Unfallversicherung sinnvoll wenn berufsunfähigkeitsversicherung

Verbraucher bekommen die monatliche Rente aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung erst, wenn die Versicherung ihren Fall eingehend überprüft hat. Beispielsweise muss ein Arzt bestätigen, dass der Arbeitnehmer voraussichtlich in sechs Monaten nach einem Unfall noch nicht vollständig genesen ist.

Achten Sie beim Abschluss zudem auf die Auszahlungsdauer: In den Klauseln des Vertrags ist genau festgelegt, wie lange der Versicherer zahlt. Idealerweise sollte die Zeit bis zum errechneten Rentenantritt abgesichert sein.

Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt auch dann, wenn es der Staat nicht tut. Die staatliche Erwerbminderungsrente wird nur gezahlt, wenn Arbeitnehmer teilweise oder voll erwerbsunfähig sind. Also wenn sie überhaupt keinem Job mehr nachgehen können. Das heißt, die Geschädigten können nur weniger als drei Stunden am Tag arbeiten – in solch einem Fall erhalten sie rund ein Drittel ihres letzten Bruttoeinkommens. Eine teilweise Erwerbsunfähigkeit liegt vor, wenn Betroffene nur drei bis sechs Stunden täglich arbeiten können. Die gesetzlichen Leistungen fallen dann noch geringer aus.

Wer keine Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung bekommt, sollte über eine alternative Absicherung wie eine Unfall­ver­sicherung nachdenken. Besonders für Rentner, Hausfrauen, Hausmänner und Risikosportler kann eine Unfall­ver­sicherung durchaus sinnvoll sein.

Rentner

Ältere Menschen haben im Ruhestand weder eine Absicherung über die gesetzliche Unfall­ver­sicherung noch über eine Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung. Gleichzeitig sind die Folgen eines Unfalls bei Senioren oftmals schwerwiegender. Eine Unfall­ver­sicherung kann helfen, die Einschränkungen Deines Lebens so gering wie möglich zu halten. Denn viele Versicherer zahlen nicht nur Geld, sondern bieten auch sogenannte Assistance-Leistungen für die notwendige Unterstützung im Alltag (Haushaltshilfe, Fahrdienst, Besorgungen und so weiter). Besonders sinnvoll kann das sein, wenn es niemanden gibt, der sich nach einem Unfall um Dich kümmern könnte.

Eine Unfall­ver­sicherung abzuschließen, ist allerdings für Rentnerinnen nicht gerade einfach. Die Beiträge sind im hohen Alter teuer, zudem haben einige Anbieter eine Altersobergrenze. Eine Alternative können daher reine Assistance-Tarife sein. Diese sind preiswerter und beinhalten nur die Hilfsleistungen nach einem Unfall.

Hausfrauen und Hausmänner

Wer sich zuhause um den Haushalt und/oder die Kinder kümmert, ist bei Unfällen nicht abgesichert. Im Gegensatz zu Arbeit­nehmern, die einen Großteil des Tages über den Arbeitgeber durch die gesetzliche Unfall­ver­sicherung abgesichert sind, fehlt ihnen dieser Schutz.

Für Hausfrauen und Hausmänner ist es zudem schwer, eine BU zu bekommen. Eine private Unfall­ver­sicherung kann daher in diesem Fall sinnvoll sein.

Kinder

Kinder und Schüler können bei vielen Ver­si­che­rungen erst ab einem Alter von 10 oder 15 Jahren gegen Be­rufs­un­fä­hig­keit versichert werden. In der Zeit davor können zwei Alternativen sinnvoll sein: eine Kin­der­un­fall­ver­si­che­rung oder eine Kin­der­in­va­li­di­täts­ver­si­che­rung. Diese zahlt auch bei krankheitsbedingter Invalidität und ist daher umfassender als ein reiner Unfallschutz. Sie ist allerdings auch teurer.

In der Regel erholen sich Kinder schneller von Unfällen und tragen nur selten bleibende Schäden davon. Unfälle verursachen bei Kindern laut Statistischem Bundesamt noch seltener eine schwere Behinderung als bei Erwachsenen.

Eltern haben bei einer Behinderung ihres Kindes in den meisten Fällen Anspruch auf verschiedene Unterstützungsleistungen. Allerdings ist eine Unfall­ver­sicherung für Kinder auch relativ günstig, gute gibt es für 50 bis 100 Euro im Jahr. In­va­li­di­täts­ver­si­che­rungen kosten etwa 100 bis 400 Euro pro Jahr.

Hobby-Sportler

Machst Du in Deiner Freizeit Sport, kann die Unfall­ver­sicherung in einigen Fällen ebenfalls eine kluge Wahl sein. Allerdings werden Unfälle bei Sportarten, die Du bereits ausübst, manchmal vom Schutz ausgeschlossen. Vergleiche daher, in welchem Tarif Deine Sportart abgesichert ist. 

Wenn Du planst, in der nächsten Zeit mit einem potenziell gefährlichen Hobby zu starten (Skifahren, Reiten, Klettern, Mountainbiking, Tauchen), schließe die Unfall­ver­sicherung am besten vorher ab. Achte darauf, dass Deine Sportart aber nicht grundsätzlich von der Leistung ausgeschlossen ist. Das ist oft bei Luft- und Flugsport (zum Beispiel Segel- und Gleitschirmfliegen) und auch bei Motorsport (zum Beispiel Auto- und Motorradrennen) der Fall.

Jüngere versichern sich oft lieber gegen Unfälle als gegen Berufsunfähigkeit. Doch Verbraucherschützer raten vielen zu einer anderen Entscheidung. Mit Tarif-Tabelle zu Unfallversicherungen.

Von Jonas Tauber, Berlin

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Das ist ein Hingucker, den die Versicherung VHV da auf ihrer Homepage präsentiert: "Til Schweiger in: Gigantisch abgesichert", heißt es auf der nach Art eines Filmplakats. Daneben das Konterfei des Filmstars und ein Hubschrauber im Rettungseinsatz. Außerdem das Preisschild: "Bereits ab 2,90 monatlich."

Schweiger ist nicht nur der Hauptdarsteller der Spots, mit seiner Produktionsfirma Barefoot Films agiert er auch als Regisseur und Produzent. Der Mann ist nicht billig. Aber der Aufwand lohnt sich für den Auftraggeber: Das beworbene Produkt - eine Unfallversicherung - gehört zu den lukrativsten Versicherungssparten überhaupt.

Unfallversicherungen zahlen dann, wenn Versicherte bei einem Unfall dauerhafte Einschränkungen erleiden. Die Anbieter zielen dabei in erster Linie auf Freizeitaktivitäten. Bei Arbeitsunfällen greift der gesetzliche Schutz über die Berufsgenossenschaften. Auch Unfälle in der Schule, im Kindergarten oder auf dem Weg dorthin sind über eine gesetzliche Versicherung abgedeckt.

Kalkuliert wird mit einer "Gliedertaxe": Je nach Körperteil gibt es unterschiedliche Summen

Kernleistung der privaten Unfallversicherung ist eine Geldzahlung bei Invalidität. Die Höhe hängt von der Versicherungssumme und der Schwere der körperlichen Beeinträchtigung ab. Die Versicherer arbeiten mit einer sogenannten Gliedertaxe: Die VHV kalkuliert mit 70 Prozent Invalidität für eine funktionsuntüchtige Hand und mit 80 Prozent für ein Bein. Daneben gibt es Bausteine wie Todesfallleistungen, Krankentagegeld oder Assistance-Leistungen.

Der Abschluss solch einer privaten Unfallversicherung kann sinnvoll sein. Verbraucherschützer warnen aber zu Recht vor einem falschen Sicherheitsgefühl. "Der Schutz der Unfallversicherung wird häufig überschätzt", sagt Philipp Opfermann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Die Leute denken, ein Unfall ist das schlimmste, was einen treffen kann", so der Versicherungsexperte. "Tatsächlich sind Krankheiten das viel größere Risiko." Denn in den allermeisten Fällen sorgen Krankheiten dafür, dass Menschen berufsunfähig werden. Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder psychische Krankheiten stellen ein viel größeres Risiko dar als Unfälle - auch für jüngere Menschen.

Opfermanns Botschaft deshalb: Bevor Verbraucher über eine Unfallversicherung nachdenken, sollten sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. "Wenn das primäre Ziel die Absicherung der Arbeitskraft ist, ist die Unfallversicherung keine echte Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung", so der Verbraucherschützer. Für Kinder sei wiederum die Kinderinvalidätsversicherung eine bessere Alternative zur Unfallversicherung, denn sie greift auch bei Krankheit.

Allerdings: Berufsunfähigkeitspolicen, kurz BU, sind sehr viel teurer als Unfallversicherungen. Zwischen 83 Euro und 370 Euro kostet eine Berufsunfähigkeitspolice für einen 35-jährigen Malermeister - im Monat. Eine Unfallversicherung kann der Mann für 180 Euro bis 280 Euro kriegen - im Jahr. Wegen dieses enormen Preisunterschieds und weil jüngere Menschen ihr Hauptrisiko eher bei Unfällen sehen, blüht diese Versicherungssparte.

Wer sich für den Abschluss einer Unfallversicherung entscheidet, dem rät Bianca Boss vom Bund der Versicherten zu einem Vertrag mit einer Grundinvaliditätssumme von mindestens 100 000 Euro. Außerdem empfiehlt sie die Vereinbarung einer sogenannten Progression von mindestens 225 Prozent. Das sorgt für höhere Leistungen bei Fällen von schwerer Invalidität. Der Verband bietet auf seiner Homepage außerdem eine Liste mit Kriterien für einen guten Vertrag.

Im vergangenen Jahr nahm die Branche 6,7 Milliarden Euro an Prämien ein

Von einer Unfallversicherung grundsätzlich abraten will Verbraucherschützer Opfermann nicht. Sie könne sinnvoll sein, etwa für Menschen, die keine BU bekommen. Dann gibt es zumindest einen Teilschutz. Für ältere Menschen könne die Police wegen der Unterstützungsleistungen, den Assistance-Services, Sinn machen.

Die Preisunterschiede sind dabei beträchtlich. Das Hannoveraner Analysehaus Franke und Bornberg hat für die Süddeutsche Zeitung aus seiner umfassenden Übersicht zehn Tarife mit Top-Schutz herausgefiltert. Für einen 30-jährigen Bankangestellten reichen die Preise von 117 Euro bis 185 Euro im Jahr. Für andere Berufsgruppen sind sie höher. Um die richtige Versicherung zu finden, sollten sich Verbraucher bei Verbraucherzentralen und Stiftung Warentest informieren, rät Versicherungsexperte Opfermann. Im nächsten Schritt ist es sinnvoll, sich auf Vergleichsportalen wie Check24 und Verivox einen Überblick zu verschaffen.

Wenn die Tabelle nicht richtig dargestellt wird, können Sie hier klicken.

Die VHV kontert die Argumente der Verbraucherschützer, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung wichtiger ist: "Als Bausteine für die persönlichen Risikovorsorge sind sowohl die private Unfallversicherung als auch die Berufsunfähigkeitsversicherung sehr wichtig", sagt ein Sprecher. "Sie ergänzen sich teilweise, erfüllen jedoch unterschiedliche Zwecke." Was wohl auch eine Rolle spielt für den Versicherer: Am liebsten verkauft er zwei Verträge.

Und es sind viele, so sind die Gewinne aus der Unfallversicherung beträchtlich. 2020 nahm die Branche 6,7 Milliarden Euro an Prämien ein. Für Schäden gab sie gerade mal 3,3 Milliarden Euro aus, weniger als 50 Prozent der Einnahmen. 1,7 Milliarden Euro gingen für Provisionen und Verwaltungskosten drauf. Aber es bleibt ein ordentlicher Gewinn bei den Versicherern: ebenfalls rund 1,7 Milliarden Euro. Die Sparte ist damit viel profitabler als Auto- oder Gebäudeversicherungen. Und ausgerechnet die Corona-Pandemie treibt die Gewinne nochmal nach oben: Die Menschen treiben weniger Sport und reisen kaum. Also gibt es deutlich weniger Unfälle.

Auch die VHV verdient mit Unfallpolicen gutes Geld: Bei Beitragseinnahmen von 47 Millionen Euro blieb nach Ausgaben für Leistungsfälle, Vertriebs- und Verwaltungskosten ein Gewinn in Höhe von 17 Millionen Euro. Der Einsatz von Til Schweiger hat sich definitiv gelohnt.

Warum BU und Unfallversicherung?

Eine Unfallversicherung sichert dich finanziell ab, wenn du in Folge eines Unfalls eine dauerhafte Beeinträchtigung erleidest. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt dir eine monatliche Rente, wenn du deinem Job nicht mehr voll nachgehen kannst. Unfälle können zu Berufsunfähigkeit führen.

Ist es sinnvoll eine Unfallversicherung zu haben?

Wer braucht eine Unfallversicherung? Besonders wichtig ist eine private Unfallversicherung für Selbstständige, Personen ohne Beruf, Hausfrauen und Hausmänner, für Personen mit einem sehr hohen Unfallrisiko und für Erwerbstätige mit Vorerkrankungen, die keine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen können.

Was ist der Unterschied zwischen Berufsunfähigkeitsversicherung und Unfallversicherung?

Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherung? Eine BU zahlt Ihnen eine monatliche Rente, sollten Sie aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls nicht mehr Ihrem ursprünglichen Beruf nachgehen können. Die Berufsunfähigkeitsversicherung sichert das Einkommen, wenn Arbeiten nicht mehr oder nur noch zum Teil möglich ist.

Was passiert wenn man keine Unfallversicherung hat?

Genau für solche Fälle hat der Gesetzgeber nämlich eine «Ersatzkasse» geschaffen. Alle Unfallversicherer zahlen einen bestimmten Anteil ihrer Prämieneinnahmen dort ein. Diese Ersatzkasse erbringt dann den nicht versicherten Arbeitnehmenden bei einem Unfall die gesetzlichen Versicherungsleistungen.