langsam fahren. Allein auf den Blick im Rückspiegel dürfen Sie sich nicht verlassen. Können Sie den Raum hinter Ihrem Fahrzeug nicht sicher überblicken, müssen Sie entweder selbst aussteigen und nach unbeweglichen Hindernissen schauen. Oder Sie müssen sich einweisen lassen. Tun Sie dies nicht, spricht im Falle eines Unfalls häufig der erste Anschein für Ihr Verschulden.

Risiko Grundstücksausfahrt

Besonders beim Verlassen eines Grundstücks müssen Sie extrem vorsichtig sein. Dies gilt übrigens selbst dann, wenn Sie vom Grundstück vorwärts ausfahren. Fahren Sie rückwärts von einem Grundstück auf die Straße, kommen Sie um die Haftung für einen Unfall kaum herum. Das gilt selbst dann, wenn Sie sich mit Schrittgeschwindigkeit heraustasten.

Wann der andere haftet

Allerdings gibt es auch einige spezielle Situationen, in denen Sie als Rückwärtsfahrer nicht immer die (volle) Schuld haben müssen. Beispielsweise hebt das Rückwärtsfahren keine bestehenden Vorfahrtsregeln auf. Kommen Sie aus einer bevorrechtigten Straße, müssen andere Teilnehmer Ihnen Vorfahrt gewähren. Und zwar auch dann, wenn Sie rückwärtsfahren. Entsprechend kann sich dann auch die Haftung für einen Verkehrsunfall verschieben. Eine gewisse Mitschuld werden Sie aber meistens trotzdem tragen.

Parkplatzunfälle

Ein anderer "Klassiker" sind Unfälle auf Parkplätzen. Setzen beide Autofahrer rückwärts aus einer Parktasche zurück, war der Fall bisher klar. Beide haften je zur Hälfte. In einem Fall hat der Bundesgerichtshof (BGH) aber entschieden, dass die Haftung durchaus anders verteilt sein kann (BGH, Urteil vom 15.12.2016, Aktenzeichen: VI ZR 6/15). Stand ein Pkw nämlich bereits vor der Kollision, kann die Haftung überwiegend beim anderen Rückwärtsfahrer liegen. Allerdings herrscht auf einem Parkplatz vor allem das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Auch auf der Fahrspur müssen Sie damit rechnen, dass andere Verkehrsteilnehmer aus Parktaschen herausfahren. Daher müssen Sie Ihre Geschwindigkeit anpassen und besonders aufmerksam fahren.

Technik hilft, aber…

Wie Sie sehen, muss wie fast immer im Verkehrsrecht sehr genau hingeschaut werden. Bei einem Unfall kommt es für die Frage der Haftung auf die ganz konkrete Unfallsituation an. Und noch ein Tipp: Verlassen Sie sich nicht blind auf Ihren Parksensor. Nicht immer erfasst dieser alle Hindernisse sicher. Eigene Beobachtungen sind unerlässlich. So sehen das auch die Gerichte. Sie können sich also nicht darauf berufen, dass Ihr Rückfahrsensor Ihnen vor der Kollision kein Warnsignal gegeben hat.

Ist der Rückwärtsfahrende immer schuld?

"Bei Unfällen in der Rückwärtsbewegung gilt nach der Straßenverkehrsordnung eine besondere Sorgfaltspflicht des Rückwärtsfahrenden - bei Unfällen spricht daher der Anscheinsbeweis zunächst gegen ihn", sagt Kfz-Expertin Anka Jost. "Das heißt, man hat zunächst voll Schuld.

Hat der Ausparkende immer schuld?

Urteil: Unfall beim Ausparken So urteilte jetzt das Amtsgericht München. Wer aus einer Parklücke fährt und dabei eine Kollision mit dem nachfolgenden Verkehr verursacht, bekommt in der Regel Schuld an dem Unfall und muss den Schaden zahlen.

Wer zahlt was bei 50 50% Schuld?

Sind beide gleichermaßen schuld, trägt die Versicherung des einen 50 Prozent und die des anderen ebenfalls 50 Prozent der Kosten für die Reparatur des jeweiligen Fahrzeugs.

Hat man beim Rückwärtsfahren auch Vorfahrt?

Grundsätzlich gilt laut Paragraf 8: "An Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt." Die Vorfahrtsregel rechts vor links gilt auch beim Rückwärtsfahren, so der Tüv Nord. Essen (dpa/tmn) - Wer an Kreuzungen Vorfahrt hat, das regelt die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO).