Die meisten Autofahrer sind schon einmal – absichtlich oder aus Unachtsamkeit – zu schnell gefahren und geblitzt worden. Für gestandene Führerscheininhaber ist das meist nur teuer und ärgerlich, doch für Fahranfänger kann die Geschwindigkeitsüberschreitung zu einem echten Problem werden. Neben einem Bußgeldbescheid und Punkten in Flensburg drohen Aufbauseminar, die Verlängerung der Probezeit auf 4 Jahre oder gar der
Verlust des Führerscheins. Diese Konsequenzen treffen leider viele Fahranfänger: Von jährlich 130.000 Führerschein-Neulingen kommen mehr als 30.000 nicht ohne Verlängerung und Strafen durch die Probezeit. Warum aber haben Verkehrsverstöße für junge Menschen und Fahranfänger überhaupt so gravierende Konsequenzen? Der Grund für die Einführung der Probezeit im Jahr 1986 war, dass mehr als 60 Prozent der Verkehrsunfälle auf das Konto von Fahranfängern gingen. Die Zahlen haben sich
inzwischen zwar verbessert, doch noch immer ist die Unfallquote von unerfahrenen Autofahrern sehr hoch. Führerschein-Neulinge haben einfach noch zu wenig Erfahrung mit dem Fahrzeug und eine unzureichende Wahrnehmung von Gefahr im Straßenverkehr. Daher sollen sie in den ersten zwei Jahren besonders aufpassen und lernen, ihr Fahrzeug im Straßenverkehr sicher zu fahren. Doch wie schwer darf der Bleifuß in der Probezeit nun eigentlich sein, um noch mit einem blauen Auge davon zu kommen? Ab
wann muss man zum teuren Aufbauseminar und zugleich eine Verlängerung der Probezeit in Kauf nehmen? Und was kann man tun, um all diese negativen Konsequenzen trotz eines Blitzerfotos zu vermeiden? 1. Wann beginnt und endet die Probezeit?Die sog. Fahrerlaubnis auf Probe ist in § 2a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) geregelt. Sie gilt für die Dauer von 2 Jahren für alle, die erstmalig einen Führerschein für PKW, LKW, Busse und Motorräder (Klassen B, A, C und D) erworben haben. Sobald die Fahrprüfung bestanden ist, wird der Führerschein zunächst auf zwei Jahre ausgestellt und das Ablaufdatum auf dem Führerschein vermerkt. Ausgenommen von den Regelungen zur Probezeit sind Mofa-Führerscheine (AM, Kleinkrafträder) sowie land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen (L und T). Der erstmalige Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klassen B, A, C und D führt auch dann zur Erteilung einer Probezeit, wenn der Fahrer bereits einen Führerschein der Klassen AM, L oder T hat (§ 32 FeV). Beispiel: Wer mit 16 Jahren den Rollerführerschein (Klasse AM) macht, darf ohne Probezeit fahren. Wird anschließend mit 17 oder 18 Jahren der PKW-Führerschein erworben, beginnt die zweijährige Probezeit. Übrigens: Die Frist endet nicht am gleichen Datum wie dem Tag, an dem man den Führerschein erworben hat, sondern erst mit dem Wechsel zum nächsten Tag um 0.00 Uhr. Hat man also am 31.12.2015 seinen Führerschein erworben, darf man pünktlich zum neuen Jahr mit Feuerwerk auf das Ende der Probezeit anstoßen. 2. Geschwindigkeitsüberschreitung und andere VerkehrsverstößeBei den Verkehrsverstößen gibt es drei Kategorien, die in einer Anlage zu § 34 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) normiert und detailliert aufgelistet sind. Während Verstöße unterhalb der Punktegrenze – z.B. Verwarnungen, Parkverstöße oder Bußgelder bis 60 Euro – keine Auswirkungen auf die Probezeit haben, führen schwerwiegende Verkehrsverstöße, die stets einen Eintrag ins Verkehrszentralregister (Flensburg) zur Folge haben, zu Konsequenzen für die Probezeit. Die Fahrzeugart, mit der der Verstoß verübt wurde, ist dabei egal. Auch eine Ordnungswidrigkeit mit einem Mofa kann zu Konsequenzen und Maßnahmen für die Probezeit führen. Diese schwerwiegenden Verstöße noch einmal nach Schweregrad in zwei Kategorien bewertet: Die schwereren A- und die weniger gravierenden B-Verstöße. Unter die A-Kategorie fallen alle Verkehrsstraftaten und gewisse Ordnungswidrigkeiten, während die B-Verstöße nur letztere umfassen. Straftaten werden gemäß dem Strafrecht behandelt und können Geldstrafe oder Freiheitsentzug und den Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge haben. Ordnungswidrigkeiten hingegen werden mit einem Bußgeld belegt. Bei schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten kann auch ein Fahrverbot verhängt werden. Zu schnell fahren fällt – wenn niemand gefährdet oder verletzt wurde – in den Bereich der Ordnungswidrigkeit. Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen kommt es im Hinblick auf die Wertung darauf an, ob man mehr oder weniger als 20 km/h zu schnell gefahren ist.
3. Was passiert, wenn man in der Probezeit geblitzt wird?Ein A- oder zwei B-Verstöße verlängern die Probezeit automatisch auf 4 Jahre und führen dazu, dass die Führerscheinbehörde ein Aufbauseminar anordnen wird. Die Behörden haben hier kein Ermessen, sie müssen also diese Maßnahmen anordnen. Zusätzlich gibt es einen Bußgeldbescheid, Punkte in Flensburg und evtl. ein Fahrverbot. Diese Strafen sind identisch mit denen für erfahrene Kraftfahrzeugfahrer. Fahranfänger können allerdings ihre Punkte im Vergleich zu erfahrenen Fahrern nicht abbauen. Je nachdem, wie schnell man gefahren ist und ob man innerhalb oder außerhalb einer Ortschaft geblitzt wurde, drohen nach dem aktuellen Bußgeldkatalog (Stand: 2016) folgende Konsequenzen:
Beispiel: Ein 20-jähriger Autofahrer wird mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 24 km/h geblitzt. Üblicherweise werden von der gemessenen Geschwindigkeit 3 km/h als Toleranz bei der Messung abgezogen. Doch es bleibt dabei: 21 km/h zu schnell, Geldbuße und 1 Punkt in Flensburg. Für den jungen Fahranfänger führt dieser A-Verstoß der Kategorie Ordnungswidrigkeit zusätzlich zu einer Probezeitverlängerung und einem Aufbauseminar. 4. Das AufbauseminarDie Aufbauseminare für Fahranfänger kann man bei Fahrschulen mit besonderer Lizenz absolvieren. Die Fahrlehrer müssen eine besondere Zusatzausbildung besitzen, um diese Seminare halten zu können. Welche Fahrschulen diese Erlaubnis haben, kann man bei der örtlichen Fahrerlaubnisbehörde erfragen. Die Fahrschulen legen die Kosten für ihre Seminare selbst fest. In der Regel liegen diese jedoch – je nach Region – bei 300 bis 500 Euro. Die Nachschulung dauert mindestens 9 Stunden und erstreckt sich in der Regel auf mindestens 2 bis maximal 4 Tage. Zum einen wird den Teilnehmenden noch einmal einiges an Theorie nahegebracht. Außerdem werden die individuellen Fehler besprochen, welche die Teilnehmer in das Seminar geführt haben. Schließlich muss man in einer Fahrprobe dem Fahrlehrer zeigen, dass man auch praktisch erfahren genug ist. Ist das Seminar absolviert, hat man in der Regel 2 Monate Zeit, eine Teilnahme nachzuweisen. Die Frist kann nur in besonderen Fällen verlängert werden, z.B., wenn man im Krankenhaus lag. Hat man die entsprechende Teilnahmebescheinigung der Führerscheinstelle hingegen nicht fristgerecht vorgelegt, wird ihm in der Regel die Fahrerlaubnis entzogen. Gegen die Anordnung eines Aufbauseminars kann man zwar Widerspruch einlegen – doch die Frist läuft währenddessen weiter. 5. Verlängerte Probezeit wieder verkürzen?Gegen die Probezeitverlängerung selbst kann man leider nichts tun. Zum einen gibt es dagegen kein Rechtsmittel – die Möglichkeit des Widerspruchs besteht nur gegen das zugrunde liegende Bußgeld, gegen das Aufbauseminar und gegen einen möglicherweise zusätzlichen Führerscheinentzug. Zum anderen ist die Behörde gezwungen, die Verlängerung anzuordnen, sobald ein entsprechender Verstoß bekannt geworden ist. Bis Ende 2010 gab es in manchen Bundesländern noch die Möglichkeit, die Probezeit durch Fortbildungsseminare für Fahranfänger (FSF), z.B. des ADAC, um ein Jahr zu verkürzen. Mit Jahresende 2010 wurde dieser Modellversuch der Bundesregierung aber beendet, sodass diese Möglichkeit heute nicht mehr besteht. 6. Führerscheinentzug in der ProbezeitFahrverbot in der ProbezeitSehr gravierende Verkehrsverstöße führen – bei Anfängern und gestandenen Autofahrern gleichermaßen – zu einem Fahrverbot. Während dieser Zeit, in der man seinen Führerschein nicht nutzen darf, läuft die Probezeit aber weiter. Beispiel: Wer in der Probezeit geblitzt wird und mit mehr als 41 km/h außerorts bzw. mehr als 31 km/h innerorts zu schnell gefahren ist, bekommt ein Fahrverbot von einem Monat und zusätzlich zwei Punkte in Flensburg. Nach Ablauf der Zeit erhält man zwar seinen Führerschein wieder – doch die erzwungene Ruhezeit sollte man als Fahrer in der Probezeit gleich nutzen, um das Aufbauseminar zu absolvieren. Verstöße während der verlängerten ProbezeitWurde die Probezeit bereits verlängert und fällt der Führerscheinneuling dennoch erneut durch einen A- bzw. zwei B-Verstöße auf, so folgen zusätzlich zu Punkten und Bußgeld noch eine Verwarnung und die Empfehlung für die freiwillige Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung. Entzug der FahrerlaubnisVerstößt man trotz Aufbauseminar, Probezeitverlängerung, Punkten, Bußgeldern und Verwarnung noch einmal gegen eine A- oder zwei B-Normen, wird die Fahrerlaubnis entzogen. Gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis kann man Widerspruch einlegen. Die Probezeit wird dann so lange unterbrochen, bis eine neue Fahrerlaubnis erteilt wurde. Danach setzt sie sich an dem Punkt fort, an dem sie unterbrochen wurde. Eine neue Fahrerlaubnis kann dann nur noch nach einer meist dreimonatigen Sperrfrist erteilt werden. Doch meist wird die Behörde zuvor eine sog. Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) empfehlen, ohne deren erfolgreiches Bestehen sie den „Lappen“ nicht neu erteilt. 7. Fazit
8. PraxistippViele Verstöße in der Probezeit können zu Problemen mit dem Führerschein führen. Denn wenn diese einmal rechtskräftig sind, ist meist nichts mehr zu machen. Daher sollte man sich bei Verstößen, die ein Bußgeld von mindestens 60 Euro und damit Punkte im Verkehrszentralregister nach sich ziehen (z.B. wenn man mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 20 km/h geblitzt wurde), immer von einem Verkehrsanwalt beraten lassen. Dieser kann dann verschiedene rechtliche Maßnahmen ergreifen: z.B. ist es möglich, gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch zu erheben oder gegen einen behördlichen Bescheid wie den Entzug der Fahrerlaubnis mit einem Widerspruch, einer Klage oder im Wege einstweiligen Rechtsschutzes vorzugehen. Anschließend kann er die Behörde oder das Gericht davon überzeugen, dass man den Verstoß nicht (selbst) begangen hat, das Blitzgerät nicht geeicht war oder aber ein Bußgeld von weniger als 60 Euro gerechtfertigt ist. Daher gilt für jeden Fahranfänger: Es ist absolut sinnvoll, eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen, die auch Verkehrssachen mit einbezieht. Denn egal wie aufmerksam man ist, gelegentlich übersieht fast jeder einmal ein Verkehrsschild mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung oder tritt im entscheidenden Moment zu sehr aufs Gaspedal und wird geblitzt! |